Demon Lover
zur Meisterschaft war es noch ein weiter Weg.
Wenn sie sich auf das Klavier konzentrierte und sich der Herausforderung stellte, würde sie das vielleicht von dem ablenken, was sie in letzter Zeit peinigte.
Von Remi.
Kendra ging weiter, genoss die warmen Sonnenstrahlen auf ihrer Haut. Jetzt, am helllichten Tag, hätte sie schwören können, dass Somerville mit seiner Einschätzung der Heimsuchung durch den Dämon recht hatte; sie spürte, dass ihr Körper nach Betätigung verlangte, nach der Berührung eines anderen Menschen.
Daran hatte sie keinen Zweifel. Nach über elf Monaten ohne Sex hatte sie es dringend nötig. Masturbation war gut und schön, aber kein Ersatz für die Liebkosungen eines Partners.
Kendra atmete tief durch.
Es ist an der Zeit, die Vergangenheit ruhen zu lassen
.
An einem Eckcafé im Stil der fünfziger Jahre kaufte sie einen Becher Schokokaffee und setzte ihre Shoppingtour fort. Sie war dreiundzwanzig Jahre alt, und zum ersten Mal erschien ihr die Zukunft ebenso einladend wie dieser Donnerstagnachmittag.
In einem Schaufenster fiel ihr ein großes Schild ins Auge, das für Sonderangebote warb. Angeregt vom Koffein und vom Zucker, betrachtete sie die Auslage genauer. Die Schaufensterpuppen präsentierten die neuesten Modelle, tragbare, aber stilvolle Mode für die berufstätige Frau. Die Kostüme waren perfekt geeignet für eine Sekretärin, der Stil professionell und elegant, ohne matronenhaft zu wirken – die Sachen wirkten offen und zugänglich, gleichzeitig aber auch jugendlich frisch. Sie konnte sich nicht entscheiden, welches Modell ihr besser gefiel, der praktische marineblaue Blazer mit Bluse und Rock oder der anthrazitfarbene Hosenanzug.
Ich könnte den Job annehmen
, dachte sie. Ein Büro war ein guter Ort, um neue Leute kennenzulernen und Freundschaften zu schließen. Ihren Horizont zu erweitern.
Sie hatte sich gerade für das blaue Kostüm entschieden, als eine bekannte Stimme ihre Gedanken unterbrach.
Diesmal war es nicht Remi.
Sonnengebräunte Arme umfingen sie. «Kendra, Mensch, ist es lange her.»
Kendra löste sich behutsam aus der Umarmung, trat einen Schritt zurück und musterte die junge Frau: Beatrice Evans – ihre ehemalige Zimmergenossin, die sie seinerzeit auf ein Konzert in der Nähe des Campus mitgeschleppt hatte. Ja, Bea Evans hatte sie mit Michael Roberts bekannt gemacht und war verantwortlich dafür, dass Kendra sich unsterblich verliebt hatte – und dass ihr später das Herz gebrochen war.
Kendra rang sich ein Lächeln ab. «Wie ist es dir ergangen?»
Bea lächelte. «Gut. Sehr gut.» Sie fasste Kendra bei der Hand. «Du siehst gut aus. Umwerfend. Die Ärzte haben eine Meisterleistung vollbracht.»
Aus irgendeinem Grund kam die Bemerkung nicht gut an bei Kendra. Ein kalter Schauder lief ihr über den Rücken. Sie konnte sich das Gefühl nicht genau erklären. Sie wusste nur, dass sie sich unbehaglich und verärgert fühlte.
«Danke.» Sie zuckte mit den Schultern. «Sie haben mich wieder zusammengeflickt.» Alles wieder schön normal.
Aber sie fühlte sich nicht schön. Und normal schon gar nicht.
Bea lächelte. «Wir haben uns so lange nicht mehr gesehen. Als hättest du dich völlig eingeigelt.»
Nach dem Unfall hatte sie genau das getan. Kendra nahm einen Schluck von ihrem Kaffee und zuckte gespielt ungezwungen mit den Schultern. «Ich war beschäftigt», sagte sie ausweichend. Wer wollte schon gern eingestehen, dass er gerade erst nach einem Selbstmordversuch aus der Reha entlassen worden war? Das war kein passendes Thema für eine lockere Plauderei. Sie kam sich vor wie ein Freak, eine Ausgestoßene. Sie war noch nicht bereit, sich wieder der Welt zu stellen.
Bea lachte. «Ich auch.» Sie klatschte aufgeregt in die Hände. «Ich hab einen supertollen neuen Job.»
Kendra bemühte sich, interessiert dreinzuschauen. «Ach?» Obwohl Beatrice sie im Krankenhaus besucht hatte, war ihre Freundschaft verblasst, als sie nicht mehr das gemeinsame Interesse für Zensuren und Jungs teilten. Bea ging gerne aus, unternahm etwas, hatte Spaß.
Kendra musste sich eingestehen, dass sie seit dem Unfall nicht besonders unterhaltsam war. Eigentlich blies sie ständig Trübsal. «Und, was machst du so?»
Beatrice strahlte sie an. «Ich modele jetzt.» Sie grinste. «Und stell dir vor – ich hab einen Agenten. Und ich ziehe nach New York.» Sie verdrehte die Augen. «Ist das nicht Wahnsinn?»
Kendra hätte sich am liebsten die Zunge abgebissen. Bea trug
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