Dem Pharao versprochen
von den Augen ablesen. Sag mir, was ich dir Gutes tun kann.«
»Du bist so lieb zu mir, Selket.« Anchesenamuns Lippen zitterten. »Glaubst du … glaubst du, dass der Schlaftrunk etwas damit zu tun hat, den ich gestern zu mir genommen habe?« Sie berichtete, wie Tij ihr den Kelch gebracht hatte.
Selket runzelte die Stirn. »Tij ist zwar eine alte, eifersüchtige Ziege, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sie so etwas tut. Sie müsste sich ja im Klaren sein, dass der Verdacht sofort auf sie fallen würde … und dann …« Selket schüttelte den Kopf. »So dumm ist sie nicht. Aber wenn du dir wegen des Schlaftrunks Sorgen machst, dann frag Sinuhe um Rat; er kennt sich in diesen Dingen sicher aus und kann dir sagen, ob der Trank schädlich für dich und dein Kind war.«
»Hätte ich ihn nur nicht getrunken!«, murmelte Anchesenamun und starrte zum Baldachin ihres Bettes empor. »In Zukunft werde ich nichts mehr anrühren, was Tij mir verabreicht. Ich traue dieser Frau einfach nicht! Aber gestern Abend war ich so müde und erschöpft, mir war heiß und der Schlaf wollte einfach nicht kommen …«
»Jetzt mach dir doch keine Gedanken deswegen«, sagte Selket. »Jede Frau hätte da einen Schlaftrunk zu sich genommen. Ich bin sicher, dass die Blutungen nichts damit zu tun haben.«
Anchesenamun beruhigte sich ein wenig, nahm sich aber vor, fortan nichts zu essen oder zu trinken, was nicht jemand vorgekostet hatte. Sie hatte ein ungutes Gefühl, Tut war ja weit weg, und vielleicht gab es im Palast eine Person, die ihr übelwollte, sei es nun Tij oder ein anderer. Dann dachte sie daran, dass mit diesem Vorsatz auch die gemütlichen Vesperstunden im Garten mit Selket wegfallen würden. Sie seufzte. Jetzt war erst einmal wichtig, dass sie ihr Kind behielt, über alles andere würde sie später nachgrübeln.
Selket rief eine Dienerin herbei. Zu zweit hievten sie Anchesenamun hoch wie eine schwerkranke Frau, um das Laken zu wechseln. Die Königin stöhnte ein wenig, sie hatte Angst, dass sie wieder Blut verlieren würde. Aber die beiden Frauen gingen sehr behutsam mit ihr um.
Inzwischen brachte ein Bote Sinuhes Medizin; es waren winzige schwarze Kügelchen, die Anchesenamun zusammen mit einem Becher Wasser nehmen musste.
»Und das soll helfen?«, fragte Anchesenamun misstrauisch und drehte eines der Kügelchen zwischen den Fingern.
»Sinuhe hat Erfahrung«, sagte Selket. »Du kannst ihm vertrauen.« Sie hielt ihr einen Becher hin. Anchesenamun verschüttete ein wenig Wasser aufs Kissen.
»Siehst du, wie meine Hände zittern?« Sie brach erneut in Tränen aus. »Ich habe solche Angst, dass ich mein Kind verliere.«
»Alles wird gut«, meinte Selket mit sanfter Stimme und strich ihrer Milchschwester die Haare aus der Stirn. »Du wirst dein Kind behalten, und wenn Tutanchamun zurückkommt, wird er seinen Sohn in den Arm nehmen können.« Sie lächelte Anchesenamun aufmunternd zu.
Dank Sinuhes Kunst hörten die Blutungen tatsächlich auf. Nach zehn Tagen strengster Bettruhe durfte Anchesenamun zum ersten Mal aufstehen und ein paar Schritte gehen.
»Aber nicht, dass du dich überanstrengst«, sagte Selket besorgt. »Ich lasse für dich eine Sänfte kommen, und dann gehen wir hinaus in den Palastgarten, damit du endlich wieder frische Luft bekommst. Deine Wangen haben jede Farbe verloren.« Sie sah Anchesenamun streng an. »Und dünner bist du auch geworden, weil du so wenig isst.«
»Ich habe einfach keinen Appetit«, gestand die junge Königin.
»Denk an dein Kind«, mahnte Selket. »Wie soll es wachsen und gedeihen, wenn seine Mutter nichts isst?«
Anchesenamun seufzte. »Du hast ja recht, Selket. Ich werde mir Mühe geben.«
Es war herrlich im Garten, und Anchesenamun genoss es, nach den Tagen des Eingesperrtseins die Sonne auf ihrer Haut zu spüren und zu fühlen, wie der Wind durch ihre Haare strich. Selket hatte unter Palmen ein gemütliches Plätzchen hergerichtet und für Anchesenamun ein weiches Lager bereitet. Die Königin lachte, als sie die vielen Kissen sah.
»Mir scheint, du hast sämtliche Kissen, die es im Palast gibt, in den Garten bringen lassen!«
Selket lachte. »Du sollst es so bequem wie möglich haben.« Sie deutete auf ein Tischchen, auf dem eine goldene Platte mit Früchten stand. »Ich hoffe, dass die frische Luft deinen Appetit anregt. In der Kanne ist Granatapfelsaft, den magst du doch so.«
Selket schenkte ihrer Freundin ein, dann ließ sie sich neben ihr nieder.
»Geht
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