Dem Pharao versprochen
versucht, es an ihrer Brust zu nähren, aber es hatte die Milch nicht angenommen.
Anchesenamun hatte ihr Kind nicht gesehen, obwohl sie immer wieder darum gebeten hatte.
»Ich will es sehen, auch wenn es missgestaltet ist.« Zuletzt war sie sogar aus ihrem Bett aufgestanden und wollte sich im Palast auf die Suche nach ihrer Tochter machen. Doch weiter als bis auf den Flur kam sie nicht, weil ihr schwindelig wurde. Sie musste sich an der Wand abstützen. Selket führte die Königin zu ihrem Lager zurück.
Anchesenamun weinte leise vor sich hin. »Warum darf ich es nicht sehen? Es ist doch mein Kind, ich habe es geboren.«
»Es wird nicht am Leben bleiben, Anchi.« Selket räusperte sich. »Es hat auf dem Rücken das Mal eines Dämons. Eine große rote Geschwulst, halb so groß wie sein Kopf. Sinuhe hat sich das Mädchen angesehen, er sagt, man kann ihm nicht helfen. Das Mal des Dämons ist nicht heilbar.«
Anchesenamun drehte sich zur Seite und weinte noch heftiger. »Warum muss das mir passieren? Was habe ich getan? Oh, ich würde am liebsten sterben!«
Selket setzte sich auf die Bettkante. »So darfst du nicht reden, Anchi. Du hast die Geburt wohlbehalten überstanden, aber du musst dich noch schonen. Tut kommt bald zurück. Ihr werdet noch viele Kinder haben.«
»Was wird er sagen, wenn ich ihm keinen Thronfolger geboren habe?«, schluchzte Anchesenamun. »Dabei hat mir der Sterndeuter einen Jungen prophezeit. So ein Betrüger!« Sie griff nach einem Kissen und hielt es vor ihr Gesicht, so, als wollte sie mit der ganzen Welt nichts mehr zu tun haben.
Die Nachricht, dass die Königin ein missgestaltetes Mädchen mit dem Mal eines Dämons geboren hatte, verbreitete sich wie ein Lauffeuer, obwohl alle, die bei der Geburt dabei gewesen waren, behaupteten, nichts ausgeplaudert zu haben.
Tij hörte die Neuigkeit als eine der Ersten. Sie verzog ihre Lippen zu einem schiefen Lächeln. »Zu früh geboren und mit dem Mal eines Dämons versehen. Das ist die Strafe der Götter dafür, dass sich die Königin einen Liebhaber genommen hat.«
Eje sagte nichts dazu, aber er war insgeheim erleichtert, dass Anchesenamun keinen Thronfolger zur Welt gebracht hatte. Vielleicht würde die Königin auch nur Mädchen zur Welt bringen wie ihre Mutter Nofretete … Eje trachtete selbst nach dem Pharaonenthron, und jetzt, da es keinen Nachfolger für Tutanchamun gab, hatten sich seine Chancen wieder erhöht. In seinem Kopf arbeitete es. Er musste der Königin ein Geschenk bringen und ihr sein Mitgefühl ausdrücken. Und er musste ihr anbieten, dass er sich um die Mumifizierung des Mädchens und seine würdevolle Beisetzung kümmern würde …
»Du hörst mir wieder mal nicht zu«, keifte Tij inzwischen. »Ich habe gesagt, dass es ihr eigentlich recht geschieht. Sie hat die Regeln verletzt. Vielleicht ist sie von den Göttern verflucht …«
Eje runzelte die Stirn. »Du solltest nicht so reden, Tij! Wenn dich jemand hört und es dem Pharao zugetragen wird … Er könnte dich aus dem Palast werfen lassen!«
Tij lachte nur. »Das soll er mal wagen! Dann erzähle ich überall herum, dass er einen verkrüppelten Fuß hat und dass ihn die Götter für das bestraft haben, was sein Ketzervater Echnaton getan hat!«
Eje schüttelte den Kopf. »Es wäre mir wirklich lieber, du könntest deine Zunge etwas mehr im Zaum halten! Ich will nicht deinetwegen meine Stellung verlieren.«
»Ach, du schämst dich jetzt für mich?«, sagte Tij spitz. »Ich bin dir wohl nicht mehr gut genug!«
»Halt einfach den Mund!«, schrie Eje sie an, jetzt zornrot im Gesicht. »Du bist ein altes zänkisches Weib geworden! Früher warst du nicht so. Ja, ich schäme mich für dich, wenn du es genau wissen willst!«
Damit verließ er den Raum und schmetterte die Tür hinter sich zu, dass Tij zusammenzuckte.
Die Nachricht, dass die Königin ein Mädchen geboren hatte, das inzwischen gestorben war, erreichte Tutanchamun unterwegs. Er hatte noch zwei Tagesreisen vor sich, bis er in Waset ankommen würde.
Die Botschaft, die Tut nachts in seinem Zelt las, stammte von Sinuhe.
»Göttlicher Pharao, Ihr möget ewiglich leben,
mir obliegt es, Euch eine traurige Mitteilung zu machen. Die Große Königliche Gemahlin ist von einem Mädchen entbunden worden. Das Kind kam einige Wochen zu früh zur Welt und war deswegen recht klein und schwach. Aber es hatte auch eine Geschwulst auf dem Rücken, groß wie eine Faust. Man bezeichnet diese Geschwulst gemeinhin
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