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Dem Vaterland zuliebe

Dem Vaterland zuliebe

Titel: Dem Vaterland zuliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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reagiert. Tyacke berichtete Bolitho später, was Avery gesagt haben sollte, etwas, das Bolitho sich gut vorstellen konnte. »Ach, fahren Sie doch zur Hölle!«
    Harte Arbeit, unmögliche Winde und die sengende Hitze hatten allen zugesetzt. Männer, die an Blockaden im Kanal und auf der Nordsee gewöhnt waren, haßten es, immer wieder gedrillt zu werden. Und die neuen Leute machten Fehler, die ihnen Verachtung und Spott einbrachten.
    Er schloß die Augen, doch er konnte nicht schlafen.
    Bald würde es dämmern, Land würde in Sicht sein, jedenfalls von oben vom Mast aus, und viele an Bord, die England noch nie verlassen hatten, würden neugierig und aufgeregt sein.
    Er dachte an den Traum, der ihn verfolgte, seit
Blythes Barke
geentert worden war. Er wußte nicht, wie oft der Traum seitdem wiedergekommen war. Immer derselbe, und er wußte ganz genau, daß eben dieser Traum ihn vor wenigen Minuten aufgeweckt hatte. Sein Herz schlug deutlich, was selten genug vorkam, es sei denn, die Träume waren Alpträume. Wie der, in dem man Catherine von ihm wegzerrte, nackt und mit wehendem Haar und voller Angst. In solchen Träumen rief er ihren Namen und wachte dann erschrocken auf.
    Dieser Traum war ganz anders. Es war immer dasselbe Bild: die engen Wasser der Carrick Roads vor Falmouth. Der schmuddelige Hügel von Pendennis Castle lag an Steuerbord des Schiffs, das eine Admiralsflagge führte – seine eigene. Daran gab es keinen Zweifel. Um ihn herum lag das Geschwader bereit, ankerauf zu gehen oder die Anker kurzstags zu holen, um Falmouth bald zu verlassen, so wie er es oft genug getan hatte.
    Ohne es zu wissen, stieg er aus seiner Koje, seine nackten Füße spürten das kühle, geneigte Deck. Was er erkannte, ließ ihn plötzlich frieren, obwohl er wußte, daß seine Kajüte so heiß und feucht wie immer war.
    Die Schiffe seines Geschwaders waren alle seine eigenen.
Undine, Sparrow
und
Phalarope, Black Prince
und
Hyperion.
Selbst der Toppsegelkutter
Avenger,
auf dem er unter seinem Bruder Hugh gedient hatte, lag dort.
    Diese Vorstellung zerrte an seinen Nerven. Er wußte, daß der Traum wiederkehren würde. Was bedeutete er? Was hatte all die vertrauten Schiffe nach Falmouth gebracht? Wollten sie hier eine Reise beginnen? Und auf welchem war er selber?
    Er spürte in der
Indomitable
ein Zittern an Rigg und Blöcken. Das Schiff erwachte. Die Brise frischte auf. Er hörte nackte Füße auf dem Deck über sich, kurze Befehle, die die Wachen an Brassen und Schoten schickten, um die Rahen neu zu trimmen und den Wind besser zu nutzen.
    Er sah sie vor sich: Gestalten im Dunkel, die Rudergänger, die Hände auf den Spaken, den Blick nach oben gerichtet, um schlagende Segel zu entdecken, oder den Blick auf die Bändsel in der Nähe, um die Windrichtung zu erkennen.
    Vielleicht waren die Träume in Antigua vorbei, wenn er endlich wußte, was ihn erwartete.
Die ganze Verantwortung.
Er hatte zuviel Zeit zum Brüten und Nachdenken über Alternativen gehabt, für die man ihn in der fernen Admiralität loben oder verdammen würde.
    Er fragte sich sogar, ob Avery inzwischen bedauerte, den Posten angetreten zu haben, und ob Tyacke nur aus Mitleid das Kommando übernommen hatte.
    Er fühlte, wie das Deck sich hob und durch ein Wellental glitt. Sie bewegte sich wieder. Er trat in die große Kajüte und tastete sich bis zu den großen Fenstern achtern durch. Es gelang ihm, ein kleines Fenster hochzuklappen. Es würde bald vor trocknender salziger Gischt starren. Kein Mond, doch genügend Sterne, die das Heckwasser glänzen ließen.
    Was würde er in English Harbour empfinden, wo Catherine und er sich wiedergefunden hatten?
    Er kehrte mit seinen Gedanken zu der Bark zurück. Sie hieß
La Perla
und war in Boston registriert. Er wollte nicht weiter daran denken.
Der Feind.
Ihr Kapitän hatte geleugnet, ihnen absichtlich gefolgt zu sein. Seiner Meinung nach hatte er das Recht, sich aufzuhalten, wo immer es ihm gefiel. Doch ganz offensichtlich hatten ihn die Geschwindigkeit und die Wendigkeit der
Indomitable
beeindruckt. Und genau wie andere Kapitäne auch hatte er sie für ein Linienschiff gehalten, das sie ja bis vor kurzem auch gewesen war.
    Er berührte das dicke Glas. Welche Geschichten könnte es erzählen? Wie viele Füße waren über das Deck gelaufen, welche Träume waren hier wahr geworden, welche Enttäuschungen hatte man hier erlitten?
    Er hörte Flüstern, dann öffnete sich eine Tür. Und noch ehe er den Kaffee riechen konnte, wußte

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