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Dem Tod auf der Spur

Titel: Dem Tod auf der Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tsokos
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Verfassung leichter als in den hellen Monaten. Auch die populäre Meinung, dass sich die meisten Freitode in der Weihnachtszeit ereignen, ist ein »Wintermärchen«. Stattdessen steigt im Frühjahr und Sommer die Zahl der Suizide deutlich an – mit Schwerpunkt in den Sommermonaten. Depressive Menschen sind besonders dann gefährdet, wenn das überwiegend sonnige Wetter überhaupt nicht ihrer eigenen inneren Gemütsverfassung entspricht. Auch Morde und andereGewaltverbrechen finden signifikant häufiger in Frühjahr und Sommer statt, am allerwenigsten im Winter und während der Weihnachtsfeiertage. Die Ursachen hierfür sind sicher komplizierter als beim Suizid.
    Falls Thomas Klein tatsächlich Suizid begangen hatte, musste er die Explosion selbst herbeigeführt haben. Also würden wir bei der Obduktion als Erstes darauf achten, ob der Mann zum Zeitpunkt der Explosion überhaupt noch gelebt hatte.
    Als mein Messer durch den Rest des verkohlten Gewebes schnitt, sickerte tatsächlich noch etwas Blut aus den tieferen Gewebeschichten. Aus der geöffneten Brust- und Bauchhöhle drang neben dem Geruch nach verbranntem Fleisch noch ein anderer Geruch: Benzin. Das konnte darauf hinweisen, dass hier ein Brandbeschleuniger im Spiel gewesen war. Andererseits war der Benzintank des Autos ebenfalls explodiert, weshalb der Geruch auch daher stammen konnte. Wir gaben den Verdacht »Fraglicher Einsatz von Brandbeschleuniger« an die Spurensicherung weiter.
    Für die mögliche Identifizierung über ein Zahnschema entnahm der Sektionsassistent den Ober- und Unterkiefer des Toten. Ich durchtrennte währenddessen mit einer sogenannten »Rippenschere« die Rippen, um an Herz und Lunge zu gelangen. Die Rippenschere sieht übrigens aus wie eine Mischung aus einer Geflügelschere, mit der man zu Weihnachten die Gans bearbeitet, und einer herkömmlichen Heckenschere.
    Ich entnahm Lunge, Luftröhre und Bronchien, denn an diesen Organen würde ich erkennen können, ob dasOpfer zum Explosionszeitpunkt noch gelebt hatte oder nicht. Alle Organe waren durch die Hitze zusammengeschrumpft und hatten eine gummiartige Konsistenz.
    Ich schnitt Luftröhre und Bronchien mit einer Schere auf. Die Schleimhäute der Atemwege waren vollständig mit Ruß belegt, und auch in der Speiseröhre fanden wir verschluckte Rußpartikel. Dadurch stand fest, dass die Person, mit der wir es hier zu tun hatten, durch die Explosion und das Feuer gestorben war. Im Fachjargon heißt das kurz und prägnant: »Explosionstrauma in Kombination mit Brandeinwirkung zu Lebzeiten«.
    Wäre der Mann während des Feuers bereits tot gewesen, hätten wir keine Rußablagerungen in den Bronchien oder der Speiseröhre entdeckt. Der Rechtsmediziner spricht bei solchen Merkmalen von »Vitalitätszeichen«, da sie Beweis dafür sind, dass das Opfer zum Zeitpunkt einer äußeren Gewalteinwirkung, in diesem Fall dem Feuer, noch gelebt hat.
    Rußpartikel und Benzingeruch passten zu der Annahme, dass die Person auf der Rückbank die Explosion auf irgendeine Weise selbst herbeigeführt hatte, möglicherweise mit Hilfe von Brandbeschleunigern. Nur wie?
    Diese Frage allerdings mussten andere beantworten, denn nachdem wir auch noch alle weiteren Organe, oder zumindest das, was davon noch vorhanden war, untersucht hatten und ich anhand von Ober- und Unterkiefer des Toten das Zahnschema für die Identifizierung erstellt hatte, war unsere Arbeit an der Leiche beendet. Der Sektionsassistent packte das, was einmal ein Mensch gewesen war, in einen weißen Leichensack, damit der Tisch für die nächste Obduktion frei wurde.
    Was die Identifizierung unseres Toten anging, ließ das Zahnschema des vermissten Thomas Klein, das die Kripo von seinem behandelnden Zahnarzt angefordert hatte, auf sich warten. Wie wir später erfuhren, hatte Thomas Klein kurz zuvor den Zahnarzt gewechselt, und der war gerade im Urlaub. Es gab ein Zahnschema von Kleins früherem Zahnarzt, das allerdings zehn Jahre alt war und sich daher nicht für einen Abgleich zu Identifizierungszwecken eignete.
    Während der Kommissar und die anderen Ermittler von der KTU sich um die Aufklärung des Falles bemühten, wandten wir uns anderen Obduktionsaufgaben zu. Erst wenn das Zahnschema von Thomas Klein vorlag, würden wir den vorbereiteten Abgleich mit unserem Zahnschema vornehmen können.
    Der Fall konnte dann aber doch recht schnell abgeschlossen werden, und der Kommissar persönlich informierte uns über das Resultat der Ermittlungen.
    Die

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