Dem Winde versprochen
Miss Melody nicht durcheinander«, sagte sie.
»Meine Hochzeit mit Isaura wird stattfinden wie geplant, dafür werde ich sorgen.«
Kapitel 24
Am Tag der Hochzeit legte Miora im Morgengrauen noch ein letztes Mal Hand an Melodys Kleid, ein Modell aus weißem Brokat, das Madame Odile nach der Mode in Versailles vor der Revolution entworfen hatte. Es betonte die schmale Taille und hob die Brüste, mit einem weiten Reif, der dem Rock Weite verlieh und ihn herrlich schwingen ließ. Der Ausschnitt war mit einer feinen Perlenbordüre in Form einer Rosengirlande verziert. Madame Odile frisierte Melodys Haar im Stil von Madame Récamier, und um das Gesicht drehte sie es mit einem heißen Lockenstab zu feinen Ringellöckchen. Miora und Siloé hatten einen Kopfschmuck aus Orangenblüten gezaubert, der bis in die Stirn hineinreichte.
»Du bist wunderschön«, befand Madame Odile. »Roger wird vor Liebe vergehen.«
»Das tut er schon«, warf Siloé ein. »Ich habe noch nie einen verliebteren Mann gesehen als meinen Herrn.«
Schon vor Sonnenaufgang herrschte reger Betrieb in El Retiro. Die Sklaven eilten hin und her, man hörte Befehle, Stimmen, Gelächter, Geschirrklappern, das Geräusch von Möbeln, die herumgerückt wurden, und überall duftete es nach Bienenwachs, mit dem das Holz auf Hochglanz gebracht wurde. Blackraven schlenderte zufrieden durch die Räume. Seine Sorgen waren wie weggeblasen, und nicht einmal der kurze Gedanke an den Herzog von Guermeaux – heute war sein Geburtstag – konnte ihm die Stimmung verderben. In ein paar Monaten würde sein Vater von der Mesalliance seines einzigen Sohnes Kenntnis erhalten,
und der Riss zwischen ihnen würde noch tiefer werden. Er würde es von Blackravens Onkel erfahren, wenn dieser den Brief erhielt, den Blackraven am Tag zuvor abgeschickt hatte.
Man hatte für die Zeremonie das Musikzimmer hergerichtet, und danach würde es ein Mittagessen im kleinen Kreis geben. Elisea hatte versprochen, zur Untermalung Klavier zu spielen und zu singen. Blackraven konnte es kaum erwarten, die Braut zu sehen, die ihr Zimmer nicht verlassen würde, bis Pater Mauro gekommen war, um sie zu trauen. Er entschied sich, mit Black Jack auszureiten, um die Zeit totzuschlagen.
Auf die überwältigende Wirkung ihres Anblicks war er nicht gefasst. Er hätte sich nie vorgestellt, dass ihm einmal die Sinne schwinden könnten, aber dieses vollkommene, liebreizende Geschöpf, umgeben von einer übernatürlichen Aura, die von der Alabasterhaut und dem Kleid ausging und alles um sie herum in den Schatten stellte, raubte ihm den Atem.
Isaura schritt mit einem Lächeln auf den Lippen und Jimmy an der Hand auf den improvisierten Altar zu, den Perlmuttrosenkranz in der anderen Hand. Sie sah Blackraven die ganze Zeit über an. Er sollte in ihren Gedanken lesen, dass sie ihn liebte und dass sie ihr und Jimmys Leben in seine Hände legte.
Señorita Leonilda und Altolaguirre waren die Trauzeugen und unterschrieben gemeinsam mit den Brautleuten im Kirchenbuch, in dem die Hochzeit festgehalten wurde. An der Zeremonie nahmen Béatrice, Louis, Doña Concepción, Elisea, Angelita und Víctor teil, der ganz blass und ernst war. Madame Odile hatte es vorgezogen, der Hochzeit von der Tür aus beizuwohnen, und sie nahm auch nicht am Essen teil, aus Angst, einer der anwesenden Herren könnte sie kennen.
Melody saß am Kopfende der Tafel, gegenüber von Blackraven, und ließ den Blick über die Gäste schweifen; sie fühlte sich wohl in der angenehmen Gesellschaft, auch wenn sie immer noch ein
wenig einschüchtert war, weil die meisten so reserviert und gebildet waren. Señor Feliciano Chiclana und seinen Freund Antonio Ezquerrena sah sie heute zum ersten Mal, aber im Grunde kannte sie sowieso niemanden richtig. Melody fragte sich, warum Blackraven sich mit diesen Männern umgab und nicht mit den angesehenen Persönlichkeiten der Bonairenser Gesellschaft wie Álzaga, Sarratea, Basavilbaso und Santa Coloma. Zum Glück hatten die Valdez e Inclán aufgrund von Alcides’ Erkrankung abgesagt. Er hatte als Geschenk eine von zwei Schecken gezogene Kutsche geschickt. Selbst Blackraven war von der Großzügigkeit seines Partners überrascht.
Melody bewunderte, wie ungezwungen und sicher Roger mit den Gästen umging; sie selbst war eher zurückhaltend, um keinen Fauxpas zu begehen. Die Anwesenden wussten, dass sie der Schwarze Engel war, und mit Ausnahme der Morenos missbilligten sie ihren Einsatz für die Sklaven. Die
Weitere Kostenlose Bücher