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Demolition

Demolition

Titel: Demolition Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bester
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Verbindungen verlieren. Er tastete hastig nach den tieferen Schichten von Tates Geist. »Festhalten. Festhalten. Festhalten. FESTHALTEN. FESTHALTEN. FESTHALTEN!« Im Unterbewußtsein des kleinwüchsigen ESPers verbreitete sich schlagartig wie die Dämmerung im Winter die Sehnsucht nach Erlösung, und Powell begriff in diesem Augenblick, daß auch die beste Ausbildung durch den Verband Tate nicht an der letztendlichen Selbstzerstörung zu hindern vermocht hätte. Der Todestrieb gewann die Oberhand. Tates Hände erschlafften, und er fiel auf den Fußboden. Einen Moment später verliefen sich die Schwingungen, aber in eben dieser Sekunde vernahm Powell das satte, sukkulente Schmatzen von Fleisch, das zerriß. Church hörte es ebenfalls und begann zu schreien. »Still, Jerry! Noch nicht nachlassen. Halt dich fest!«»Ha-haben Sie das gehört? HABEN SIE DAS GEHÖRT?!«
    »Natürlich. Die Gefahr ist noch nicht vorbei. Halt dich fest.« Die Tür zur Pfandleihe öffnete sich einen Spalt weit. Ein Lichtkegel von der Schärfe einer Rasierklinge fiel herein und glitt über den Fußboden. Er traf auf Tate, der am Boden verteilt lag wie Gulasch, ein fladenartiger Haufen organischer Materie, eine rote und graue Masse aus Fleisch, Blut und Knochen, verharrte einen Moment lang darauf, und erlosch. Die Tür schloß sich leise wieder. »Jetzt ist die Luft rein, Jerry. Sie halten mich wieder einmal für tot. Nun kannst du deine Hysterie austoben.«
    »Ich kann nicht runter, Powell. Ich kann unmöglich auf... auf das da treten.«
    »Daraus kann ich dir keinen Vorwurf machen.« Powell ergriff einen Arm Churchs, klammerte sich mit seiner anderen Faust fester ans Lampengestänge, und schwang Church hinüber zur Ladentheke. Church ließ sich dahinterfallen; er zitterte am ganzen Leibe. Powell folgte ihm hinter die Theke; er mußte große Mühe aufwenden, um seine Übelkeit zu überwinden.
    »Dachten Sie vorhin nicht, es sei einer von Quizzards Killern gewesen?«
    »Klar. Er unterhält ständig eine Horde von Psychopathen. Jedesmal, wenn wir sie ermitteln, ausheben und ins Kingston schicken, wirbt Quizzard neue Leute an. Er gelangt über die Drogenszene an sie.«
    »Aber was haben denn diese Kerle gegen Sie? Ich...«
    »Überleg einmal vernünftig, Jerry. Sie sind Bens Handlanger. Ben verliert allmählich die Nerven.«
    »Ben? Ben Reich? Aber das hier ist doch mein Laden. Man muß doch gewußt haben, daß ich womöglich hier bin.«
    »Und du warst hier. Was soll denn das für einen Unterschied ausmachen?«
    »Reich würde mich doch nicht umbringen lassen. Er...«
    »Nicht?« Das Gedankenbild einer Raubkatze mit selbstzufriedener Miene.
    Church atmete tief ein. »Dieser Schweinehund!« brüllte er. »Dieser gottverdammte Lumpenhund!«
    »Nimm's ihm nicht so übel, Jerry. Reich kämpft um sein Leben. Du kannst nicht erwarten, daß er dabei allzu rücksichtsvoll vorgeht.«
    »Na, ich habe auch zu kämpfen, und nun hat dieser Lump mir die Entscheidung abgenommen. Machen Sie sich bereit, Powell. Ich öffne Ihnen mein Bewußtsein. Sie sollen alles erfahren.«
    Als er mit Church fertig war, das HQ wieder hinter ihm lag und auch die letzten Formalitäten von Tates alptraumhaftem Ende abgewickelt waren, erfüllte das Wiedersehen mit dem jungen blonden Balg in seinem Haus Powell mit aufrichtiger Freude. Barbara D'Courtney hielt einen schwarzen Stift in der rechten und einen roten Stift in der linken Hand. Sie kritzelte tatkräftig die Wände voll; in ihrer Konzentration zeigte sie zwischen den Zähnen die Zungenspitze, die Augen waren verkniffen. »Baba«, rief er im Tonfall der Bestürzung. »Was machst denn du da?«
    »Pilder malen«, lispelte sie. »Schön Pilder pur Papa.«
    »Vielen Dank, mein kleiner Schatz«, sagte er. »Ein ganz lieber Einfall von dir. Aber jetzt komm einmal her und setz dich zu Papa.«
    »Nee«, sagte sie und schmierte weiter.
    »Bist du denn nicht mein liebes Mädchen?«
    »Toch.«
    »Und macht mein liebes Mädchen nicht immer, was Papa sagt?«
    Sie dachte darüber nach. »Toch«, sagte sie dann. Sie schob die Stifte in ihre Tasche, ihr Gesäß neben Powell auf die Couch und ihre unbeholfenen Finger in seine Hände.
    »Ehrlich, Barbara«, murmelte Powell. »Das Lispeln bereitet mir langsam Sorgen. Ob deine Zähne einer Korrektur bedürfen?« Die Überlegung war nur halb scherzhaft gemeint. Es fiel schwer, sich der Tatsache bewußtzubleiben, daß eine erwachsene Frau neben ihm saß. Er blickte in die Tiefe der dunklen Augen,

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