Dem Winde versprochen
verzückt an und sagte: »Zum Glück hast du die Schönheit deiner Mutter geerbt.« Und dann erklärte er ihr: »Du wirst für eine Weile nach Frankreich zu meinem Cousin Louis XV . gehen.« Dieser lebte nach dem verheerenden Siebenjährigen Krieg seit einiger Zeit wieder in stabilen Verhältnissen und in Wohlstand. Karl III . hingegen stand vor einer Staatskrise. Er musste seine geliebte Isabella an einen sicheren Ort bringen, denn er wusste, im Falle seines Todes würde seine Frau sie fallen lassen. Er schickte sie gemeinsam mit ihrer Amme Michela und einem Schreiben für Louis XV . nach Versailles.
Isabella wusste, dass ihr Vater sie ins Exil geschickt hatte und dass »eine Weile« für immer hieß. Doch dank ihres optimistischen Wesens fand sie sich mit ihrem Schicksal ab und war glücklich in Versailles, wo das Leben ein nicht enden wollendes Fest zu sein schien. Sie lustwandelte in den Gärten des Palastes, las die verbotenen Bücher, die unter den Hofdamen kursierten, lauschte den Anekdoten über die verstorbene Madame Pompadour und schrieb täglich Briefe an ihren Vater und ihre Geschwister, die sie sehr vermisste.
1770 kam die künftige Thronfolgerin von Frankreich, Marie Antoinette, Tochter der Kaiserin Maria Theresia, in den Palast, die Isabellas Freundin und Vertraute wurde. Zum Hofstaat der jungen österreichischen Prinzessin gehörte unter anderem ein englischer Graf und Cousin von Marie Antoinette namens Alexander Blackraven, der sich sofort in Isabella verliebte. Der junge Mann rief in dem siebzehnjährigen Mädchen all das hervor, von dem sie bislang nur gehört hatte: rasendes Herzklopfen und rote Wangen, sobald sie ihn erblickte. Isabella konnte Tag und Nacht nur noch an Alexander Blackraven denken, und sobald sie die Augen aufschlug, sehnte sie sich nach ihm.
Der Graf bedauerte, dass dieses bildhübsche Mädchen mit dem sanften Wesen die uneheliche Tochter von König Karl von Spanien war, denn er als künftiger Herzog von Guermeaux konnte sie nicht heiraten, ohne das Risiko einzugehen, dass sein Vater ihn enterbte und den Titel an seinen Bruder Bruce weitergab. Er liebte sie, solange sein Aufenthalt in Versailles dauerte, und er verfluchte sich immer dafür, ihr etwas versprochen zu haben, was er ihr nie geben würde: seinen Namen. Er verließ den Palast, ohne zu wissen, dass Isabella sein Kind unter dem Herzen trug.
Mit ihren gerade einmal vierzehn Jahren schrieb Marie Antoinette ihm nach Paris, um ihn zur Verantwortung zu ziehen. Der Graf, der damals mit Lady Patricia Kent verlobt war, bot an, Unterhalt zu zahlen und die Zukunft des Kindes zu sichern, was Isabella wütend ablehnte. »Obwohl ich ihn immer lieben werde, will ich nichts mehr
von ihm wissen, Eure Hoheit«, versicherte sie Marie Antoinette, die sie von da an unter ihre Fittiche nahm. So wurde die künftige Königin von Frankreich zur Patin des am 10 .November 1770 in Versailles geborenen Jungen, der auf den Namen Alejandro di Bravante getauft wurde, die spanische Variante des Namens seines Vaters.
Umgeben von der Liebe seiner Mutter Isabella, von Michela und seinen beiden Paten, Marie Antoinette und ihrem Mann Louis, wuchs Alejandro in einer Welt freizügiger Moral auf, in der seine uneheliche Geburt nicht verurteilt, ja nicht einmal erwähnt wurde. Er spielte mit den anderen Kindern im Palast. Die kleine Prinzessin, Madame Royale, hatte er besonders ins Herz geschlossen.
Sein Hauslehrer und die anderen Lehrmeister wunderten sich über Alejandros Geistesschärfe. Der Fechtlehrer war überrascht, als ihm der zwölfjährige Alejandro das Florett aus der Hand schlug.
»Am Tag, an dem Bruce erfuhr, auf welch schändliche Weise sein Bruder sich des Jungen bemächtigt hatte, haben sie sich geprügelt«, erklärte Constance. Der Herzog von Guermeaux, voller Verzweiflung wegen des fehlenden Erben, war nach Paris und von dort aus nach Versailles gereist, wo ihn seine Cousine trotz seines Benehmens in der Vergangenheit herzlich aufnahm. Er sah seinen Sohn aus der Ferne fechten und war verblüfft, wie geschickt dieser sich für sein junges Alter anstellte. Und nachdem er sich mit ihm unterhalten hatte, kam er zu dem Schluss, dieser Junge war genau der Sohn, den er sich immer gewünscht hatte.
Im Unterschied zu Marie Antoinette hatte Isabella di Bravante das feige, alles andere als noble Verhalten des Herzogs keinesfalls vergessen und wollte ihm keine Audienz gewähren, ließ sich auf Drängen der Königin dann aber doch erweichen. Sie
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