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Dem Pharao versprochen

Dem Pharao versprochen

Titel: Dem Pharao versprochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marliese Arold
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wenn er getrunken hat und nicht mehr Herr seiner Sinne ist. Ich habe schon befürchtet, dass er mich eines Tages im Zorn erschlägt.«
    Selket sah sie mitfühlend an.
    »Ich habe mir so sehr gewünscht, mit Duamutef aus Waset wegzugehen«, fuhr Anchesenamun fort. »Wir haben so lange aufeinander gewartet. Als ich dann seinen Brief von der Tuchhändlerin bekam, hoffte ich, dass wir doch noch miteinander glücklich werden können. Aber warum kommt dein Bruder nicht, Selket? Warum gibt es kein Lebenszeichen von ihm?«
    »Das macht mich auch traurig«, stimmte Selket ihr zu. »Ich kann mir sein Schweigen nicht erklären.«
    »Glaubst du, dass er tot ist?«
    Selket schüttelte den Kopf. »Nein. Das müsste ich doch tief in meinem Innern spüren.« Sie legte die Hand auf ihr Herz. »Irgendetwas müsste ich merken, sobald ich an Duamutef denke. Aber es fühlt sich an wie immer. Ich sage in Gedanken seinen Namen, und tief in mir erklingt eine Art Echo, so als würde er antworten: ›Na, kleine Schwester?‹«
    »Aber warum kommt er dann nicht?«, hakte Anchesenamun nach.
    »Das weiß ich auch nicht«, erwiderte Selket.
    Der Katze wurde es auf Anchesenamuns Schoß zu langweilig, sie sprang auf den Boden und begann, den Raum zu erforschen.
    Im selben Moment wurde von außen heftig an die Tür geklopft. Bastet erschrak und flüchtete mit einem Maunzen unter einen Hocker.
    Selket öffnete die Tür. Draußen stand ein Palastdiener. Er machte ein betroffenes Gesicht.
    »Der Pharao, er möge ewig leben, ist von seinem Wagen gestürzt und schwer verletzt. Die Königin soll sofort kommen.«
    Selket und Anchesenamun wechselten einen Blick.
    Anchesenamun erbleichte. Sie stand auf, Selket hakte sie unter und gemeinsam folgten die beiden Frauen dem Diener durch die Gänge. Der Palast war in Aufruhr, anscheinend verbreitete sich die Nachricht von dem Unglück wie ein Lauffeuer. Selket und Anchesenamun erreichten die Empfangshalle, in der Eje mit betroffener Miene stand. Als er die Königin sah, eilte er auf sie zu.
    »Eine furchtbare Botschaft!« Er verneigte sich tief. »Wir müssen mit dem Schlimmsten rechnen. Ein Läufer hat soeben die Nachricht gebracht. Der Pharao war mit seinem Streitwagen in der Wüste unterwegs – und anscheinend sind die Pferde durchgegangen …«
    »Was ist mit ihm passiert?«, fragte Anchesenamun. Sie war so schockiert, dass ihre Stimme versagte und sie nur im Flüsterton sprechen konnte.
    »Er ist vom Wagen gestürzt, nachdem die Achse gebrochen ist oder nachdem sich ein Rad gelöst hat. Da das Unglück bei voller Geschwindigkeit geschah, wurde der Pharao sehr schwer verletzt«, antwortete Eje. »Man wird ihn auf einer Trage hierher bringen. Wir müssen zu den Göttern beten, dass er den Transport überlebt.«
    Anchesenamun begann am ganzen Leib zu zittern. So sehr sie Tutanchamun manchmal verabscheut hatte, sie hatte ihm nie etwas Böses gewünscht. Sie hatte nur immer gehofft, dass er sich eines Tages besinnen und seine schlechten Angewohnheiten ablegen würde. Wenn er nun starb …
    Dann bist du frei, flüsterte eine Stimme in ihrem Kopf, frei und allein …
    Doch Anchesenamun verdrängte den Gedanken. Sie wollte Tuts Tod nicht in Erwägung ziehen. Der Pharao durfte einfach nicht sterben. Die Ärzte würden sich um ihn kümmern. Es gab so gute Ärzte in Waset, sie hatten ja damals auch seinen Klumpfuß behandelt, so dass fast keine Behinderung mehr zu erkennen war …
    »Du musst dich setzen«, flüsterte Selket ihr zu und führte sie zu einem Sessel. Sie winkte einem Diener und beauftragte ihn, einen Becher Wasser für die Königin zu holen.
    Eje nahm auf einem Stuhl neben Anchesenamun Platz. Er griff nach ihrer Hand.
    »Ihr müsst jetzt stark sein, Königliche Hoheit! Aber seid versichert: Ich werde Euch in diesen schweren Zeiten zur Seite stehen und Euch nach Kräften unterstützen.«
    Anchesenamun nickte nur, ohne seine Worte richtig wahrzunehmen. Sie entzog ihm ihre Hand und starrte zur Tür. Wann würde man Tutanchamun hereintragen? Und würde er noch am Leben sein?

 Papyrus 10 
    Es ist, als würde ich einen bösen Traum durchleben. Hassen mich die Götter so sehr? Warum hat kein Gott seine schützende Hand über Tut gehalten, als er vom Wagen gestürzt ist?
    Er ist sehr schwer verletzt und noch immer ohne Besinnung, obwohl der Unfall jetzt schon zwei Tage her ist. Die Ärzte bemühen sich sehr. Tut hat schlimme Wunden an seinen Knien und wird, falls er überlebt, nie mehr ohne Krücken

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