Dem Pharao versprochen
und wie sie nicht mehr klar hatte denken können. Trotzdem hatte sie nur wenig Verständnis für Duamutef. Er musste jetzt vernünftig sein und durfte seinem Herzen nicht nachgeben!
»Es könnte übrigens sein, dass Anchi … bereits ein Kind erwartet«, sagte Selket und beobachtete genau Duamutefs Reaktion. »Du darfst es aber noch niemandem sagen.«
Duamutef zuckte zusammen, als hätte er eine Ohrfeige bekommen. Die Ader an seinem Hals trat hervor.
»Ein Kind?« Er räusperte sich. »Wie … wie schön für sie.«
»Sicher ist es noch nicht, aber ich glaube, dass es dafür schon einige Anzeichen gibt«, haspelte Selket. »Deswegen sollst du auch noch nichts sagen. Die Königin wird es erst verkünden, wenn sie wirklich Sicherheit hat.«
»Ach, was interessieren mich diese Frauengeschichten!« Duamutef stand abrupt auf und stellte den Milchkrug zurück. »Ich muss jetzt los. Mach’s gut!«
Er verschwand durch den schmalen Gang ins Freie. Selket hörte, wie die Tür zuschlug.
Nachdenklich kaute sie auf ihrer Unterlippe. Würde eine mögliche Schwangerschaft Duamutef tatsächlich davon abhalten, sich Anchesenamun zu nähern?
Die Übelkeit kam jetzt fast täglich, und allmählich war Anchesenamun davon überzeugt, dass Selket mit ihrer Vermutung recht haben könnte. Trotzdem konnte sie sich noch nicht so recht freuen. Zu groß waren die Zweifel. Vielleicht hatte die anhaltende Übelkeit auch einen anderen Grund? Gab es jemanden im Palast, der sie vergiften wollte?
Nicht alle waren ihr wohlgesonnen, das wusste sie. Einige Leute waren neidisch, weil sie die Frau des Pharaos war und somit etliche Privilegien hatte. Manche hassten sie für das, was ihre Eltern getan hatten; der Ketzerkönig Echnaton war noch nicht vergessen, selbst wenn kaum jemand seinen Namen aussprach.
Manchmal glaubte Anchesenamun, im Palast feindselige Blicke wahrzunehmen. Ab und zu sah sie ein Gesicht, das sich dann schnell hinter der nächsten Ecke oder einem Vorhang versteckte, eine verstohlene Bewegung, ein heimliches Huschen … Sie wurde nervös. Ließ Tutanchamun sie überwachen? Zweifelte er an ihrer Treue? Oder bildete sie sich das alles nur ein, weil dieser Sommer unerträglich heiß war und die Abende so schwül?
An mehreren Tagen hintereinander war die Übelkeit so stark, dass Anchesenamun glaubte, sterben zu müssen. Morgens beim Frühstück hatte sie überhaupt keinen Appetit, und das, was sie zu sich nahm, erbrach sie kurze Zeit später. Selket kümmerte sich rührend um sie und brachte ihr am späten Vormittag eine stärkende Suppe, die Anchesenamun wenigstens bei sich behalten konnte. Gegen Mittag und am Nachmittag ging es ihr besser, dann fühlte sie sich so wohl wie immer. Trotzdem nahm Anchesenamun ab, sie merkte es, weil ihre Hüftknochen stärker als sonst hervortraten, wenn sie sich betrachtete. Wie konnte sie da ein Kind im Leib tragen?
»Das ist ganz normal«, versuchte Selket sie zu beruhigen. »Irgendwann vergeht auch die Übelkeit, glaub mir!«
»Hoffentlich bald«, murmelte Anchesenamun, die sich wieder hingelegt hatte. Am besten überstand sie den Tag, wenn sie die Vormittage im Bett verbrachte. Diese Faulenzerei war zwar überhaupt nicht ihre Art, sie war von Natur aus temperamentvoll und wollte immer tausend Dinge tun. Aber jetzt fühlte sie sich matt und abgeschlagen, und jede körperliche Anstrengung ermüdete sie schnell. Selket wollte schon ein paarmal einen Arzt rufen lassen, aber Anchesenamun verwehrte es ihr.
»Lass uns bis zum nächsten Monat warten«, sagte sie. »Wenn der rote Fluss nicht kommt, dann weiß ich, dass du mit deiner Vermutung recht hast. Dann ist es noch immer Zeit, einen Arzt zu holen, der mir sagt, was ich tun und lassen soll.«
Der Gedanke an ein Kind beunruhigte Anchesenamun. Würde sie ihm eine gute Mutter sein können? War sie überhaupt schon alt genug dafür? Sie war doch erst vierzehn!
Gut, viele junge Frauen bekamen in diesem Alter Kinder. Aber es bedeutete, dass man die Verantwortung für ein kleines, hilfloses Wesen hatte … Würde sie damit zurechtkommen? Und wie war das, ein Kind zu gebären? Litt man dabei nicht furchtbare Schmerzen? Manche Frauen starben bei der Geburt … Anchesenamun schüttelte sich. Kein guter Gedanke. Sie musste daran denken, was Selket ihr von Nofretete erzählt hatte und wie man versucht hatte, ihr Leben zu retten. Eine Welle der Angst überschwemmte Anchesenamun, und sie drückte ihr Gesicht fest aufs Kissen, bis der Panikanfall
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