Dem Leben Sinn geben
persönlich kennt. Das ist auch das Anliegen des Weinkenners Miles, der mit seinem Freund Jack eine Reise durch die Anbaugebiete Kaliforniens unternimmt. Als sie auf Kennerinnen der Materie treffen, spiegelt sich die Liebe zum Wein alsbald auf reizvolle Weise in jener anderen wider, die der Wein naturgemäß zu fördern scheint ( Sideways , Regie Alexander Payne, USA 2004).
Eine Tendenz zur ekstatischen Leidenschaft ist gleichermaßen der Liebe zum Kaffee eigen. Johann Sebastian Bach kann von den Anfängen des morgenländischen Getränks in der abendländischen Geschichte als Zeitzeuge ein Lied singen und hat es etwa 1734 in seiner Kaffeekantate (BWV 211) auch selbst komponiert, nach einem Text des Dichters Picander:
Ei, wie schmeckt der Coffee süße,
Lieblicher als tausend Küsse,
Milder als Muskatenwein.
Coffee, Coffee muß ich haben,
Und wenn jemand mich will laben,
Ach, so schenkt mir Coffee ein!
Guter Kaffee ist süffig, aber gerade aus diesem Grund ist die Liebe zum Kaffee, wie jede andere, außer der naturgegebenen Fähigkeit zur Ekstase auch auf die zur Askese angewiesen: Wer das Getränk liebt, kommt nicht umhin, gelegentlich Verzicht zu üben, um sich den Genuss zu erhalten und den Körper nicht zu übersäuern. Den Kaffee schlückchenweise zu schlürfen und geruhsame Pausen zu machen, ist bekömmlicher, alsihn achtlos in sich hineinzuschütten. Von selbst entfaltet sich dann die flirrende Wirkung in allen Adern, die stundenlang vorhält; der Gaumen kostet den charakteristischen Geschmack den ganzen Tag lang nach. Eine Kaffeekarte, wie sie die besten Cafés und Röstereien bereithalten, beschreibt Fruchtaromen und Säuregehalt und offeriert wie eine Weinkarte ausgesuchte Provenienzen: Einen fruchtigen, kräftigen Mocca Sidamo aus Äthiopien, einen milden, mineralreichen Vilcabamba aus dem hoch gelegenen »Tal der Hundertjährigen« in Ecuador, einen aromatischen, starken Jamaica Blue Mountain , als Krönung vielleicht einen Kopi Luwak , einen Katzenkaffee, benannt nach der in Luwak, einer Region auf Jawa, beheimateten Schleichkatze, die sich von Früchten wie denen der Kaffeepflanze ernährt, deren Schalen sie verdaut, die Bohnen aber, durch Fermentation geschmacklich verändert, wieder ausscheidet. Eingesammelt, gesäubert und geröstet, entsteht daraus ein Kaffee mit animalisch herber Geschmacksnote. Die große Nachfrage hat freilich dazu geführt, die Katzen auf eine Weise in Käfigen zu halten, die keiner Tier-Ethik genügen kann.
Genüsse des Essens und Trinkens, Anreize für alle Sinne und Sinn-Ebenen sind ein Grund für die Liebe zum Fest . Bereits die antiken Dionysien waren bekannt dafür, außer den Körpern auch Gefühle und Gedanken mit Musik, Tanz und Theater in Bewegung zu setzen und mit sinnlichen Mitteln ekstatische, transzendente Zustände zu erzeugen, die die Menschen mitreißen und über sich hinaustreiben. Eine Ahnung davon hat sich dort erhalten, wo Fasching, Fastnacht, Karneval gefeiert wird, zum Entsetzen derer, die die Genüsse des Fleisches ( caro im Lateinischen) auf jede Weise verabscheuen, jedenfalls theoretisch.
Zum globalen Gelage sind in moderner Zeit Großveranstaltungen wie das Oktoberfest in München geworden, zu dem alljährlich im September Millionen von Besuchern aus aller Welt anreisen. Weltweite Versuche zur Nachahmung lassen auf ein verbreitetes Bedürfnis nach solchen Gelegenheiten schließen. Moderne Dionysien werden jedoch auch in Klubs, auf Tanzflächen und in Darkrooms rund um den Planeten abgefeiert. Und von ebensolcher Bedeutung sind private Feste, die einer allein oder mit Anderen inszeniert, wenn Erfolge, Geburtstage, Jahrestage, schöne Tage zu feiern sind oder wenn erklärte Feiertage wie Thanksgiving, Weihnachten, Frühlingsfest, Passah oder das Fastenbrechen am Ende des Ramadan anstehen, deren Anlass Tradition und Konvention, deren Ausgestaltung jedoch Privatsache ist.
Angelegenheit des Einzelnen und häufiger Anlass zu öffentlichen Festen ist die Liebe zum Sport . Viele geben mit dieser Liebe ihrem Leben Sinn, meist in Form von Leidenschaft für eine bestimmte Sportart wie Schwimmen, Laufen, Skifahren. Nicht unbedingt muss der Sport aktiv betrieben werden – ihn zu lieben kann auch heißen, ihn passiv zu pflegen und mit denen mitzufiebern, die ihn intensiv betreiben, sich mit ihren Techniken und Kunstgriffen, Problemen und möglichen Lösungen zu befassen, um sich an den Feinheiten der praktischen Ausübung zu erfreuen.
Häufig ist die
Weitere Kostenlose Bücher