Dem Winde versprochen
Gaspar de Santa Coloma überrascht und mit einem gewissen Unbehagen, denn sein Freund Martín wollte nicht, dass die Sache an die Öffentlichkeit drang.
»Hoffentlich fassen sie den Schuldigen«, sagte Blackraven, und die anderen nickten.
»Auf jeden Fall ersucht Señor de Álzaga Eure Exzellenz, ihn in Ihrem Haus in der San José zu empfangen, wenn Sie in der Stadt sind«, sagte Juan Larrea.
»Oh, ich hatte vor, morgen in die Stadt zu fahren. Ich werde Señor Álzaga selbst aufsuchen, wenn ihm das nicht ungelegen kommt.«
»Aber natürlich nicht!«, versicherte Santa Coloma, und seine Begeisterung war darauf zurückzuführen, dass bei jedem Geschäft, bei dem sein Freund Álzaga die Finger im Spiel hatte, auch immer ein Teil in seiner Tasche landete.
Verstimmt sah Melody, wie sie sich entfernten. Dieser Martín de Álzaga gefiel ihr nicht, mehr noch, sie verachtete ihn. Er hatte sein Vermögen, das einige für unermesslich hielten, mit Schmuggel und Sklavenhandel gemacht. Er galt als Mann mit einem eisernen Willen, einer raschen Auffassungsgabe und klaren Zielen, die er skrupellos verfolgte. Vor einiger Zeit hatte Papá Justicia ihr erzählt,
El Joaquín
, ein Sklavenschiff, das Álzaga gehörte, sei von Mozambique aus mit dreihundert Schwarzen Richtung Río de
la Plata aufgebrochen. Als das Schiff in Montevideo anlegte, waren nur noch dreißig übrig. Die Gesundheitsbehörde unter der Leitung von Juan Cayetano Molina stellte mit Unterstützung von Gouverneur Ruiz Huidobro das Schiff unter Quarantäne, bis eine Seuche ausgeschlossen war. Álzaga, der um die Freigabe des Schiffes und seiner Ladung kämpfte, führte an, die Schwarzen seien nicht an einer Seuche gestorben, sondern verdurstet. Melody erschreckte es, wie leichtfertig der Händler dies zugab. Es kam häufig vor, dass das Trinkwasser auf den Schiffen rationiert wurde, denn in den Häfen Afrikas wurden immer weniger Fässer mit Süßwasser geladen, damit man mehr Platz für die Schmuggelware hatte. Sie wollte nicht, dass Roger mit Álzaga Geschäfte machte, denn sein Geld war vom Blut der Afrikaner befleckt.
Mit Hilfe von Trinaghanta entledigte sich Melody ihres Kleides. Trotz des Leibchens zeichneten sich die Spuren der Schnüre des Korsetts auf ihrer Haut ab. Sie betrachtete im Spiegel das Collier aus perfekt geschliffenen Brillanten und Saphiren und fühlte sich schön. Doña Bela hatte sie gefragt, wie vielen Sklaven sie damit wohl die Freiheit kaufen konnte. Sie drückte die Steine in ihrer Hand und war von sich enttäuscht, denn plötzlich wurde ihr bewusst, dass sie Rogers Geschenk nicht weggeben konnte, nicht einmal für diejenigen, die ihr so sehr am Herzen lagen.
Es war eine warme Nacht, und so hatte sie nichts dagegen, dass Trinaghanta ihr bei einem Bad zur Hand ging. Sie fühlte sich wohl in Gegenwart der exotischen Dienerin. Es machte ihr weder etwas aus, dass sie sie nackt sah, noch dass sie sie wie eine Prinzessin behandelte. Sie tat das ganz selbstverständlich. Zwischen ihnen war eine Art stillschweigende Übereinkunft entstanden, und es war kaum zu glauben, dass sie sich erst seit ein paar Wochen kannten.
Vor dem Spiegel sitzend, von dem Bad wohlig entspannt, ließ Melody ihr Haar flechten. Sie schloss die Augen, ein wenig
schläfrig von der Bewegung von Trinaghantas Händen und der Erschöpfung des Tages.
Die letzten Gäste, die Gebrüder Rodríguez Peña, waren gegen neun gegangen, gefährlich spät, um noch den Weg zurück in die Stadt zu wagen. Blackraven hatte ihnen Zimmer angeboten, doch sie hatten darauf bestanden, zu fahren. Sie waren der Meinung, es bestünde keinerlei Gefahr. Melody war froh, als sich die Tür hinter ihnen schloss. Es wäre ihr lieber gewesen, wenn Béatrice die Rolle der Gastgeberin übernommen hätte, sie und Señorita Leonilda waren so unerfahren in diesen Dingen.
»Und meine Cousine, Señora Béatrice?«, hatte Blackraven Trinaghanta gefragt, als die Gebrüder Rodríguez Peña weg waren. Doch die Sklavin wusste nicht, wo Béatrice sich aufhielt. »Such sie! Sag ihr, ich will sie in meinem Arbeitszimmer sehen!« Dann wandte er sich an Somar: »Vergewissere dich, ob alles in Ordnung ist, und geh dann schlafen.«
Melody trat auf den Balkon hinaus. Sie hörte immer noch Trinaghanta im Zimmer, die die Kleider einsammelte und den Frisiertisch leise herrichtete, damit Jimmy nicht aufwachte. Sie öffnete den Morgenrock, streckte die Arme aus und atmete tief durch. Eine leichte Brise war aufgekommen,
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