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Dem Vaterland zuliebe

Dem Vaterland zuliebe

Titel: Dem Vaterland zuliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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nicht dabei zu sein. Er war ausgeschlossen, gehörte nicht dazu. Er hörte Schritte und hastig gewechselte Worte, als der Seesoldat an der Tür abgelöst wurde. Das war seine Welt, doch seit dem Verlust der
Anemone
war sie ihm verschlossen.
    Eine Tür öffnete sich irgendwo, und Ozzard war deutlich zu hören. Eine zweite Laterne warf Licht in die Kajüte, und er sah jemand Kleines, ungekämmt und barfuß. Vorsichtig bewegte sich die Gestalt die Schräge des Decks entlang und hielt ein Tablett wie etwas höchst Kostbares ganz fest in den Händen.
    Adam stützte sich auf den Ellenbogen auf und nahm die Blende vor der Laterne weg. »Ich weiß, Junge, du bist John Whitmarsh. Man hat mir gesagt, was dir passiert ist!«
    Der Junge starrte ihn an, schien gar Angst zu haben, war aber vielleicht nur erschrocken, daß dort ein Kapitän lag wie ein ganz normaler verwundeter Matrose.
    »Ja, Sir. Ich bin's. Mr. Ozzard sagte mir, daß ich zu Ihnen gehen soll. Ich habe Wein gebracht. Er hat gesagt, der gehörte einer Dame, aber ich hab nicht verstanden, was er meinte, Sir!«
    Adam ergriff ihn am Arm. Was für ein spindeldürres Bürschchen. Den hatte sicherlich ein Verwandter »freiwillig« gemeldet, weil ihm der Unterhalt zu teuer war.
    »Du hast überlebt, als so viele gefallen sind, John Whitmarsh.« Er versuchte zu lächeln. »Oder sich ergeben haben!«
    »Ich hab's versucht, Sir.« Er erklärte sich nicht weiter.
    »Kommen Sie wieder auf die Beine, Sir?«
    Adam nickte. »Wenn ich wieder ein Schiff habe. Dann werde ich wieder der Alte sein!«
    Er merkte plötzlich, daß der Junge ihn mit riesengroßen Augen anschaute. Und dann fiel ihm ein, daß der Junge ja nichts mehr auf der Welt besaß. Selbst seinen besten Freund hatte er verloren.
    »Würdest du gern Steward bei mir sein, wenn ich ein neues Kommando übernehme? Hättest du Lust dazu?«
    fragte er.
    Der Junge nickte und begann leise zu schluchzen.
    »Ich war stolz drauf, Sir!«
    »Kannst du lesen?«
    »Nein, Sir, aber ich kann's lernen!«
    Adam lächelte. »Ich werde es dir beibringen. Wer weiß, vielleicht wirst du ja selber mal Offizier. Ich werde dann sehr stolz auf dich sein!«
    »Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll, Sir!«
    Adam probierte den Wein. Er kam von Lady Catherine. Ozzard würde das alles verstehen. Dieser armselige Zwölfjährige nahm wahrscheinlich an, daß Adam ihm so etwas wie eine Rettungsleine zuwarf, und würde sicher nicht ahnen, daß er hingegen die Rettung für Adam war.
    Die Aufregung, neue Gefühle und jetzt der Wein machten Adam müde.
    Er sagte: »Wenn es uns mal schlecht geht, John, dann können wir uns mit den Gedanken an alte Schiffe und verlorene Freunde wieder aufrichten.« Sein Blick wurde im flackernden Licht etwas härter. »Oder mit den Gedanken an alte Feinde, wenn du willst!«
    Der Junge sah ihn an, bis er eingeschlafen war, und rollte sich ganz in seiner Nähe zusammen. Keine Furcht mehr, keine Not
. Jetzt war er endlich jemand.

Eines Schiffes Stärke
    Bolitho trat an das Heckfenster der großen Kajüte. Die Gischt klebte am dicken Glas. Wo sie festgetrocknet war, erinnerte sie in diesem südwestlichen Wind an Eisränder.
    Kapitän James Tyacke folgte ihm mit seinen Blicken, versuchte Bolithos Stimmung zu ergründen. Doch seine größte Aufmerksamkeit galt den Geräuschen des Windes im Rigg. Er war für dieses Schiff verantwortlich.
    »Sie glauben immer noch, ich mache einen Fehler, James?«
    »Das Wetter macht mir mehr Sorgen, Sir. York meint, es wird sich noch ein paar Tage so halten, aber ich weiß nicht recht. Wenn der Konvoi auf dem Weg nach Halifax auf schweres Wetter trifft, wird er auseinandergetrieben. Und das heißt, er hat den Begleitschutz nicht mehr, den die Herren der Admiralität für ihn ausersehen haben – was immer das sein mag.« Er unterdrückte die Verachtung in seinen Worten nicht. »All die Männer, die Pferde, die Kanonen. Das wäre wie im Schlachthaus.«
    Bolitho trat an die Karte auf seinem Tisch. Es war erst Mittag, aber düster genug wie beim Sonnenuntergang.
    Er versuchte, sich die ausgedünnte Reihe seiner Schiffe entlang des fünfundvierzigsten Breitengrads vorzustellen. Die
Valkyrie
würde sie führen. Das übrige Gebiet bliebe ungeschützt. Beers
Unity
lag in Boston. Die
Baltimore,
eine der anderen neuen amerikanischen Fregatten, war in der Delaware Bucht gesichtet worden – vielleicht in Erwartung der Rettungsaktion? Das schien wenig wahrscheinlich, obwohl der Erste Offizier der
Zest
ein

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