Dem Pharao versprochen
dir gleich einen Boten mit einem Brief schicken.«
»Ja, wir haben versprochen, uns oft zu schreiben.« Anchesenamun hatte ein flaues Gefühl im Magen. Ob es an dem vorangegangenen Gespräch lag? Und es war auch so stickig in ihrem Schlafgemach. Sie sehnte sich nach frischer Luft, nach einer kühlen Brise. Einen Moment lang wurde ihr schwindelig, und sie musste sich an einem Bettpfosten festhalten.
»Was ist los mit dir, Anchi?« Selket sprang besorgt auf. »Ist dir nicht gut?«
»Mir ist plötzlich so übel. Lass uns in den Palastgarten gehen, dort ist es jetzt sicher ganz angenehm.«
Selket hakte ihre Freundin unter. Sie verließen das Gemach und betraten den Flur. Doch schon nach wenigen Schritten stöhnte Anchesenamun, machte sich von Selket los und presste die Hand auf ihren Mund. Kleine Schweißperlen sammelten sich auf ihrer Stirn, und eine Hitzewelle ging durch ihren Körper. Sie fühlte sich zum Sterben elend. Dann erbrach sie sich auf die Fliesen.
»O Göttin Isis, hilf mir …«
Sie lehnte sich erschöpft an die Wand. Schwarze Punkte tanzten vor ihren Augen, es fehlte nicht viel bis zur Ohnmacht. Sie hörte Selkets Stimme wie aus weiter Ferne.
»Schnell, einen Becher Wasser für die Königin!«
Dann fühlte sie, wie ihr jemand einen Becher in die Hand drückte und ihr half, ihn an die Lippen zu führen.
Das kühle Wasser tat gut, die Übelkeit ließ nach und auch die schwarzen Punkte vor ihren Augen verschwanden. Selket und eine Dienerin standen neben ihr und sahen sie besorgt an.
»Vielleicht ist es besser, wenn du dich ein bisschen hinlegst«, schlug Selket vor.
Anchesenamun widerstrebte es, in ihr schwüles Schlafgemach zurückzukehren. Selket ließ eine Liege in den Garten tragen.
»So viele Umstände«, wehrte Anchesenamun ab.
»Unsinn«, meinte Selket. »Du musst dich erholen. Wahrscheinlich hat dich Tuts Abreise zu sehr aufgeregt.«
Sie führte Anchesenamun in den Garten. Dort war die Liege zwischen den Bäumen aufgestellt worden. Eine Dienerin war noch dabei, Kissen und Decken herbeizutragen, damit die Königliche Gemahlin es auch bequem hatte.
Anchesenamun streckte sich auf der Liege aus und betrachtete die gefiederten Blätter der Palmen, die sich leicht im Wind bewegten. Sie konnte sich selbst nicht erklären, warum ihr plötzlich schlecht geworden war. Vielleicht hatte sie etwas Unrechtes gegessen.
Selket befühlte ihre Stirn. »Fieber scheinst du nicht zu haben.« Vorsichtig setzte sie sich auf den Rand der Liege. »Könnte es sein, dass du …« Sie beendete den Satz nicht, sondern sah Anchesenamun erwartungsvoll an.
»Was meinst du?«
»Vielleicht trägst du schon einen Thronfolger in dir …«
»Selket, ich habe dir doch gesagt …«
»Wann hattest du zuletzt deinen roten Fluss?«, fragte Selket mit scheu niedergeschlagenem Blick.
Anchesenamun überlegte. Ihre Monatsblutung war manchmal unregelmäßig. »Ich glaube, am Anfang des Monats …«
Selket rechnete nach. »Dann könntest du bereits schwanger sein … Meine Mutter sagt, man empfängt ungefähr in der Mitte zwischen zwei Blutungen. Und oft ist es das erste Anzeichen, dass einem übel ist oder dass man Vorlieben für bestimmte Speisen entwickelt.«
Anchesenamun winkte ab. »Ammenmärchen!«
Selket widersprach. »Es stimmt. Meine Mutter lügt nicht. Sie war viele Jahre mit einer Hebamme befreundet, und die kennt sich mit dem Kinderkriegen aus. Und zwar besser als so mancher Arzt«, fügte sie dann noch hinzu.
»Du willst mich nur trösten«, sagte Anchesenamun und seufzte. »Ich soll mir keine Sorgen machen, ob sich Tut nach einer Geliebten umsieht. Deswegen redest du mir ein, dass ich mit einem Thronfolger schwanger bin. Du wirst ja sehen, dass mein Bauch in den nächsten Monaten so flach wie immer bleibt.«
»Abwarten!«, sagte Selket mit einem neckischen Unterton in der Stimme.
Sie schwiegen. In der Nähe zwitscherte ein Vogel. Eine Dienerin brachte ein Tablett mit Früchten, verneigte sich und stellte es auf die Liege.
Anchesenamun lachte und griff nach den Trauben. »Wenn ich einen Bauch bekomme, dann liegt es wohl eher an dem guten Essen!«
Selket beobachtete Anchesenamun in den nächsten Tagen genau, und in ihr wuchs die Gewissheit, dass die Große Königliche Gemahlin tatsächlich ein Kind erwartete. Das beruhigte Selket, denn sie machte sich große Sorgen um die Liebe zwischen Duamutef und Anchesenamun. Sie hatte einige Nächte deswegen kaum geschlafen, sondern sich grübelnd auf ihrem
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