Demon Lover
Männer dachten wohl so. Wenn mit einer Frau etwas nicht stimmte, würde ein ordentlicher Fick es schon richten.
Die Kränkung spiegelte sich auf ihrem Gesicht wider.
Den Verstand zu verlieren war auf einmal komplizierter geworden, als sie es sich je vorgestellt hatte.
Das Schlimme daran war, dass sie keine Ahnung hatte, ob der Dämon je wieder aufhören würde, ihr nachzustellen. Nach Belieben aufzutauchen. Seine Fähigkeit, nicht nur sie, sondern auch ihre Umgebung zu manipulieren, war erschreckend. Außer ihr nahm ihn niemand wahr.
Und das machte ihn so gefährlich.
Eine böse Vorahnung erfasste sie. Innerlich zuckte sie zusammen.
Und wenn es nie wieder aufhört?
Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass sie keinen Psychiater brauchte.
Sondern einen Exorzisten.
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15
Als Kendra Dr. Somerville endlich entkommen war, ging es auf vier Uhr nachmittags zu. Es war noch viel zu früh, um schon nach Hause zu fahren. Und wenn sie ehrlich war, hatte sie dazu nicht die geringste Lust.
Noch ganz mitgenommen von der anstrengenden Sitzung beim Therapeuten, nahm sie ein Taxi ins Zentrum. Sie besaß zwar einen eigenen Wagen, war seit dem Unfall aber nicht mehr selbst gefahren. Obwohl sie am fraglichen Abend nicht am Steuer gesessen hatte, traute sie sich das momentan nicht zu.
Kendra stieg aus und reichte dem Fahrer einen Zwanziger.
Dr. Somerville glaubt, ich wäre ein Freak.
Sie runzelte die Stirn.
Ein sexuell frustrierter Freak.
Kendra wollte kein Freak sein. Heute nicht. Sie wollte wieder normal sein. Einen normalen Tag erleben.
Der Tag war perfekt zum Shoppen. Menschen bummelten umher, lächelnd, lachend, den warmen Sommertag genießend.
Kendra schlenderte an den Schaufenstern entlang und blieb hin und wieder stehen, um die Auslagen zu betrachten. Sie suchte nach etwas Neuem für ihre Garderobe – sie war monatelang in den immer gleichen alten Jeans und Flanellhemden herumgelaufen, bis Gerald ihr gedroht hatte, die Sachen zu verbrennen. In einer Woche hatte sie einen Termin bei der Studienberatung und wollte entscheiden, wie es mit ihrem Studium weitergehen sollte. Das hieß, falls sie sich dazu entschloss, sich fürs neue Semester einzuschreiben. Ganz sicher war sie sich nicht. Gerald hatte ihr einen Job angeboten. Das Ganze hörte sich nach Sekretärinnenjob an, aber Gerald hatte ihr versichert, dass sie bald aufsteigen würde. Schließlich war sie nicht auf den Kopf gefallen, war vernünftig und ehrgeizig.
Als Nathaniel Carter noch lebte, hatte eine juristische Laufbahn wenig Reiz für sie gehabt. Er hatte seine beiden Kinder zum Jurastudium gedrängt. Gerald war folgsam in die Fußstapfen seines Vaters getreten, hatte erst seinen Abschluss gemacht und dann eine Assistentenstelle im Büro des Bezirksstaatsanwalts angenommen. Sein Ziel war es, die Karriereleiter hochzuklettern und irgendwann in die Politik zu gehen.
Genau wie sein Vater. Die ländliche Gesellschaft, aus der Nathaniel Carter stammte, war ausgesprochen klüngelhaft gewesen. Fremde waren nicht gern gesehen, und man misstraute ihnen. Seit jeher unzufrieden mit der provinziellen Enge, hatte Gerald die staubigen Nebenstraßen und das endlose Farmland vor langer Zeit hinter sich gelassen; an einem solchen Ort mochte man geboren werden, doch man wollte nicht dort sterben. Er hatte nie zurückgeblickt und war niemals zurückgekehrt.
Kendra hatte sich nie für Jura begeistert, hatte aber trotzdem das Studium angefangen. Sie hatte es gehasst, sich eingezwängt gefühlt. Sie hätte lieber Klavier studiert – sie wusste, dass ihre Mutter eine gute Musikerin gewesen war. Vor ihrer Heirat mit Nathaniel war Renee Jessup Konzertpianistin gewesen, ein Star des Philadelphia Orchestra. Damals schien es so, als hätte sie eine gute Wahl getroffen. Ein junger Anwalt am Anfang seiner Karriere und eine prominente Vertreterin des Kulturlebens, die er erobert hatte.
Kendras Vater aber hatte Kendra verboten, eine musikalische Laufbahn einzuschlagen, und sich geweigert, ihr nach dem Abschluss der Highschool die Ausbildung zu finanzieren. Entweder sie ging seinen Weg, oder sie wählte die Straße. Wie Gerald hatte sie seinem Drängen nachgegeben und sich für ein Studium des Strafrechts eingeschrieben.
Seit dem Unfall hatte Kendra nicht mehr Klavier gespielt.
Vielleicht war es an der Zeit, diese Option ernsthaft in Erwägung zu ziehen, solange sie noch jung genug war, um das anspruchsvolle Instrument zu meistern. Sie spielte zwar gut, aber bis
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