Dem Pharao versprochen
Leib. Sie würde nie mehr frei und unabhängig sein, egal, was passierte.
Der Schlaf wollte nicht kommen, obwohl es so ein anstrengender Tag gewesen war. Anchesenamun wälzte sich auf ihrem Bett unruhig hin und her. Es war so schwül im Schlafgemach, dass sie nicht einmal das Laken auf ihrer Haut ertragen konnte. Zwei Mücken umsurrten sie, setzten sich abwechselnd auf ihre Stirn oder auf ihre Arme. Sie schlug nach ihnen, ohne sie jedoch zu erwischen. Die kleinen Öllichter flackerten, die zuckenden Flammen erschienen Anchesenamun wie erhobene Zeigefinger.
Schließlich schwang sie die Beine über die Bettkante und rief nach einer Dienerin. Nachts war gewöhnlich eine andere Frau für sie zuständig, Nefermut, denn Selket ging noch immer jeden Abend nach Hause, um bei ihrer Mutter zu schlafen.
Doch zu Anchesenamuns Verwunderung erschien nicht Nefermut, sondern Tij. Sie trug eine Öllampe in der Hand und machte ein besorgtes Gesicht.
»Wie kann ich Euch helfen, Herrin?«
»Wo ist Nefermut?«, fragte Anchesenamun.
»Ihr Vater ist plötzlich schwer erkrankt, und sie bat mich darum, sie zu vertreten«, antwortete Tij. »Was kann ich für Euch tun?«
»Ich kann einfach nicht schlafen«, klagte Anchesenamun. »Dabei bin ich todmüde, und all meine Glieder schmerzen. Außerdem ist es hier drin so furchtbar heiß und drückend.«
»Ich werde Euch einen Trank mischen, der Euch einen erholsamen Schlaf schenkt«, versprach Tij. »Und gegen die Hitze hilft es bestimmt, wenn Ihr Euer Gesicht und Euren Oberkörper mit kaltem Wasser wascht.«
Sie verschwand, ehe Anchesenamun etwas erwidern konnte. Wenig später kam ein junges Mädchen, vielleicht neun oder zehn Jahre alt, und brachte eine Schüssel mit kaltem Wasser sowie einige Tücher. Sie war sehr schüchtern und traute sich kaum, ein Wort zu sprechen. Ihre Hände zitterten vor Aufregung, als sie Anchesenamun die Schüssel reichte.
»Wie heißt du?«, fragte die junge Königin.
»Meritamun«, antwortete das Mädchen und schlug die Augen nieder.
»Ich habe dich noch nie im Palast gesehen«, sagte Anchesenamun.
»Ich bin erst seit vorigem Monat hier und habe bisher bei den Wäscherinnen gearbeitet«, erwiderte Meritamun mit so leiser Stimme, dass Anchesenamun sie kaum verstehen konnte. »Doch meine Hände haben die Lauge nicht vertragen, sie sind aufgesprungen und haben ständig geblutet. Tij hat mich dann zum Putzdienst und außerdem für den Garten eingeteilt, ich muss bei der Hitze die Blumen gießen.«
Die letzten Worte waren geflüstert.
Anchesenamun wunderte sich ein bisschen, denn die Hände des Mädchens waren makellos; sie sahen nicht so aus, als würden sie schwere oder schmutzige Arbeit verrichten. Meritamun half der Königin, aus dem Schlafgewand zu schlüpfen. Dann rieb sie sie vorsichtig mit nassen Tüchern ab, was Anchesenamun als Erleichterung empfand. Die Temperatur im Schlafgemach war nun eher zu ertragen.
»Wo finde ich ein neues Nachtgewand?«, fragte Merit-amun. »Das andere könnt Ihr nicht mehr anziehen, es ist ganz durchgeschwitzt.«
Anchesenamun deutete auf eine geschnitzte Truhe, in der sie ihre Nachtwäsche aufbewahrte. Meritamun nahm ein frisches Gewand heraus und brachte es Anchesenamun. Die Königin schlüpfte hinein.
»Danke.«
Meritamun nahm Schüssel, Tücher und das getragene Nachtgewand, verneigte sich und verschwand lautlos wie ein Schatten.
Wenig später erschien Tij mit einem goldenen Kelch, in dem ein grünlicher Trank schwappte. Anchesenamun roch daran und verzog das Gesicht.
»Was ist da drin?«
Tij nannte die Zutaten; es handelte sich um Kräuter, die ausnahmslos im Palastgarten angebaut wurden.
»Habt keine Sorge, Herrin«, versprach Tij. »Dieser Trank wird Euch entspannen und Euch tief schlafen lassen. Morgen früh werdet Ihr Euch ausgeruht und frisch fühlen. Wenn der Trank zu bitter sein sollte, dann kann ich auch noch einen Löffel Honig hinzufügen, damit bekommt er Euch vielleicht besser.«
Anchesenamun nippte an dem Kelch. Die Flüssigkeit schmeckte würzig und ungewohnt.
»Ist er zu bitter?«
»Es geht.«
Anchesenamun trank in großen Zügen. Die kühle Flüssigkeit rann ihre Kehle hinab und breitete sich im Magen aus. Bildete sich Anchesenamun das ein oder verspürte sie tatsächlich fast augenblicklich eine entspannende Wirkung? Es war, als würde sie flüssige Ruhe trinken …
Sie gab Tij den leeren Becher zurück. Diese lächelte.
»Jetzt werdet Ihr bald schlafen, Königin.«
Sie half
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