Dem Leben Sinn geben
Sicherungssysteme, die allerdings auf die Nachhaltigkeit der Geburtenrate angewiesen ist, um die wiederum nur Einzelne sich kümmern können.
Und die soziale Frage ist eng mit der ökologischen verflochten, denn sozial benachteiligte Menschen sind ökologischen Problemen ungeschützter ausgesetzt, ihre Ausweichmöglichkeiten sind begrenzter. Eine ökologisch nachhaltige Politik ist daher immer auch Sozialpolitik: Häuser mit Solarenergie und Wärmedämmung energieautark zu machen, schützt die Bewohner vor dem Zugriff von Energiekonzernen, die sich ihre Dienste teuer bezahlen lassen. Erneuerbare Energien sind außerdem eine Basis für die nachhaltige Entwicklung in vielen ärmeren Ländern, deren heillose Überschuldung nicht zuletzt von teuren Energieimporten herrührt.
Die soziale Nachhaltigkeit bedarf einer neuen Bürgerlichkeit derer, die sich bewusst als Bürger ihrer Gesellschaft verstehen. Ist damit auch eine neue Engstirnigkeit und grüne Spießigkeit verbunden? Diese Seite gehört zur inneren Polarität jeder Bürgerlichkeit, deren andere Seite Weltoffenheit ist. Jeder Einzelne kann sich selbst fragen: Was kann ich zu der Gesellschaft beitragen, in der ich gerne leben möchte? Ein Beitrag dazu ist die eigene Arbeit an der Nachhaltigkeit der Beziehungen zu Anderen im engeren und weiteren persönlichen Umfeld. Zum bewussten Bürgersein zählt darüber hinaus, im so genannten »Dritten Sektor« neben dem staatlichen und dem marktorientierten Teil der Volkswirtschaft soziale Dienste zu leisten und Selbsthilfe zu organisieren, jeder so, wie er kann – etwa mit der Unterstützung von Projekten wie der Arche in Berlin und anderswo, die Kindern aus sozial benachteiligten Familien Hort, Schule, Mittagessen und Hausaufgabenbetreuung bietet. Wird auf diese Weise der Staat aus seiner Verantwortung entlassen? Aber nicht alles ist Aufgabe des Staates, der entweder zum totum oder zum nullum wird, wenn er nicht von einer bürgerlichen Gesellschaft getragen wird. Materiell ist dabei wenig zu gewinnen, ideell aber umso mehr: Sehr viel Freiheit und Erfüllung, Sinn der Arbeit und des Lebens ist in diesem Bereich erfahrbar, ausgerechnet bei Arbeiten, die schlecht oder überhaupt nicht entlohnt werden.
Ein dritter Bereich der Nachhaltigkeit ist die ökonomische Frage , wie soziale und ökologische Erfordernisse sich in eine ökonomische Integrität eingliedern lassen. Das stolze Finanzkapital kommt um die Einsicht nicht herum, auf Naturkapital angewiesen zu sein, denn womit lässt sich Ökonomie noch betreiben, wenn natürliche Ressourcen erschöpft sind? Von ebensolcher Bedeutung ist das Humankapital , wie Ökonomen es nennen – jedoch nicht nur für die Produktion, sondern auch für die Konsumtion von Produkten: Viele kaufkräftige Konsumenten ansprechen zu können, liegt im ureigensten ökonomischen Interesse. Schon aus diesem Grund darf eine Sozialpolitik sich finanzielle Mittel auch aus der Wirtschaftskraft von Unternehmen besorgen, die ihrerseits einen größeren Markt für ihre Produkte gewinnen. Dass eine nachhaltige ökologische und soziale Politik nützlich für die Ökonomie selbst ist, sehen freilich nicht alle Ökonomen so. Zwar ist ihnen die Einbindung von Unternehmen in die umfassendere Volkswirtschaft theoretisch geläufig, aber unter dem Druck kurzfristiger Renditeerwartungen spielt das praktisch kaum eine Rolle.
Bedarf eine Neuausrichtung der Ökonomie eines »neuen Systems«? Davon träumen manche, aber es würde, wie das alte, eine lange Anlaufzeit benötigen, hätte wieder viele Irrtümer abzuarbeiten und würde womöglich dennoch nicht funktionieren. Wünschenswerter erscheint eine fortwährende Modifikation des vorgefundenen Systems auf dem Weg zu einer ökologischen und sozialen Marktwirtschaft.
Und welche Möglichkeiten hat der Einzelne, die Art des Wirtschaftens zu beeinflussen, damit sie weniger auf momentanen, mehr auf nachhaltigen Gewinn ausgerichtet wird? Individuelle Berufskreuzungen sind hilfreich, etwa sozial engagierte Ökonomen, ökonomisch versierte Ökologen, denn kreative Lösungen entstehen vorzugsweise an Kreuzungspunkten. Beispielhaft für die Überkreuzung ökologischer, sozialer und ökonomischer Nachhaltigkeit, regional und global, ist die Produktion und Konsumtion von Bioprodukten sowie der Handel mit Fairtrade -Produkten aus aller Welt. Diejenigen, die Angebote organisieren (Unternehmen wie Teekampagne oder Coffeecircle ), aber auch die vielen, die den Markt durch ihre
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