Demonica - Ione, L: Demonica
lassen – «
»Das wird dann mein Problem sein, und nicht deins.«
Shade starrte ihn eine ganze Weile an. »Wenn ich mir eine Gefährtin nehmen würde, würdest du dir Sorgen machen?«
»Darauf kannst du wetten. Aber nur wegen deines Fluchs.« Ein Fluch, der Shade zu einem Schicksal verdammen würde, das weitaus schlimmer als der Tod war, sollte er sich je verlieben.
»Meine Situation ist anders. Völlig anders.«
Shade schüttelte verzweifelt den Kopf. »Fein. Mach doch, was du willst. Ständig meckerst du darüber, wie stur Wraith ist, aber du lässt ihn wie einen Amateur aussehen.«
Das Telefon klingelte, und Shade meldete sich sofort. Er lauschte einen Augenblick lang und beendete dann das Gespräch. »Wir müssen ins Krankenhaus.« Sein düsteres Grinsen passte zu dem bösartigen Glitzern in seinen Augen. »Paige ist soeben aus dem Koma erwacht.«
Es war ein Monster mit hundert Augen. Einige waren zerschmettert, andere so trüb, dass sie keinen Nutzen mehr hatten. Das Ding starrte Tayla durch Regen und Nebel an, verhöhnte sie mit seinem Schweigen.
Es war das Lagerhaus, das, in dem sie geboren worden war – das, zu dem sie immer wieder zurückkehrte, weil die Jagd so gut war, auch wenn sie sich jetzt fragte, ob es vielleicht noch einen anderen Grund dafür gab, dass es sie immer wieder hierher zurückzog. Möglicherweise litt sie an so etwas wie einer dämonischen Zwangsneurose, zu ihrem Geburtsort zurückzukommen, denn acht Stunden nach ihrer Flucht aus Eidolons Wohnung stand sie wieder einmal davor, ohne jede Erinnerung daran, wie sie hergekommen war.
Alles, was sie wusste, war, dass ihre Füße bluteten, dass sie klatschnass und vor allem unglaublich wütend war. Sie überquerte die Straße, ohne darauf zu achten, dass die Autofahrer auf die Bremsen steigen mussten und laut hupten. Einige beschimpften sie, ganz besonders nachdem sie ihnen den ausgestreckten Mittelfinger gezeigt hatte.
Als sie das Gebäude betrat, lief sie in eine Mauer aus Gestank. Menschliche Hinterlassenschaften, Rauch, verfaulende Lebensmittel. Für gewöhnlich ignorierte sie den Gestank und den Dreck, doch heute katalogisierte sie sie alle in Gedanken. Das war der Ort, an dem ihre Mutter einen Großteil ihres Lebens verbracht hatte. Hier, zwischen den mit Graffiti verschmierten Wänden, den weggeworfenen Spritzen, den Ratten und Kakerlaken.
Das hatte der Seelenschänder ihrer Mutter angetan.
Durch das Kratzen der Nagerkrallen auf dem Beton drang ein schwacher Laut an ihr Ohr. Tayla duckte sich und schlich auf den Ostflügel zu. Hinter ihr waren verschiedene Stimmen zu hören, Gelächter, vermutlich aus den Büros im Westteil, wo die Cracksüchtigen meistens rumhingen. Dutzende Ausgänge in diesem Teil des Gebäudes dienten als ihr Sicherheitsnetz, vor allem bei Polizeirazzien.
»Lass mich in Ruhe, Bryce.« Ein Stück vor ihr saß eine Frau in der Ecke. Aus ihrer Nase tropfte es rot, und das strähnige blonde Haar klebte an ihrer Wange in etwas fest, das ebenfalls aussah wie getrocknetes Blut. Eine Bulldogge von Mann stand über sie gebeugt, die fleischige Faust zum Ausholen zurückgezogen. Die Frau versuchte fortzukriechen, aber er schnappte sie und versetzte ihr einen üblen Schlag gegen den Kopf.
Merkwürdig ruhig trat Tayla aus den Schatten, bereit, den Kerl zu Klump zu hauen. Auf der anderen Seite des Raums tat ein Vampir dasselbe – ein groß gewachsener Mann, der den Kerl im Nacken packte, ihn gegen die Mauer schleuderte und dann seine Fänge tief in die Halsschlagader des Menschen grub.
Mit einem Wimmern kam die Frau auf die Beine und floh aus dem Raum, ohne einen Blick zurückzuwerfen.
Feuchtes Saugen durchdrang den Lärm, der im Lagerhaus herrschte. Blutgier schimmerte in der Luft wie elektrischer Strom und tänzelte über Taylas Haut. Dieses Gefühl war ihr noch nie zuvor aufgefallen, oder vielleicht doch, aber sie hatte angenommen, es sei ein Teil des Adrenalinstoßes, der jedem Kampf vorausging. Es fühlte sich seltsam gut an. Sogar verführerisch, und sie musste sich zwingen, mit beiden Füßen fest auf dem Boden stehen zu bleiben und sich nicht dem Blutsauger samt seiner Beute zu nähern.
Noch vor ein paar Tagen hätte Tayla den Vampir umgelegt und den Mann gerettet – was für eine Ironie, angesichts der Tatsache, dass der Mensch eine zierliche Frau verprügelt hatte und sie vielleicht sogar umgebracht hätte. Jetzt sah Tayla einfach nur zu.
»Komisch, wie sich Menschen manchmal als größere Ungeheuer
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