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Dem Pharao versprochen

Dem Pharao versprochen

Titel: Dem Pharao versprochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marliese Arold
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Jahren heraus. Macht Euch keine Sorgen, ehrwürdige Königin.« Er lächelte Anchesenamun an. »Wenn Ihr wollt, dann gebe ich Euch etwas Mohnsaft gegen die Schmerzen, dann könnt Ihr die Wehen besser ertragen.«
    Anchesenamun nickte.
    Die anderen wurden wieder hereingelassen. Die Hebamme brachte zwei Geburtsziegel, auf die Anchesenamun ihre Beine legen sollte, sobald die Presswehen einsetzten. Die Ziegel besaßen an der vorderen Seite einen Menschenkopf, eine Darstellung der Göttin Mesechenet, der Geburts- und Todesgöttin.
    »Mesechenet wird dich beschützen«, murmelte die Nubierin und streichelte Anchesenamun mütterlich über den Kopf, während sie zum vertrauten »Du« übergegangen war. »Sie hat schon viele Mütter beschützt, und sie wird auch über dich ihre schützende Hand legen.«
    Sinuhe kramte unterdessen aus seiner großen Ledertasche ein Fläschchen mit Mohnsaft heraus. Er gab einige Tropfen auf einen Löffel, den Selket der Königin reichte.
    »Jetzt wird es gleich besser werden, Anchi, und du wirst nicht mehr so viele Schmerzen verspüren«, redete sie ihrer Freundin zu. Anchesenamun schob dankbar den Löffel in den Mund. Doch die Geburt zog sich hin und dauerte Stunde um Stunde. Um sie zu beschleunigen, sagte die Hebamme zu Anchesenamun, sie solle aufstehen und ein wenig im Raum hin und her gehen. Die Königin versuchte es, war aber zu schwach, um es lange durchzuhalten. Die Nubierin half ihr wieder ins Bett zurück.
    Selket und Meritamun hatten angefangen, zu den Göttern zu beten. Sie hatten in einer Ecke des Schlafgemachs kleine Statuen aufgestellt und verbrannten in flachen Schalen duftende Kräuter, während sie Gebete und magische Sprüche vor sich hinmurmelten. Der Qualm erfüllte allmählich den ganzen Raum.
    Sinuhe kam herein und beschwerte sich über die stickige Luft. Die Königin war schon halb bewusstlos vor Erschöpfung. Der Arzt ließ die Tür weit öffnen, und Dienerinnen wedelten mit Palmzweigen vom Flur aus Luft in den Raum.
    Die Hebamme untersuchte wieder, wie weit sich der Geburtskanal geöffnet hatte. Diesmal nickte sie zufrieden.
    »Die Gebete haben gewirkt. Dein Kind wird bald da sein. Aber du musst jetzt mithelfen. Beim nächsten Schmerz musst du pressen, so kräftig du kannst.«
    Sie schob ihr die Ziegel unter die Beine. Selket und Merit-amun richteten die Königin auf, so dass sie fast saß. Selket tupfte ihr den Schweiß von der Stirn.
    »Durst«, stöhnte Anchesenamun.
    »Wenn das Kind da ist, darfst du trinken«, sagte Selket.
    »Nur einen kleinen Schluck, bitte …«
    Selket warf einen fragenden Blick zur Hebamme. Diese nickte. Selket nahm einen Becher Granatapfelsaft und hielt ihn Anchesenamun an die Lippen. Doch in diesem Moment kam wieder eine Wehe, die Königin krümmte sich und der Saft ergoss sich über das Bett.
    »Pressen!«, rief die Hebamme. Sie beschwor Anchesenamun, ihre ganze Kraft einzusetzen. Die Königin bemühte sich. »Ich kann den Kopf sehen, das Haar …«, verkündete die Hebamme. »Du hast es bald geschafft. Noch eine Wehe oder höchstens zwei – und dein Kind ist da.«
    Anchesenamun strengte sich an, und bei der nächsten Wehe glitt das Kind aus ihr heraus.
    Die Hebamme, Selket und Meritamun jubelten, aber dann verstummten sie. Plötzlich war es still im Raum.
    Anchesenamun öffnete mühsam die Augen. »Was … was ist los?«, fragte sie erschöpft. »Was ist mit meinem Kind?«
    »Es ist ein Mädchen«, sagte die Hebamme. Ihre Stimme klang traurig.
    »Ich will es sehen!«, bat Anchesenamun. »Gib es mir! Ich will mein Kind anfassen!«
    Die Nubierin tuschelte leise mit Selket und Meritamun. Die drei hatten ihre Köpfe so dicht zusammengesteckt, dass sie das Kind vor Anchesenamuns Blicken verbargen.
    »Was ist los?«, wiederholte die Königin, vor Unruhe fast verzweifelt. »Warum zeigt ihr mir nicht mein Kind?«
    Die Hebamme wandte ihr das Gesicht zu. Diesen Augenblick würde Anchesenamun niemals vergessen.
    »Es ist missgebildet«, sagte die Nubierin.
    Im selben Moment huschte Meritamun mit einem Bündel zur Tür. Im Innern des Lakens wimmerte es, als sei darin ein Kätzchen.
    »Ich will mein Kind sehen!«, schrie Anchesenamun und bäumte sich auf.
    Selket und die Hebamme hielten sie fest.
    »Es ist besser, wenn du es nicht siehst«, sagte Selket. »Glaub mir, Anchi. Ich bin doch deine beste Freundin!«
     
    Das neugeborene Mädchen lebte zweieinhalb Tage, dann starb es, ohne einen einzigen lauten Schrei getan zu haben. Eine Amme hatte

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