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Dem Vaterland zuliebe

Dem Vaterland zuliebe

Titel: Dem Vaterland zuliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Offiziersmesse betraten. Sein Vater hatte es lediglich für eine Tradition gehalten, ein Teil der geheimnisvollen Riten der Marine. Wo blieb all das, wenn die Zwischenwände verschwunden und die Decks vom Heck bis zum Bug frei waren? Wo blieb im Lärm der Schlachten Platz für solche Überlieferungen?
    »Wenn dir danach ist, komm nach achtern und trink mit Kapitän Tyacke und mir einen Schluck, einen Tropfen Nasses, wie du wohl sagen würdest!«
    Allday grinste und dachte an den neuen Bootssteuerer des Kapitäns, Eli Fairbrother. Auf den Tag, da man ihn auf einen Tropfen Nasses einlädt, wird der noch lange warten.
    Bolitho sah den Ersten Offizier ganz in der Nähe warten.
    »Wie kann ich Ihnen helfen, Mr. Scarlett?«
    Scarlett stotterte fast: »Heute abend, Sir Richard …«
    »Wir haben die Einladung nicht vergessen. Und ich denke, wir sollten alle Kommandanten an Bord bitten und bewirten, sobald die
Anemone
eingelaufen ist. Es ist immer wichtig, die Männer gut zu kennen, die die Schiffe kommandieren, auf die man sich verlassen muß!«
    Scarlett bewegten ganz andere Gedanken. »Heute mittag wurde ein Segel gesichtet, Sir Richard!«
    Bolitho dachte wieder daran, wie damals die
Hyperion
angekommen war – im Schneckentempo, wie Catherine immer wieder berichtete. Für den Neuankömmling gab es heute sogar noch weniger Wind als damals.
    Scarlett sah auf den hängenden Wimpel im Mast.
    »Der Ausguck der Armee auf Monk's Hill meldet, daß es der Schoner
Kelpie
sein könnte. Er wird offenbar erwartet.« Er spürte Bolithos Frage. »Ein Postschiff, Sir Richard, von den Bermudas.« Ein seltsamer Ausdruck, so etwas wie Trauer, huschte über sein Gesicht. »Davor von England!«
    Bolitho sah sich um. Vielleicht wieder ein Brief von Catherine? Vielleicht neue Befehle von der Admiralität?
    Bethune hatte vielleicht seine Meinung geändert oder sie auf Befehl ändern müssen. Er kannte die Zweifel selber. Seine Mission war gefährlich, verlangte viel Fingerspitzengefühl. Die Amerikaner könnten zu einem Krieg provoziert oder von einem offenen Konflikt abgehalten werden. Doch einfach nur still zu sitzen und zu hoffen, die mögliche Auseinandersetzung würde sich eventuell in Wohlgefallen auflösen – das war sicher ganz falsch.
    »Wir werden also sehen!« sagte er.
    Scarlett sah ihm nach, als er in seine Kajüte ging.
    Leutnant George Avery nickte dem Posten der Seesoldaten zu und wartete, daß Ozzard ihm die Tür öffnete.
    Die große Kajüte war nur von zwei Laternen erhellt.
    Durch die großen Glasfenster im Heck konnte er an Land vereinzelte Lichter erkennen und auf dem leicht bewegten Wasser die silberne Spiegelung des Mondes.
    Er sah seinen Admiral auf der Bank sitzen, seine goldbesetzte schwere Uniformjacke hing über Ozzards Arm.
    Sein Hemd war aufgeknöpft, und er trank ein großes Glas Rheinwein.
    »Nehmen Sie Platz!« sagte Bolitho. Allday wollte sich vor dem Offizier erheben, aber er blieb sitzen, als Avery den Kopf schüttelte. Zu Bolitho gewandt, sagte er: »Halten wir es wie damals in Freetown, Sir Richard. Heute nacht gibt es hier keine Offiziere, nur Seeleute.«
    Bolitho lächelte. Avery sprach mehr als sonst. Aber zum Dinner in der Messe war viel Wein getrunken worden. Es gab so viel zu essen, daß es bei der Hitze und der unbewegten Luft unter Deck fast ein Wunder war, daß niemand zusammenbrach.
    Nach den ersten, etwas steifen Förmlichkeiten zwischen den zumeist noch jungen Offizieren, ihrem Admiral und dem beeindruckenden Kapitän, war es entspannt zugegangen.
    Normalerweise kam das Fleisch aus den Fässern schon beinhart zum Koch. Doch heute hatte es eine angenehme Überraschung gegeben: frisches gebratenes Schweinefleisch in Hülle und Fülle. Der Kommandant der Werft hielt sich auf der Insel Schweine und hatte ihnen das Fleisch aus seiner eigenen Speisekammer angeboten.
    Außer den vier Offizieren und den beiden Offizieren der Seesoldaten gehörten zur Messe auch die Spezialisten an Bord. Isaac York, als Master für die Navigation verantwortlich, schien aus einem bodenlosen Faß jede Menge Stories über fremde Häfen zu schöpfen. Kein Wunder, denn er war schon mit acht Jahren zur See gegangen. Zum ersten Mal unterhielt sich Bolitho auch ausführlich mit dem Schiffschirurgen Philip Beauclerk. Er war noch sehr jung und hatte die hellsten Augen, die Bolitho je gesehen hatte. Sie waren fast durchsichtig wie Glasperlen, die die See geglättet hatte. Er war ein stiller Mann mit guten Manieren, erinnerte in

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