Dem Winde versprochen
befanden sich zwischen Fleischmarkt und Fort. Gemüse und Obst wurde gegenüber von Kneipen verkauft, und die Verkäufer von Eiern und Geflügel hatten ihre Stände in einer geraden Linie von Nord nach Süd.
Keine anständige Frau wagte es, die Recova zu betreten. Deshalb schimpfte Béatrice über Melodys Einfall, den Händlern einen Besuch abzustatten. Sie klagte über den Schlamm in den Straßen, die Gerüche, den Abfall, den Lärm, die Hunde, die Fliegen, und vor allem über die Sklaven, die, als sie den Schwarzen
Engel erkannten, ihnen in Schwärmen nachliefen. Geduldig blieb Melody stehen, hörte sie an, kaufte ihnen ihre handgearbeiteten Sachen oder ihre Zuckerwaren ab, schenkte ihnen ein paar liebevolle oder tröstende Worte und dann verabschiedete sie sich. Sie kaufte Pfirsiche – Trinaghanta hatte ihr versichert, das sei Blackravens Lieblingsobst –, Feigen und Süßkartoffeln, um sie für Jimmy und Víctor einzukochen.
Als sie das stille, kühle Haus in der Calle San José betraten, atmete Melody auf. Sie bat Somar, die Pakete in ihr Zimmer zu bringen, und ging in die Küche, um etwas zu essen. Béatrice aß bei Marica Thompson und wurde erst am Nachmittag zurückerwartet.
In der Küche traf sie auf die Sklavin, die Blackraven Warnes abgekauft hatte. Diese erkannte Melody sofort als den Schwarzen Engel, fiel auf die Knie, küsste ihre Hände und überhäufte sie mit Dankesworten. Melody befahl ihr aufzustehen und sagte ihr, sie solle das nie wieder tun.
»Du sollst nur vor Gott niederknien. Wie heißt du?«
»Gilberta, Señorita.«
»Bist du glücklich in diesem Haus, Gilberta?«
»Oh ja, sehr glücklich.«
»Das freut mich.«
Aus dem Inneren des Hauses hörte man ein Hämmern und das Geräusch einer Säge.
»Das ist Ovidio, mein Mann«, erklärte die Sklavin. »Er ist geschickt im Umgang mit Holz und versteht was von Stuck. Der Herr Roger hat ihn gebeten, ein paar Sachen auszubessern. Das Haus wird sehr schön werden für Sie«, sagte sie mit einer Verneigung.
»Da bin ich mir sicher. Ist Señor Blackraven im Haus?«
»Er ist mit einem Herrn im Arbeitszimmer. Ich habe ihn selbst angemeldet. Señor Álzaga.«
Die Tür stand ein wenig offen, und durch den Spalt hörte man
die Stimmen der beiden Männer. Sie sprachen über den Sklavenhandel.
»Eurer Exzellenz dürfte nicht unbekannt sein«, hob Álzaga an, »dass ich als gebürtiger Spanier gewisse Vergünstigungen genieße, die weder den Ausländern noch den in diesen Landen Geborenen gewährt werden. Ich darf nicht nur Sklaven in das Vizekönigreich einführen, sondern auch Werkzeuge und Gerätschaften für die Maschinen sowie Elfenbein, Gewürze, Ebenholz, Sagoholz und Bergkristall. Das Geschäft verspricht satten Gewinn, und ich brauche nicht zu erwähnen, dass dieser absolut sicher ist.«
»Und Sie benötigen meine Schiffe, um es betreiben zu können«, sagte Blackraven auf seine direkte Art, die Álzaga störte.
»Zweifellos wäre es sehr günstig für das Geschäft, über eine so große Flotte zu verfügen. Eure Exzellenz wird nicht bestreiten, dass der Sklavenhandel Vorteile gegenüber anderen Geschäften hat, abgesehen davon, dass wir von der Einfuhr- und Verkaufssteuer befreit sind.«
»Sie vergessen dabei, dass durch die Königliche Verordnung von 1793 festgelegt wurde, dass zu diesem Handel nur spanische Schiffe zugelassen sind.«
»Das ließe sich regeln«, wiegelte Álzaga ab.
»Wie dem auch sei, am Sklavenhandel und allem, was damit zu tun hat, bin ich nicht interessiert. Meine laufenden Geschäfte halten mich in Atem, und ich glaube nicht, dass dies ein geeigneter Zeitpunkt ist, um etwas Neues in Angriff zu nehmen.«
Álzaga hüstelte, um seine Enttäuschung zu kaschieren.
»Ihr Partner, Señor Valdez e Inclán, sagte mir, Sie wollten bald die Gerberei in Betrieb nehmen.« Blackraven nickte. »Wann wird das genau sein? Wie Eure Exzellenz wissen, würde ich gerne einen Teil Ihrer Produktion kaufen.«
»Um die Wahrheit zu sagen, ich weiß es nicht. Die Bauarbeiten sind im Rückstand. Ins Auge gefasst ist Juli dieses Jahres.«
»Soweit ich verstanden habe, ist es eine große Gerberei, bei der alle möglichen Lederwaren hergestellt werden sollen.«
»Es wird eine der größten. Wir haben mehr als hundert Ledereimer.« Álzaga hob die Augenbrauen. »Wir wollen die gegenwärtige Produktion an Sohlen und Korduanleder steigern und eine Innovation einführen: das Juchtenleder. Alles in bester Qualität, Leder wie in meinem
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