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Dem Vaterland zuliebe

Dem Vaterland zuliebe

Titel: Dem Vaterland zuliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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lächelte. Ein erfahrener alter Seemann, der ihn selber vor Jahrzehnten mal in die Geheimnisse von stehendem und laufendem Gut eingeweiht hatte, hatte dafür die richtige Erklärung abgegeben: »Es kommt darauf an, meine Herren, daß alle Teile gleich belastet sind. Das ist das Geheimnis der Kraft.« Dieser Satz beschrieb Tyacke besser als jeder andere.
    An der Luvseite des Achterdecks hielt George Avery sich an einer Stag fest und schaute auf die unendliche Weite zu beiden Seiten des Schiffes. Man konnte sich kaum vorstellen, daß hier Gefahren lauerten. Doch dann zeigte York einem die Karten und die Tabellen, die Tiden erklärten und auf Tiefen und Meeresströmungen hinwiesen. Land lag jenseits der Sichtweite auch des besten und höchsten Ausgucks. Nur die Toppsegel ihrer beiden Begleiter waren an der Kimm zu sehen wie weiße Nebelflecken.
    Er dachte an die Briefe, die er Allday vorgelesen oder für ihn geschrieben hatte. Kleine Szenen aus dem englischen Landleben, Anmerkungen, die er nicht verstand – aber er sah das Vergnügen, das sie Allday bereiteten. Bolitho hatte Konteradmiral Keen nach dem letzten Brief von Lady Catherine Somervell wieder erwähnt. Er dachte darüber sehr viel nach, war ein bißchen verwirrt über den Handschuh, der offensichtlich Adam sehr viel bedeutete. Er war das einzige, was Adam Bolitho in die Gefangenschaft hinübergerettet hatte. Was bedeutete einem Ehre, wenn es um Liebe ging, wie heimlich sie auch immer war?
    »Mehr haben Sie nicht zu tun?«
    Scarlett wiegte sich in den Knien, als die
Indomitable
durch jede anrollende See stampfte.
    Ganz ruhig antwortete Avery: »Ich habe genug zu tun. Ich möchte darüber nicht diskutieren und auch nicht beleidigt werden!«
    Er hätte auch nicht zu antworten brauchen. »Natürlich nicht. Sie müssen sich ja keine Mühe geben, um befördert zu werden. Nicht so wie wir. Vorrechte, Sie kennen ja jeden, das ist
Ihre
Marine, Sir, aber nicht meine!«
    »Halten Sie den Mund, verdammt noch mal! Die Wache hört zu!«
    »Und das paßt Ihnen wohl nicht, oder? Ein Bolitho kriegt sofort ein neues Kommando, und ich vermute, Sie sind der nächste!«
    »Ich verbitte mir das.« Er drehte sich um, wollte ihn stehenlassen, aber Scarlett hielt ihn eisern fest.
    Sehr leise sagte Avery: »Nehmen Sie Ihre Hände weg,
Mister
Scarlett oder…«
    »Oder was?«
    »Provozieren Sie mich nicht, Sir. Meinetwegen können Sie jedes Kommando haben. Aber ich glaube nicht«, er sah wie Scarlett unter seinem festen Blick zuckte, »daß Sie irgendein Schiff selbständig führen können.«
    »Der Kapitän kommt, Sir!« meldete ein Midshipman.
    Aber er schaute zu Boden, als Scarlett ihn ansah.
    »Halten Sie Ihren Mund, Mr. Essex. Oder Sie steigen in den Masttopp und bleiben notfalls die ganze Nacht oben!«
    Er drehte sich zu Avery zurück. Als der später in seiner Kabine über Scarlett nachdachte, hatte er das Gefühl, einen völlig anderen Menschen vor sich zu haben. Scarlett erschien ihm wie ein Fremder, obwohl sie sich seit Plymouth Tag für Tag in der gleichen Messe getroffen hatten.
    Etwa in zwei Tagen könnte es zum Kampf kommen, hatte Master York vorausgesagt. Und wenn Tyacke fiel? Er dachte zurück an die Unsicherheit in Scarletts Augen. Irgend etwas zerriß den Mann innerlich. Alkohol, Frauen, Geld? Gewöhnlich traf eines dieser Themen zu. Aber wenn auf dem Achterdeck eines königlichen Schiffes ein Verrückter das Kommando übernahm – wessen Schuld war es dann?
    Er dachte an Bolitho, der unten in seiner Kajüte Catherines Briefe las oder die Sonette von Shakespeare, die sie ihm ledergebunden geschenkt hatte. Auf den Mann mußten sich alle verlassen, und er konnte sich auch nur auf sie verlassen.
Auf uns.
    Leutnant Laroche hatte die Nachmittagswache und beobachtete Scarlett sehr aufmerksam, als er den Kapitän verließ.
    »Ah, Jeremy, es ist Ihre Wache! Heute nachmittag werden wir die Kanonen an Luv exerzieren lassen. Nachher in der Hundewache könnten wir ja ein Spielchen machen. Ich mag Leute nicht, die nicht spielen wollen. Die sind meistens die Verlierer.«
    Avery sah, wie Laroche dem Ersten Offizier überrascht und erstaunt hinterher blickte.
    Dann kletterte Avery den Niedergang hinunter.
Also das war es!
    Yovell legte ein neues Blatt auf den Tisch und wartete auf Bolithos Unterschrift.
    »Das war's erst mal,« sagte Bolitho. »Ich nehme aber an, Sie bekommen noch einiges mehr in meinem Auftrag zu schreiben!«
    Yovell schaute ihn über den goldenen Rand seiner Brille

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