Dem Sieger eine Handvoll Erde
Sizilianer sind und der Mafia angehören. Aber das stimmt nicht. Wie Sie sehr richtig sagen, sind sie aus Korsika. Und die Korsen betrachten die sizilianische Mafia als Stümperverein. Diese drei stehen seit Jahren ganz oben auf unserer Liste. Bis jetzt hatten wir nie Beweise gegen sie – aber diesmal haben sie keine Chance. Nicht, wenn man sie neben Heroin im Wert von mehreren Millionen Francs findet. Nun, eine Hand wäscht die andere.« Er gab Harlow einige Papiere. »Jean-Claude hat sich selbst übertroffen. Er hat den Code heute abend entschlüsselt. Eine interessante Lektüre, was?«
Nach einer Minute sagte Harlow: »Ja. Eine Liste von Tracchias und Neubauers Abnehmern in ganz Europa.«
»Allerdings.«
»Wie lange wird es dauern, Verbindung mit Dunnet zu bekommen?«
Giancarlo schaute ihn wieder einmal mitleidig an. »Ich kann jeden Anschluß in ganz Europa in dreißig Sekunden erreichen.«
Im Polizeirevier herrschte Hochbetrieb. Fast ein Dutzend Polizisten und Neubauer mit seinen fünf verbrecherischen Kumpanen hielten sich in dem kleinen Raum auf. Neubauer trat an den Tresen und sagte zu dem Sergeanten: »Ich stehe unter Anklage. Ich möchte meinen Anwalt sprechen. Ich habe ein Recht darauf.«
»Sie haben ein Recht darauf.« Der Sergeant deutete mit einer Kopfbewegung auf das Telephon, das auf dem Tresen stand.
»Gespräch zwischen Anwalt und Mandant haben Vorrang.« Er deutete auf eine Telephonzelle. »Ich weiß, wofür die da ist. Damit die Angeklagten mit ihren Anwälten sprechen können. Darf ich?«
Der Sergeant nickte.
In einer luxuriösen Wohnung, nicht einmal eine halbe Meile vom Polizeirevier entfernt, läutete das Telephon. Tracchia reckte sich auf einer Couch in dem großen Wohnraum. Neben ihm lag eine üppige Brünette, die offenkundig etwas gegen den übertriebenen Gebrauch von Textilien hatte. Tracchia runzelte die Stirn, nahm den Hörer von der Gabel und sagte: »Mein lieber Willi, ich bin untröstlich. Ich war verhindert …«
Neubauers Stimme klang laut und deutlich durch den Draht.
»Bist du allein?«
»Nein.«
»Dann wirf sie raus.«
Tracchia wandte sich an das Mädchen: »Meine liebe Georgette, deine Nase glänzt.« Sie erhob sich beleidigt und verließ das Zimmer. »Okay«, meldete Tracchia.
»Du kannst deinem Glücksstern danken, daß du verhindert warst, sonst wärst du jetzt da, wo ich bin – auf dem Weg ins Gefängnis. Und jetzt hör zu.«
Tracchia hörte aufmerksam zu, und die Wut, die in ihm aufstieg, als er Neubauers kurzen Bericht hörte, wirkte sich nicht gerade positiv auf seine sonst so attraktiven Gesichtszüge aus. Als er seinen Bericht beendet hatte, sagte Neubauer: »Nimm die Lee Enfield und das Fernglas. Wenn er zuerst da ist, dann schnapp ihn dir, wenn er wieder an Land kommt – das heißt natürlich nur, wenn er Paulis Spezialbehandlung übersteht. Wenn du zuerst da bist, geh an Bord und warte dort auf ihn. Und dann wirf die Waffe ins Wasser. Wer ist momentan an Bord der ›Chevalier‹?«
»Nur Pauli. Ich nehme Yonnie mit. Ich brauche vielleicht einen, der Schmiere steht. Und mach dir keine Sorgen, Willi. Morgen bist du wieder raus. Sich mit Kriminellen abzugeben, ist noch kein Verbrechen, und es gibt auch nicht den geringsten Beweis gegen dich.«
»Wie kannst du davon so überzeugt sein? Woher willst du wissen, daß es dir nicht auch noch an den Kragen geht? Diesem verfluchten Harlow traue ich alles zu. Schnapp ihn dir. Mir zuliebe.«
»Es wird mir ein Vergnügen sein, Willi.«
In Giancarlos Labor telephonierte Harlow mit Dunnet: »Es werden also morgen früh um fünf alle gleichzeitig verhaftet. Zu diesem Zeitpunkt wird es eine ganze Menge unglücklicher Leute in Europa geben. Ich habe es etwas eilig, deshalb überlasse ich es Giancarlo, Ihnen alle Einzelheiten mitzuteilen. Ich hoffe, daß ich Sie irgendwann heute noch treffe. Aber jetzt habe ich noch eine Verabredung.«
XI
»Sind Sie beim Secret Service oder Sonderbeauftragter oder so was?« fragte Rory.
Harlow streifte ihn mit einem kurzen Blick und schaute dann wieder geradeaus auf die Straße. Er fuhr schnell, aber nicht annähernd Höchstgeschwindigkeit. Er war der Meinung, daß die Aufgabe, die vor ihm lag, keine übermäßige Hast erforderte. »Ich bin ein arbeitsloser Rennfahrer«, sagte er.
»Ach, kommen Sie, wem wollen Sie das erzählen?«
»Aber es ist wahr. Ich helfe lediglich Mr. Dunnet ein bißchen.«
»Inwiefern? Ich meine, es sieht nicht so aus, als würde Mr. Dunnet sich
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