Demonica - Ione, L: Demonica
bodenloser Abgrund aufzutun. »Das … das ist unmöglich«, flüsterte Tayla. Einen Moment lang herrschte Schweigen. Es war ein langer Moment, bis sie anfing zu zittern. »Meine Mom – «
»Sie wusste es nicht. Ich war die Erstgeborene. Entbunden von Dämonen, gleich hier auf dem Boden dieses Schuppens, während unsere Mutter mit Drogen vollgepumpt war. Die Dämonen haben mich mitgenommen, weil sie den Dämon in mir spürten. In dem ungeborenen Baby hingegen spürten sie ihn nicht. Also in dir.«
Und mit einem Mal wurde Tayla klar, wieso Gems Augen ihr so bekannt vorgekommen waren. Es waren die Augen ihrer Mutter.
Eidolon war von Gems Neuigkeiten ebenso überrascht wie Tayla, und als sie alle sich auf den Weg in sein Apartment machten, fragte er sich, warum er so überrascht war. Mit Ausnahme des gefärbten Haars und ihres Make-up im Gruftistil war Gem Tayla nahezu aus dem Gesicht geschnitten.
Jetzt wurde ihm auch klar, wieso er Gem im Auto so aggressiv angemacht hatte: Er hatte Tayla in ihr gesehen.
»Ich versteh das nicht«, sagte Tayla, als sie das Höllentor in einer Nebenstraße in der Nähe seiner Wohnung verließen. Wie alle Tore war es für menschliche Augen unsichtbar und öffnete sich nicht, wenn Menschen in Sichtweite waren, aber Tayla senkte trotzdem die Stimme. »Wie lange weißt du es schon?«
Gem ging ein bisschen schneller, sodass sie der Gruppe etwas voraus war. »Meine Eltern haben’s mir vor ein paar Jahren erzählt, damit ich die Wahl hatte, ob ich dich kennenlernen möchte oder nicht.«
»Wie rührend. Und dann – hast du mir nur die ganze Zeit hinterherspioniert?«
»Ich wollte es dir sagen.« Gem seufzte und verlangsamte ihren Schritt wieder. »Ich bin einmal zu deiner Wohnung gegangen, aber du wolltest gerade gehen. Ich bin dir gefolgt, und du hast dich mit ein paar gefährlich aussehenden Freunden getroffen. Da dachte ich, in einer Stunde bist du besoffen. Wie sich rausstellte, habt ihr eure Partys in den Abwasserkanälen gefeiert.«
»Du bist uns dorthin gefolgt?«
»Jepp. Ich hab dich auf der Jagd gesehen. Dir zu sagen, wer – und was – ich war, erschien mir zu diesem Zeitpunkt keine so tolle Idee.«
Sie kamen bei dem Haus an, in dem Eidolon wohnte. Im Aufzug drehte sich Tayla zu Gem um, auch wenn sie ihre Hand in Eidolons ließ. »Deine Eltern haben also meine Mom und mich einfach auf dem Lagerhausboden liegen gelassen. Wollten uns sterben lassen.«
»Meine Mutter hat einen Krankenwagen gerufen, aber sie konnte nicht riskieren, mit mir gesehen zu werden. Bitte, Tayla«, sagte Gem sanft. »Hör auf, dich dagegen zu wehren, was du bist. Wer du bist.«
»Du hast leicht reden.« Taylas Stimme war hart, schneidend, und Eidolon wusste, sie würde gar nichts akzeptieren, ehe nicht Blut geflossen war. »Du hast es seit deiner Geburt gewusst. Du hattest keine Wahl, was du sein sollst. Ich schon.«
Auf Eidolons Etage angekommen, verließen sie den Aufzug. Als er seine Tür aufschloss, sagte er leise, um nicht etwa seine Nachbarn zu erschrecken: »Du bist Halbdämonin, Tayla. Du hast keine Wahl.«
»Stimmt.« Sie sah ihn nicht an; ihr Blick war starr auf die Tür gerichtet. »Aber ich muss diese Hälfte ja nicht annehmen.«
»Dann würdest du lieber sterben? Denn das ist deine einzige Wahl, Jägerin«, sagte Shade, als sie eintraten.
Wraith rieb sich vor Freude die Hände, wie in einem schlechten Horrorfilm. »Du wirst dich uns anschließen oder sterben.« Er grinste. »Das wollte ich schon immer mal sagen.«
»Wraith ist echt krank«, sagte Gem, »aber er hat recht. Tayla, lass uns – «
Tayla wirbelte herum, sodass der Rest der Gruppe im Foyer stehen bleiben musste. »Nein.«
»Du hast bereits zugestimmt«, erinnerte Eidolon sie, in der Hoffnung, dass seine Stimme nicht verraten würde, wie sehr er sich davor fürchtete, sie könnte tatsächlich ihre Meinung geändert haben.
»Das war, bevor ich rausgefunden habe, was mein Vater war. Bevor ich rausgefunden habe, dass ich ein Monster bin.« Tränen stiegen ihr in die Augen, als sie auf ihre Arme und Hände hinabblickte. »Dieses … dieses Ding ist in mir. In meinem Blut. Unter meiner Haut.« Sie begann sich zu kratzen, bis es blutete, als ob sie versuchte, sich die Haut vom Leib zu reißen.
»Hör auf.« Eidolon packte sie bei den Schultern. »Beruhige dich – «
»Lass mich los!« Sie versuchte mit aller Kraft, sich aus seinem Griff zu befreien, bis er sie an sich zog.
Bei den Göttern – sie fühlte sich wohl
Weitere Kostenlose Bücher