Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Demolition

Demolition

Titel: Demolition Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bester
Vom Netzwerk:
die Treppe herunter, hielt sich dabei sorgsam am Geländer fest. »Eigentlich darf ich nich runter«, sagte sie. »Bist du Papas Freund?«
    Reich rang um Atem. »Ich...«, röchelte er. »Ich...«
    »Papa mußte weg«, plapperte sie. »Aber er kommt bald zurück. Hat er mir nämlich gesagt. Wenn ich brav bin, krieg ich was geschenkt. Ich gebe mir auch Mühe, aber es ist echt schwer. Bist du immer brav?«
    »Dein Vater? Kommt zu-zurück? Dein Vater?«
    Sie nickte. »Hast du mit Tante Mary gespielt? Du hast sie geküßt. Ich hab's gesehen. Papa küßt mich auch. Das gefällt mir. Gefällt's Tante Mary auch?« Vertrauensvoll ergriff sie seine Hand. »Wenn ich erwachsen bin, heirate ich Papa, dann bin ich für immer sein liebes Mädchen. Hast du auch ein Mädchen?«
    Reich zerrte Barbara herum und starrte ihr ins Gesicht. »Wollen Sie mich auf den Arm nehmen?« fragte er heiser. »Glauben Sie, ich lasse mich auf so eine Kreisbahn ein? Was haben Sie Powell verraten?«
    »Das ist mein Papa«, sagte sie. »Wenn ich ihn frage, warum er einen anderen Namen hat als ich, guckt er immer komisch. Wie ist dein Name?«
    »Ich habe Sie etwas gefragt!« schnauzte Reich. »Was haben Sie ihm erzählt? Wen meinen Sie denn mit solchem Quatsch irreführen zu können?! Antworten Sie!«
    Unsicher betrachtete sie ihn, dann fing sie zu weinen an und versuchte sich loszureißen. Er hielt sie fest. »Geh weg!« Sie schluchzte. »Laß mich los!«
    »Werden Sie mir wohl antworten?!«
    »Laß mich los!« Er schleifte sie vom Fuß der Treppe zur Liege, auf der noch wie versteinert Mary Noyes lag, und warf sie daneben in einen Klubsessel, begab sich auf Abstand und hob den Neuronen-Scrambler. Urplötzlich setzte sich das Mädchen im Sessel zu einer Lauschhaltung auf. Der kindliche Ausdruck wich aus dem Gesicht, das plötzlich Anspannung und höchste Aufmerksamkeit widerspiegelte. Barbara streckte die Beine, sprang aus dem Sessel und lief ein Stück weit durchs Zimmer, verharrte unvermittelt und bewegte sich, als öffne sie eine Tür. Dann stürzte sie wieder vorwärts, ihr blondes Haar wehte, ihre dunklen Augen waren vor Schrecken weit aufgerissen... ein Wetterleuchten wilder Schönheit. »Vater!« schrie sie. »Um Gottes willen! Vater!« Reichs Herz krampfte sich zusammen. Das Mädchen lief auf ihn zu. Er trat ihm entgegen, um es abzufangen. Es blieb mit einem Ruck stehen, wich zurück, hastete dann nach links und durcheilte einen halben Kreis, schrie wie verrückt, den Blick starr. »Nein!« schrie das Mädchen. »Nicht! Um Himmels willen! Vater!« Reich wirbelte um die eigene Achse und griff nach dem Mädchen. Diesmal bekam er es zu fassen; es wehrte sich und schrie. Reich brüllte ebenfalls. Unvermittelt stand Barbara still und preßte sich die Hände auf die Ohren. Reich war wieder in der Orchideen-Suite. Er hörte den Schuß knallen und sah aus D'Courtneys Hinterkopf Blut und Hirnmasse spritzen. Krampfartige Zuckungen befielen Reich, und er mußte das Mädchen loslassen. Es sank vornüber auf die Knie und kroch zum Toten. Stumm und reglos kauerte es überm Leichnam und starrte in das wachsbleiche Angesicht. Reich rang nach Atem und rammte schmerzhaft die Knöchel seiner Fäuste aneinander. Als das Brausen in seinen Ohren abschwoll, näherte er sich dem Mädchen, während er zugleich seine Gedanken zu ordnen und ein zweites Mal ad hoc seinen Plan der veränderten Situation anzupassen versuchte. Mit einem Zeugen hatte er niemals gerechnet. Dieser gottverfluchte Powell! Nun mußte er auch das Mädchen töten! Ließ sich womöglich ein Doppelmord in der... Nein. Hier ging es nicht um Mord. Sondern um eine Falle. Verdammter Tate. Halt. Er war nicht im Haus der Beaumont. Er befand sich... im Haus...«
    »Hudson-Schleuse 39«, sagte Powell von der Haustür her. Reich fuhr herum, duckte sich und ließ den Scrambler an seinen linken Unterarm emporschnellen, wie Quizzards Killer es ihm beigebracht hatte. Powell trat aus der Schußrichtung. »Versuchen Sie's lieber nicht«, sagte Powell in scharfem Tonfall. »Ich warne Sie.«
    »Sie Schweinehund!« brüllte Reich. Er stürzte sich auf Powell, der bereits herangekommen war, ihm nun jedoch erneut auswich. »Verdammter Gedankenschnüffler! Hinterhältiger, mieser Scheißbulle, elender...!« Powell täuschte links, dann rechts, ging auf Reichweite und traf mit einem kurzen Hieb die Nervenknoten des Ellbogens. Der Neuronen-Scrambler fiel auf den Boden. Reich griff an; er schlug, rammte, stieß und fluchte

Weitere Kostenlose Bücher