Dem Leben entrissen: Aktuelle authentische Kriminalfälle (German Edition)
– die Methoden werden von Jahr zu Jahr detaillierter, die DNA immer umfassender auswertbar, schicken die Ermittler ihr Material zum zweiten Mal an das BKA und wiederholen dies ein drittes Mal im Jahr 2001. Doch alle DNA-Abgleiche bleiben erfolglos, der Täter ist nicht in der Datenbank gespeichert.
Für den Herbst 2007 ist eine weitere Aktion geplant: Die Polizei will noch einmal Speichelproben von 150 Personen einholen, die 1984 nachweislich Kontakt mit der ermordeten Angelika S. hatten. Ihren Mörder hätte man so nicht gefunden – so viel wird im Nachhinein klar, aber bevor der Gentest beginnen kann, kommt den Ermittlern der berühmte Kommissar Zufall zu Hilfe.
Im März 2007 wird auf einem Schrottplatz im Kreis Heinsberg eingebrochen. Der Metalldieb ist schnell gefasst. Auf der Polizeiwache wird er um eine Speichelprobe gebeten. Solche Proben werden von der Polizei nur mit dem Einverständnis des Betroffenen genommen. Fehlt diese Zustimmung, ist eine richterliche Entscheidung erforderlich. Egidius S. gibt seine Speichelprobe freiwillig ab.
Die Speicherung des genetischen Fingerabdruckes bei »mittelschweren Delikten« wird seit der Aufklärung des Mordfalles an Rudolph Moshammer im Jahr 2005 noch immer konträr diskutiert. Moshammer wurde in der Nacht zum 14. Januar 2005 in seiner Wohnung in München mit einem Kabel erdrosselt. Sein Mörder, der 25-jährige Herisch A., war nicht vorbestraft. Trotzdem war sein genetischer Fingerabdruck in der DNA-Analysedatei des Bundeskriminalamtes gespeichert. Er hatte ein Jahr zuvor eine Speichelprobe im Zusammenhang mit zwei Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung und einem Sexualdelikt abgegeben.
In der öffentlichen Diskussion um die Speicherung der DNA-Muster wird vor allem ein Missbrauch der Daten befürchtet; insbesondere, wenn es sich bei den Taten des Urhebers um weniger schwere Delikte handelt.
Der genetische Fingerabdruck ist jedoch für die Strafverfolgungsbehörden mit dem Fingerabdruck vergleichbar. Auch hierbei kann man lediglich den genommenen Fingerabdruck mit gespeicherten Mustern vergleichen. Auch beim genetischen Fingerabdruck lassen sich keine weiterführende Erkenntnisse als nur die reine Übereinstimmung mit einem gespeicherten Muster ableiten. Untersucht werden die DNA-Spuren entweder in den jeweiligen Landeskriminalämtern oder den rechtsmedizinischen Abteilungen von Universitätskliniken. Dabei wird nicht das gesamte Erbgut aus den Proben untersucht, sondern lediglich einige bestimmte Stellen zwischen den Genen, Teile, die sich regelmäßig wiederholen und für jeden Menschen eindeutig und unverwechselbar sind.
Acht Abschnitte der DNA, so genannte Basenpaare, werden verwendet. Sie bestehen aus 16 einzelnen Basen, die immer zu zweit miteinander verbunden sind. Diese acht Paare des Erbmaterials werden im Labor mithilfe der Polymerase-Kettenreaktion, kurz PCR, vervielfältigt. So entstehen bis zu einer Milliarde Kopien der Ausgangsstellen.
Danach wird den Basen ein Code zugeordnet und so kommen letztendlich 16 Zahlen heraus. Diese 16 Zahlen werden nun per Computer mit gespeicherten Codes von Straftätern verglichen. Taucht eine Übereinstimmung auf, so ist es sicher, dass dies der gleiche Urheber gewesen sein muss. Nur eineiige Zwillinge haben den exakt gleichen genetischen Code. Ansonsten beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass zwei Menschen den gleichen genetischen Fingerabdruck haben Eins zu mehreren Milliarden.
Im Jahr 2007 existieren etwa 600000 solcher Codes, davon im Bundesland Nordrhein-Westfalen 22 000 Tatortspuren und DNA-Daten von 83000 Personen. Alle aufgefundenen Spuren werden mit den gespeicherten Computer-Daten verglichen, jedoch können je nach Dringlichkeit Monate vergehen, bis die Aufträge abgearbeitet sind.
Warum aber gibt nun Egidius S. eine Speichelprobe ab? Ist es Dummheit, weiß er nicht, dass in der heutigen Zeit winzige Mengen an DNA ausreichen, um Vergleiche zu ziehen? Oder glaubt er, er habe damals an den Opfern keine DNA-Spuren hinterlassen, fühlt er sich sicher? Ist es womöglich sogar Kalkül, will er gefasst werden? Dies bleibt im Dunkeln. Egidius S. jedenfalls liefert im März 2007 seine DNA bereitwillig ab.
Die Speichelprobe wird nun, wie alle Proben anderer Straftäter auch, ganz nach den Vorschriften behandelt. Sie wird bearbeitet und dann an das Landeskriminalamt in Düsseldorf weitergeleitet. Dort findet der Abgleich mit der bundesweiten DNA-Spurendatei (DAD) statt.
Und von dort wird auch die
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