Dem Winde versprochen
Eifersucht, von dem sie sich gern befreit hätte. Plötzlich war sie niedergeschlagen.
Ihre Blick traf auf den von William Traver. Er sah sie so eindringlich an, dass ihr Blut in Wallung geriet und sie ganz rote Wangen bekam. Sie lächelte scheu und wich seinem Blick aus. Jemand kam auf Traver zu, und Béatrice nutzte die Gelegenheit, sich ein wenig Luft zuzufächern. Sie hätte nie gedacht, dass sie in ihrem Alter, wo sie schon glaubte, als alte Jungfer zu enden, ein Mann noch begehren, geschweige denn lieben könne. Das Leben
gab ihr noch eine Chance mit William Traver, und die Bedenken ihres Cousins waren ihr herzlich egal.
Dann blickte sie hinüber zu Pierre Désoite. Sie wusste nicht, ob die Kühnheit auf das Hochgefühl zurückging, das Traver in ihr erweckte, oder auf die Gewissheit, die sich nach mehreren Tagen Grübelns eingestellt hatte. Jedenfalls ging sie auf Désoite zu und nannte ihn bei seinem wahren Namen.
»Louis Charles«, flüsterte sie kaum hörbar.
Wie der Blitz fuhr er herum.
»Louis Charles«, wiederholte Béatrice, und ihre Augen wurden feucht.
Der junge Mann sah sie ernst an. In seinen Augen lag kein Erstaunen, sondern Misstrauen. Béatrice schloss ihren Fächer, warf ihm einen vielsagenden Blick zu und trat hinaus. Désoite zögerte einen Moment, dann folgte er ihr. Vom anderen Ende des Hofs aus verfolgte William Traver die Begegnung aufmerksam.
Da Blackraven niemanden liebte oder hasste, sondern die Leute immer danach beurteilte, ob sie nützlich für ihn waren oder nicht, fühlte er sich unwohl mit dem Groll, den er für Bruno Covarrubias hegte. Am liebsten hätte er mit einem Faustschlag das Lächeln aus seinem Gesicht verbannt. Den ganzen Nachmittag hatte er Melody bereits umschwärmt. Wäre er nicht so wütend gewesen, hätte er gebrüllt vor Lachen, wenn er daran dachte, wie Covarrubias der Schlag getroffen hatte, als er Melody im Salon entdeckte.
Doch im Moment konnte er gar nichts witzig finden, denn Covarrubias hatte sich gleich bei den ersten Klängen auf Melody gestürzt und sie in die Mitte des Salons geführt, um ein Menuett zu tanzen. Jemand umfasste Roger von hinten in vertrauter Manier. Er drehte sich um, und Bernabela stand vor ihm.
»Wollen Sie mich nicht zum Tanzen auffordern, Exzellenz?«
»Mit Vergnügen, Doña Bela.«
Er bemerkte, dass Melody sie beobachtete, und neigte sich lachend zu seiner Begleiterin. Bela, der Blackravens Absicht nicht verborgen geblieben war, sagte: »Ich glaube, Miss Melody ist wütend auf mich.« Roger hob eine Augenbraue. »Obwohl ich nicht weiß, warum. Ich habe sie nur gefragt, für wie viele Sklaven sie von dem Schmuck, den du ihr geschenkt hast, die Freiheit erkaufen könnte.«
»Bela, ich warne dich! Lass sie in Ruhe.«
»Warum sollte ich?«, sagte sie schnippisch. »Sie hat mir das genommen, was ich am meisten liebe auf der Welt.«
»Du weißt nicht, was du sagst.«
»Selbstverständlich weiß ich das. Ich werde nicht zulassen, dass so eine dahergelaufene Göre mir meinen Mann wegnimmt.«
»Nicht so laut!«
»Was weißt du von ihr, Roger? Du weißt nichts über ihre Vergangenheit. Sie könnte eine Verbrecherin sein. Ich spüre, dass etwas mit ihr nicht stimmt.«
Blackraven wirkte äußerlich ganz ruhig, doch ein leichtes Beben der Nasenflügel verriet, dass sie besser aufhören sollte, mit dem Feuer zu spielen.
Melody hatte auf dem Fest viel mitmachen müssen: die schrägen Blicke, das Getuschel, die brüsk zusammengeklappten Fächer, die spitzen Bemerkungen und die Geringschätzung. Doch am schlimmsten war für sie, mit ansehen zu müssen, wie Roger und Doña Bela tanzten. Sie fragte sich, worüber sie wohl sprachen. Sie war aufgebracht und dementsprechend abgelenkt; sie hatte die Tanzschritte vergessen und war dem armen Bruno schon dreimal auf die Füße getreten.
»Miss Melody, darf ich Ihnen eine Frage stellen?«, sagte Covarrubias.
»Ja, Bruno, fragen Sie nur.«
»Stimmt das mit der Verlobung von Ihnen und Mister Blackraven?«
»Ja, das stimmt.«
Covarrubias drückte ihre Hand, so fest, dass es schmerzte.
»Wie ist das möglich, Miss Melody! Sie und Blackraven? Er hat Sie nicht verdient. Sie sind viel zu gut für diesen Schürzenjäger. Wissen Sie, mit wie vielen der heute hier anwesenden Damen er bereits eine Affäre hatte? Mit mehr als einer, das kann ich Ihnen versichern.«
Melody versuchte sich zu lösen, doch Covarrubias hielt ihre Hand fest und führte sie weiter durch den Salon.
»Sie sind ein
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