Dem Pharao versprochen
sein, das sagt mir mein Herz. Bleib bei mir, hier ist dein Platz. Ich bin so alt wie du, und schon, als ich dich das erste Mal gesehen habe, schienst du mir der Mann zu sein, auf den ich ein Leben lang gewartet habe. Wir könnten zusammen glücklich werden, Duamutef. Ich war immer fleißig, all die Jahre hindurch, und obwohl ich mich um meine Geschwister sorgen musste, konnte ich mir etwas auf die Seite legen. Es ist genug, um ein kleines Häuschen zu bauen – für uns und unsere Kinder.«
Sie sah ihn gespannt an.
Duamutef schloss die Augen, weil er ihren Blick nicht ertragen konnte. Seine Vernunft sagte ihm, dass sie recht hatte. Nefertari wäre ihm sicher eine gute Frau. Sie war ihm auch nicht unsympathisch. Doch es gab Anchesenamun, und er konnte Nefertari nicht heiraten, solange sein Herz seiner Jugendliebe gehörte … Er seufzte leise.
»Du musst jetzt nichts entscheiden«, meinte Nefertari und legte einen Finger auf seine Lippen. »Sag nichts. Werde erst einmal gesund und kräftig. Dann sehen wir weiter.«
Am Rascheln ihrer Kleider hörte Duamutef, dass sie aufstand und sich entfernte. Er wollte die Augen öffnen und ihr nachschauen, aber da griff schon der Schlaf nach ihm und er versank wieder in das Reich der Träume.
Eje schlief sehr schlecht in der letzten Zeit. Nach ein oder zwei Stunden Ruhe wurde er wieder wach, und dann fingen dunkle Gedanken an ihn zu quälen. Sie drehten sich um Macht und um Anchesenamun.
Die Stimmung im Volk war zwiespältig. Viele hatten Mitleid mit der Königin, andere begannen zu schimpfen und ihren Unmut zu äußern. Sie wollten endlich einen Thronfolger sehen und forderten Tutanchamun auf, sich eine andere Frau zu nehmen.
Der Pharao hingegen stellte sich taub. Er schien mehr Zeit denn je damit zu verbringen, mit den schnellsten Pferden in die Wüste zu fahren. Die Regierungsgeschäfte blieben liegen, und Eje musste sich um alles kümmern, wie er es auch schon während Tuts Abwesenheit getan hatte. Er hatte es immer gern gemacht und den Pharao als seinen Schützling angesehen. Doch Tut war inzwischen erwachsen geworden, er war ein junger Mann, und es tauchten immer mehr Züge an ihm auf, die Eje nicht gefielen. So schien Tut in erster Linie das zu tun, was ihm Spaß und Ablenkung verschaffte, und es kümmerte ihn nicht sonderlich, ob es dem Volk gutging und ob die Getreidevorräte für alle ausreichten. Die letzte Ernte war mager ausgefallen, die Speicher waren nur zu drei Vierteln gefüllt, und es war fraglich, wie lange man damit auskommen würde. Aber Tut wollte nichts von einer drohenden Hungersnot wissen. Jedes Mal, wenn Eje mit dem Thema anfing und einen Notfallplan aufstellen wollte, winkte Tut gelangweilt ab. Er benahm sich immer selbstherrlicher, und seine Art ging Eje inzwischen gewaltig auf die Nerven. Er war erfahren genug, um zu wissen, dass Regierungsgeschäfte nicht durch göttliche Eingriffe geregelt wurden, und dass Planung und Vorausschau nötig waren, wenn ein Staat funktionieren sollte. Ohne seinen Rat und Beistand war Tut völlig unfähig, das Land zu regieren. Es machte Eje wütend, wie unselbständig Tut war. Dass er kein größeres Interesse für die Dinge zeigte, die geregelt werden mussten. Verhielt sich so ein Pharao?
Eje überlegte, was passieren würde, wenn er, Eje, plötzlich stürbe. Wer würde sich dann um all die Angelegenheiten kümmern? Tutanchamun wäre völlig hilflos …
Tut ist nicht bereit, Verantwortung zu tragen, dachte Eje grimmig. Gut, er ist enttäuscht, dass er keinen Thronfolger hat und dass Anchesenamun ihn offenbar betrügt – wenn es stimmt, was Tij beobachtet hat. Aber das sind keine Gründe, die Regierungsgeschäfte dermaßen schleifen zu lassen …
Aber Tut war sich anscheinend sicher, dass Eje schon alles regeln würde. Er verließ sich auf ihn. Blind.
»Ebenso gut könnte ich selbst Pharao sein«, murmelte Eje, als er in einer schlaflosen Nacht in seinem Gemach hin und her ging. Dieser Gedanke kam ihm nicht zum ersten Mal. In der letzten Zeit malte sich Eje immer häufiger aus, was geschehen würde, wäre er an Tutanchamuns Stelle.
Dem Volk würde es nicht schlechter gehen, im Gegenteil. Eje wusste, worauf es ankam. Er verschleuderte kein Geld und ging keinem Laster nach. Er würde ein guter Pharao sein …
Das Leben als Oberhaupt Ägyptens würde natürlich auch etliche Annehmlichkeiten bieten. Man würde ihn als Gott verehren und ihm huldigen. Die Frauen würden ihm schöne Augen machen; er würde
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