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Dem Winde versprochen

Dem Winde versprochen

Titel: Dem Winde versprochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florencia Bonelli
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gefallen. Dieses Buch hatte in den ersten Jahren der Revolution als Grundlage für den am häufigsten verwendeten Geheimcode gedient.
    Er nahm es aus der Kiste, blies den Staub ab und schlug es auf. Weil er die Botschaft auswendig kannte, machte er sich gleich an die Entschlüsselung der kryptischen Zeichen, und die Worte bekamen einen Sinn. »Bin auf heißer Spur. Glaube Madame Royale gefunden zu haben. Sie wird mich zu ihrem Bruder führen. Le Libertin.«
    »Le Libertin«, murmelte er ungläubig. Einer der ältesten und erfahrensten Spione Frankreichs, so geschickt, dass es dem englischen Geheimdienst unmöglich war, ihn zu schnappen. Er war
berühmt dafür, mit Leichtigkeit jeden Akzent nachahmen und sich perfekt verkleiden zu können. Berühmt waren unter anderem seine Auftritte als türkischer Sultan, venezianischer Kardinal und als genueser Kapitän. Die neue Rolle als schottischer Händler war ein echter Coup. Er hätte in ihm nie Verdacht erregt, wäre da nicht die Unkenntnis des Gälischen gewesen. Blackraven war ihm seit fast zehn Jahren auf den Fersen, als dieser eine Waffenlieferung für die Royalisten zunichte gemacht hatte. Es war ein Massaker mit Opfern unter den Engländern, die das Schiff befehligten, wie auch den Franzosen, die auf die Lieferung warteten. Blackraven konnte seine Haut nur wie durch ein Wunder retten und hatte sich damals geschworen, er würde Le Libertin das Handwerk legen.
    Es klopfte an der Tür. Es war Somar. Papá Justicia war eingetroffen.
    »Bring mir so schnell wie möglich O’Maley her, egal wie.«
    Blackraven drückte Papá Justicias Hand und kam sofort zum Punkt.
    »Du musst den Sklavenaufstand unbedingt aufhalten.«
    »Aber Herr Roger!«, rief Justicia überrascht aus.
    »Du musst die Anführer überzeugen, dass dies nicht der geeignete Moment dafür ist. Sie müssen die Mission abbrechen.«
    »Das wird nicht einfach sein. Was soll ich für Gründe anführen?«
    »Seit dem Angriff auf die Real Compañía de Indias sind die Sklavenhändler auf der Hut. Sie wissen, dass das Ideal von Freiheit und Gleichheit bei den Sklaven auf fruchtbaren Boden gestoßen ist. Sie rechnen jeden Moment mit einem Übergriff und sind bestens vorbereitet. Wenn es zur Auseinandersetzung kommt, wird das in einem Blutbad enden.«
    »Ich glaube nicht, dass sich Thomas Maguire von solchen Gründen zurückhalten lässt. Er ist ungemein willensstark und überaus stur.«
    »Ich weiß. Seit du mir verraten hast, dass er der Anführer bei diesem waghalsigen Manöver ist, denke ich, es sollte besser nicht stattfinden. Maguire ist ein unbeherrschter Grünschnabel, der sich von seinen Leidenschaften leiten lässt. Irisches Blut eben.«
    »Ich kann mich nur wiederholen: Es wird nicht leicht sein, ihn aufzuhalten. Erst heute Morgen ist er bei mir aufgetaucht, um mir zu sagen, dass er den Angriff vorziehen will. Er soll bald stattfinden, vielleicht schon direkt nach Karneval. Tommy hat es nicht offen gesagt, aber er will aus der Revolte Kapital schlagen. Jetzt, da die Estanzia seines Vaters wieder ihm gehört, braucht er dringend Geld. Er hat mir erzählt, wenn er die geschuldeten Steuern nicht bis April zahlt, wird die Real Audiencia anordnen, dass der Besitz unter den Hammer kommt. Und Ihre Geschäfte mit Álzaga, Exzellenz«, sagte Papá Justicia wie beiläufig, »würden Schaden nehmen, wenn herauskäme, dass Ihr Schwager hinter den Angriffen steckt.« Papá Justicia blickte Blackraven unverwandt in die Augen. An Courage mangelte es ihm nicht.
    »Meine Geschäfte mit Álzaga haben nichts mit der Entscheidung zu tun, die Revolte zu stoppen«, erklärte Blackraven gelassen.
    »Dann hat die Entscheidung also mit Miss Melody zu tun.« Blackraven nickte und Justicia sagte: »Indem Sie ihren Bruder vor seiner eigenen Torheit schützen, wollen Sie ihr Schmerz ersparen. Ich verstehe.«
    »Halte mich auf dem Laufenden, Justicia.«
    »Das werde ich.« Er verabschiedete sich mit einer Verneigung.
    Kurz darauf kam Somar mit O'Maley. Blackraven lud ihn zu einem Brandy ein und fragte: »Was hat William Traver heute gemacht?«
    »Mir bereitet nicht so sehr Kopfzerbrechen, was Traver, sondern was Ihre Cousine gemacht hat, Exzellenz.«
    »Wie meinst du das?«
    »Am Nachmittag, als die Hausbesitzerin ihre Tochter besuchte, hat Traver Ihre Cousine durch die Hintertür ins Haus gelassen. Dort blieben sie eine Weile. Dann kamen sie durch dieselbe Tür wieder hinaus. Señorita Béatrice war verschleiert, niemand hätte sie

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