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Dem Winde versprochen

Dem Winde versprochen

Titel: Dem Winde versprochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florencia Bonelli
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Trinaghanta boten sich an, sich um Polina und das Baby zu kümmern. Melody ging in den hinteren Hof hinaus, um ein wenig Luft zu schnappen. Dort hatten sich die Sklaven um Papá Justicia versammelt, der seinen Heilerstab durch die Luft schwang und in einer seltsamen Sprache betete. In der anderen Hand hielt er eine Stoffpuppe, die in ein Stück von Polinas Schal gehüllt war, der am Ufer liegengeblieben war.
    Es war nicht das erste Mal, das Melody diesen seltsamen Riten beiwohnte. Sie waren verboten, genau wie der Candombe, ihr Tanz, den sie aus Afrika mitgebracht hatten, und sie fragte sich, wie Blackraven wohl reagieren würde, wenn er sie dabei erwischte. Der Katholizismus war ihm zwar nicht fremd, doch im Grunde seines Herzens war er eher ein ungläubiger Mensch. Melody ging davon aus, dass er die Sklaven in Frieden ihre Rituale abhalten ließe. Sie stand da, starrte auf den Boden und dachte darüber nach, ob sie, wenn sie geraubt und gezwungen würde, einen anderen Glauben anzunehmen, sich immer noch als Christin fühlen würde.
    Nach der Zeremonie scharten sich die Sklaven um Papá Justicia und suchten Rat oder baten ihn darum, ihn berühren zu dürfen. Der Heiler hörte ihnen geduldig zu und richtete ein
paar Worte an sie, bevor er sie entließ. Einer nach dem anderen kehrten die Schwarzen in die Baracke zurück. Papá Justicia und Melody sahen sich an.
    »Papá Justicia.«
    Der alte Mann küsste sie auf die Stirn.
    »Mein liebes Kind.«
    »Wie gut, dass du heute gekommen bist! Willst du Polina sehen?«
    »Nein, der Heiler mit dem Feuerkopf hat bereits alles für sie und den Kleinen getan. Jetzt liegt alles in der Hand Gottes und der Jungfrau«, sagte er, als sei er ein frommer Katholik.
    »Da war so viel Blut«, schluchzte Melody.
    »Polina hat viel gelitten, ja. Aber dank dir hat sie einer der besten Ärzte der Stadt behandelt.«
    »Dank Mister Blackraven«, korrigierte ihn Melody.
    »Er hat das getan, weil du ihn darum gebeten hast.«
    »Er hätte das auch getan, wenn ich ihn nicht darum gebeten hätte. Roger«, sagte sie und fiel plötzlich in einen vertrauten Umgangston, »ist ein großherziger Mensch.«
    »Klar, deshalb hat er dein Herz gewonnen, das aus purem Gold ist.«
    »Ich will nicht, dass Polina zu ihrem Herrn zurück muss, Papá Justicia. Er ist ein schlechter Mensch.«
    »Melody, du kannst nicht alle Sklaven der Stadt retten. Polina muss zurück, wenn sie überlebt.«
    »Ich werde Roger bitten, sie zu kaufen.«
    »Der Herr Roger war immer mehr als gut zu dir und er hat dir geholfen, viele der meinen zu retten. Aber er kann sich nicht den Hass der Bevölkerung zuziehen, mein Kind. Das musst du verstehen. Er hat hier wichtige Angelegenheiten zu erledigen und kann nicht die ganze Stadt gegen sich aufbringen.«
    »Was für Angelegenheiten Papá? Mit Señor Álzaga?«
    »Ich weiß nichts darüber, mein Kind! Ich weiß nur, dass Herr
Roger sehr wichtig ist, und Männer wie er haben immer Wichtiges zu tun.«
     
    Redhead fiel das aristokratische Aussehen der Frau auf, die ihn in den Salon führte. Sie hatte einen französischen Akzent, und auch das helle Haar war sehr ungewöhnlich für Buenos Aires. Kaum hatten sie den Raum betreten, kam Blackraven auch schon auf sie zu. Er hatte zwar ein anderes Hemd angezogen und die wilde schwarze Mähne gekämmt, doch er sah mitgenommen aus.
    »Brauchst du etwas, Roger?«
    »Nein, danke.« Béatrice verneigte sich kurz und verließ den Raum. »Bitte, Samuel, nimm doch Platz. Dein Essen steht bereit. Ich habe eines der Gästezimmer für dich herrichten lassen. Du kannst über Nacht hierbleiben, morgen bringe ich dich zurück in die Stadt.«
    »Ich bleibe gerne hier, werde aber im Zimmer der Patientin schlafen. Ich fürchte, sie wird die Nacht nicht überstehen.«
    Blackraven nickte traurig. Sie setzten sich an den Tisch.
    »Und der Kleine?«
    »Wahrscheinlich wird er seiner Mutter folgen.«
    Trotz seiner Erschöpfung hatte Redhead Hunger wie ein Bär und nahm genüsslich die Tortilla und die beiden Rebhühner in Augenschein, die wunderbar nach Rosmarin dufteten. Es überraschte ihn nicht, eine Flasche Bordeaux auf dem Tisch zu sehen. Der Graf von Stoneville kredenzte stets die besten Tropfen. Seit Jahren schon kannte er diesen exzentrischen englischen Aristokraten, und seine Gesellschaft war stets anregend. In der Vergangenheit waren sie gelegentlich aneinandergeraten, doch jetzt pflegten sie einen freundschaftlichen Umgang. Sie waren keine engen Freunde, aber sie

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