Demolition
glaube ich, daß er auf uns hereinfällt. Jedesmal, wenn er einen unserer Köder umgangen hat, wird er meinen, er hätte uns ein Schnippchen geschlagen. In diesem Irrtum wollen wir ihn möglichst lange belassen. Wir werden für reichlich böses Blut in der Öffentlichkeit sorgen. Die Massenmedien sollen uns ruhig mal wieder in der Luft zerreißen. Wir spielen mit. Beschweren uns. Toben. Geben saure Erklärungen ab. Wir werden die tölpelhaften, einfältigen Bullen spielen... und während sich Reich infolgedessen an seiner Selbstzufriedenheit mästet...«
»Nehmen Sie ihn zwischen die Zähne«, ergänzte Beck und grinste. »Was ist mit dem Mädchen?«
»Das ist die einzige Ausnahme von unserem Paket Dumm. Wir setzen voll auf das Mädchen. Ich wünsche, daß man innerhalb einer Stunde eine Personenbeschreibung mit Foto an jeden Polizeibeamten im Kreis verschickt. Unter das Papier schreiben wir ganz dick, daß derjenige, der das Mädchen findet, sofort um fünf Dienstgrade befördert wird.«
»Sir«, mischte sich telepathisch »Nicker« ein, »die Vorschriften erlauben nur Beförderungen um jeweils drei Dienstgrade gleichzeitig.«
»Zum Teufel mit den Vorschriften«, brauste Powell auf. »fünf Dienstgrade mehr für den Mann, der Barbara D'Courtney findet! Ich muß das Mädchen haben.«
Im Monarch-Hochhaus schob Ben Reich alle Speicherkristalle von seinem Schreibtisch in die Hände seiner Sekretärinnen. »Verschwinden Sie sofort und nehmen Sie diesen ganzen Scheiß mit«, kollerte er. »Vorerst muß dieser Laden ohne mich laufen. Verstanden? Halten Sie mich mit keinerlei Kram auf.«
»Mr. Reich, wir dachten, Sie wollten nun, nach Craye D'Courtneys Ableben, die Geschäfte des D'Courtney-Kartells übernehmen. Wenn Sie...«
»Um genau das geht es mir gegenwärtig. Deshalb möchte ich ja mit nichts belästigt werden. Und nun raus! Vorwärts!« Er geleitete die Sekretärinnen nachdrücklich zur Tür, scheuchte sie hinaus, knallte die Tür zu und schloß sie ab. Er ging zum Visifon, tippte die Nummer BD 12232 und wartete ungeduldig. Nach erheblich überzogener Frist erschien vorm Hintergrund seines Pfandleihen-Schunds das Gesicht Jerry Church.
»Sie?« fauchte Church und hob eine Hand, um seinen Apparat auszuschalten.
»Ich. Geschäftlich. Sind Sie noch an der Rehabilitation interessiert?«
Church riß die Augen auf. »Weshalb?«
»Sie können sie sich verdienen. Ich leite umgehend Schritte zu Ihrer Rehabilitierung ein. Ich kann Ihnen diesen Gefallen tun, Jerry. Ich bezahle die Liga Patriotischer ESPer. Aber ich verlange eine hohe Gegenleistung.«
»Um Himmels willen, Ben, Sie wissen, daß Sie dafür alles verlangen können. Alles. Sie brauchen es nur zu sagen.«
»Genau das ist es, was ich will.«
»Alles?«
»Und jedes. Uneingeschränkte Dienstleistung. Sie kennen den Preis, den ich zahle. Verkaufen Sie?«
»Ich verkaufe, Ben, ja.«
»Und ich möchte auch Keno Quizzard zu meinen Diensten.«
»Das kann doch nicht Ihr Ernst sein, Ben. Er ist ein unzuverlässiger Vogel. Mit ihm macht man immer den Bock zum Gärtner.«
»Verabrede eine Zusammenkunft. Am selben Ort wie früher. Zur gleichen Zeit. Dies wird ganz wie damals, was, Jerry? Bloß wird die Geschichte diesmal ein gutes Ende nehmen.«
In der Eingangshalle des ESPer-Verbandsinstituts stand wie gewohnt eine Schlange von Interessenten aufgereiht, als Lincoln Powell sie betrat. Hunderte fanden sich täglich voller Hoffnung ein, Menschen jeden Alters, jeden Geschlechts und aus allen Schichten, und jeder träumte den Traum von der magischen Fähigkeit Telepathie, die ihnen alle Wünsche erfüllen sollte, ohne zu ahnen, welche hohe Verantwortung mit dieser Eigenschaft verbunden war; die Naivität ihrer Wunschträume veranlaßte Powell stets zum Lächeln. »Als Gedankenleser kann ich an der Börse mächtig absahnen...« (Das Verbandsstatut verbot ESPern Finanzspekulationen und Glücksspiele.) »Als Gedankenleser finde ich die Antworten auf alle Prüfungsfragen heraus...« Der das glaubte, war ein Schüler, der nicht wußte, daß Prüfungsausschüsse ESPer-Aufsichtsführende einsetzten, um zu verhindern, daß ESPer sie überlisteten. »Als Gedankenleser werde ich immer wissen, was die Leute wirklich über mich denken...«-»Als Gedankenleser kann ich feststellen, welche Mädchen willig sind...« -»Als Gedankenleser ist man der King...«
Die Empfangsdame jedoch verbreitete hinter ihrem Schalter auf der breitesten TP-Frequenz unverdrossen den Hinweis:
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