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Dem Winde versprochen

Dem Winde versprochen

Titel: Dem Winde versprochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florencia Bonelli
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wie sonderbar, ja geradezu absurd die Situation war.
    »Was tun Sie hier eigentlich?«, fragte sie forsch.
    »Wo ist das Zimmer von Monsieur Désoite?«, fragte er und baute sich vor ihr auf.
    Melody war sprachlos, weniger wegen der Frage als wegen seiner schroffen Art. Da stimmte etwas nicht. Man hörte Schritte auf dem Flur, Blackravens und Somars Stimme und das Gebell von Sansón. Melody wollte fliehen, doch Traver stürzte sich auf sie und packte sie am Hals.
    »Schön ruhig, sonst stoße ich Ihnen den Degen zwischen die Rippen.«
    Die Tür ging auf, und Blackraven stand wie angewurzelt in der Tür. Somar blieb hinter ihm stehen, aber Sansón stürzte knurrend hinein.
    »Pfeifen Sie Ihren Hund zurück, oder ich werde ihn töten!«
    »Sansón, komm her. Sofort!«
    Der Hund lief zu seinem Herrn, und Blackraven ergriff ihn am Halsband.
    »Lassen Sie sie los! Ich gebe Ihnen, was sie wollen, aber lassen Sie sie frei!«
    »Ich klammere mich an sie wie an ein Holzbrett im Ozean«, erwiderte William Traver alias Le Libertin. »Sie ist mein Passierschein, um das zu bekommen, was ich haben will. Eure Exzellenz, Sie können schon mal die Waffe und das Rapier rüberschieben.«
    Blackraven nahm die Pistole aus dem Gürtel und legte beides auf den Boden. Da standen auf einmal Víctor und Jimmy barfuß und schlaftrunken in der Tür, gefolgt von Béatrice und Louis, die sofort den Ernst der Lage begriffen.
    »Kommt, Kinder«, sagte Béatrice mit einer Ruhe, die Blackraven nur bewundern konnte. »Zurück ins Bett, Marsch. Das ist ein Treffen von Erwachsenen. Da habt ihr nichts zu suchen.«
    Víctors und Béatrices Stimme verloren sich, und im Zimmer herrschte angespannte Stille.
    »Lassen Sie sie gehen«, wiederholte Blackraven. »Ich gebe Ihnen, was Sie wollen.«
    »Machen wir einen Tausch: Miss Melody gegen Monsieur Désoite.«
    Louis ging auf den Spion zu, doch Blackraven hielt ihn zurück. »Wer hat Sie auf ihn angesetzt?«
    »Sie sind nicht in der Position, Fragen zu stellen, Exzellenz.«
    »Sagen Sie mir, wie viel man Ihnen geboten hat. Ich zahle das Doppelte. Das Dreifache!«
    Sansón bellte wieder, und nur Blackravens strenger Befehl hielt ihn davon ab, den Spion anzufallen.
    »Mit Ihnen mache ich keine Geschäfte, Exzellenz«, erklärte Le Libertin. »Ich vertraue Ihrem Wort nicht. Übergeben Sie mir Désoite, und Sie erhalten das Mädchen wohlbehalten zurück. Und bringen Sie endlich den Hund zum Schweigen!«
    Blackraven kümmerte sich nicht darum und redete weiter. Er wollte das quietschende Geräusch der Balkontür übertönen, durch die Shackle gerade ins Zimmer kam. Der Seemann schlich sich von hinten an und stach Le Libertin ein Messer in den Rücken. Melody spürte nur, wie sich der Druck an ihrem Hals verstärkte und sich das Messer in ihre Seite bohrte, dann ging ihr Peiniger zu Boden. Sie war frei. Ihre Knie wurden weich, und Blackraven musste sie auffangen.
    »Bringt die Leiche weg! Sofort! Somar, die Männer sollen das Anwesen gründlich durchsuchen! Vielleicht hat er einen Komplizen. Komm, Liebes«, sagte er und trug sie zum Bett.
    Béatrice kam ins Zimmer zurück, als Shackle und Somar die Leiche gerade hinaustrugen. Sie trat einen Schritt beiseite und starrte fassungslos auf den toten Traver. Sie wusste nicht, was sie fühlen sollte. Die ganze Zeit über hatte ihr Herz sich geweigert, Blackravens Theorie Glauben zu schenken. Wider alle Vernunft hatte sie an die Unschuld des Mannes geglaubt, dem sie ihr Herz geschenkt hatte. Nun wurde sie von der Wirklichkeit eines Besseren belehrt, und es zeigte sich wieder einmal, dass Blackraven ein untrügliches Gespür für die Wahrheit hatte. William Traver alias Le Libertin war ein Mörder, angeheuert von ihren unzähligen Feinden, ihren Bruder zu töten. Je mehr ihr das bewusst wurde, desto größer wurde auch der Schmerz.
    »Geht es dir gut?«, fragte Louis.
    »Ja, ja. Wie geht es Miss Melody?«
    »Sie ist etwas durcheinander.«
    »Ich hole Trinaghanta«, erbot sich Béatrice.
    »Ja, tu das«, erwiderte Blackraven. An Louis gewandt, sagte er: »Meine Männer sollen sich später in meinem Arbeitszimmer einfinden.«
    Blackraven wich nicht von Melodys Seite, bis sie sich dank Trinaghantas Schlaftrunk wieder beruhigt hatte.
    »Roger, bitte geh nicht«, flehte sie, als er sie auf die Stirn
küsste. »Sag mir, was hier vorgefallen ist. Das ist alles so verwirrend.«
    »Wir reden später. Ruh dich jetzt aus. Trinaghanta bleibt bei dir, bis ich zurück bin.«
    In seinem

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