Dem Tod auf der Spur
einzeln oder hintereinander ablaufen können: Der Fußgänger wird von dem Pkw angefahren, überfahren oder überrollt.
Von »Anfahren« spricht der Rechtsmediziner, wenn eine Person in aufrechter Körperposition von einem Auto erfasst wird. In diesem Fall kommt es in dem Moment, da der Fußgänger von dem Pkw angefahren wird, zunächst zum sogenannten »primären Anstoß«, in der Regel mit der Stoßstange oder dem Kotflügel. Dann prallt der Oberkörper auf die Motorhaube, während der Kopf häufig zusätzlich auf der Windschutzscheibe aufschlägt. Im Normalfall tritt der Fahrer des Pkw spätestens dann erschrocken auf die Bremse – mit der Folge, dass das Unfallopfer in Fahrtrichtung abgeworfen wird und auf der Straße landet.
Anders verhält es sich dagegen, wenn ein Fußgänger von einem Lkw oder von einem anderen Fahrzeug mit hohem Radstand und höherer Stoßstange und Kühlerhaube angefahren wird, beispielsweise von einem Geländewagen oder Pick-up. Dann gerät das Opfer meist unter das Auto.
Bei der Kollision eines Fußgängers mit einem gewöhnlichen Pkw können die unterschiedlichsten Verletzungen entstehen, nämlich erstens als Folge des primären Anstoßes, zweitens beim »Aufladen« des Körpers auf das Fahrzeug, z. B. durch den oben erwähnten Schlag des Kopfes gegen die Windschutzscheibe, und drittens als Folge davon, dass der oder die Angefahrene wiederauf die Straße geworfen wird. Aus dem jeweils resultierenden Verletzungsmuster kann der Rechtsmediziner wertvolle Rückschlüsse für die Rekonstruktion des Unfallereignisses ziehen.
Abgesehen davon können manchmal am Unfallfahrzeug Faserspuren der Kleidung des Fußgängers nachgewiesen werden. Deshalb ist es bei Fußgängerunfällen wichtig, die Bekleidung sicherzustellen und kriminaltechnisch zu untersuchen. So lassen sich gegebenenfalls an einem Pkw, der als Unfallfahrzeug in Frage kommt, Textilfasern daraufhin überprüfen, ob sie von der Kleidung des Unfallopfers stammen. Auch finden sich nach der Kollision zwischen Fußgänger und Auto oft Gewebespuren wie Blut, Weichgewebe oder Knochensplitter an dem Fahrzeug. Diese können dann wiederum mit einem DNA-Abgleich untersucht werden.
Auch die Richtung, aus der der Fußgänger auf die Fahrbahn gelaufen ist, spielt eine wichtige Rolle bei den weiteren Ermittlungen und kann in einem späteren Gerichtsverfahren entscheidenden Einfluss auf eine mögliche Verurteilung und das Strafmaß haben. Wenn ein Fußgänger von rechts auf die Fahrbahn läuft und dabei vielleicht sogar zwischen parkenden Autos am Straßenrand hervortritt, ist der Weg zum Fahrzeug viel kürzer, als wenn er vom Fahrer aus gesehen von links kommt und erst einmal die Gegenspur in ihrer ganzen Breite überqueren muss. Umso mehr Zeit bleibt natürlich auch dem Fahrer, seinen Wagen abzubremsen. Allerdings führt überhöhte Geschwindigkeit oder Alkohol oft dazu, dass der Fahrer trotzdem zu spät reagiert.
All diese Überlegungen spielen bei der Begutachtungvon Fußgänger-Pkw-Kollisionen mit tödlichem Ausgang und der Urteilsfindung vor Gericht eine entscheidende Rolle. Und die Rechtsmedizin liefert die wissenschaftlichen Beweise, ob das eine oder andere Szenario ausgeschlossen werden kann.
Wichtig ist neben der Untersuchung der Oberbekleidung auch die Untersuchung der Schuhe bzw. der Schuhsohlen des Unfallopfers. Wird ein Fußgänger auf der Straße von einem Fahrzeug erfasst, kann es zum Abrieb der Schuhsohle(n) auf der Fahrbahn kommen. Schuhsohlenabrieb sind Materialbeschädigungen (Schürfungen oder Riefen) an der Sohlenunterseite. Diese entstehen, weil die Schuhsohle beim gehenden oder stehenden Fußgänger zum Zeitpunkt der Kollision den stärksten Bodenkontakt hat und das Körpergewicht sozusagen darauf ruht. Ein solcher Schuhsohlenabrieb ist unter vielen Aspekten für die Rekonstruktion des Unfallgeschehens wichtig:
a) Ist Schuhsohlenabrieb vorhanden, steht zunächst schon einmal fest, dass der Fußgänger nicht liegend, sondern in aufrechter Position vom Fahrzeug erfasst wurde.
b) Abrieb an beiden Schuhsohlen bedeutet, dass die Person beim Aufprall auf beiden Beinen stand, sich also nicht fortbewegte. Ist die Person dagegen gegangen oder gelaufen, findet man den Abrieb nur an einer Schuhsohle, da beim Gehen und Laufen naturgemäß immer nur ein Fuß vollständigen Bodenkontakt hat.
c) Folgt der Schuhsohlenabrieb der Längsrichtung, heißt das, dass der Fußgänger in aufrechter Position von vorn oder von hinten vom
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