Demonica - Ione, L: Demonica
häufig das Herz einer Schwäche, und sie war fest entschlossen herauszufinden, wo die seine lag.
»Wofür stehen deine Markierungen?« Ehe sie recht wusste, was sie tat, hatte sie die Hand ausgestreckt und fuhr mit der Fingerspitze über die klaren Linien der obersten, einer seltsam windschiefen Ansammlung von Schuppen auf seinem Hals.
Ein Laut bahnte sich seinen Weg tief aus seinem Inneren; ein Atemstoß durch leicht geöffnete Lippen. »Wenn du nicht willst, dass ich an den Straßenrand fahre und mir dich auf der Stelle vorknöpfe, dann solltest du deine Hand besser da wegnehmen.«
Sie zog sie so rasch zurück, dass ihr Ellbogen gegen das Seitenfenster prallte.
Obwohl er den Lenker so fest umklammerte, dass seine Knöchel unter der Haut weiß hervorschimmerten, brachte Eidolon den Wagen an der nächsten Ampel sanft zum Stehen. Als er zu sprechen begann, klang seine Stimme, als ob jemand seinen Kehlkopf mit Schmirgelpapier bearbeitet hätte. »Man nennt das ein Dermoire . Es erzählt die Geschichte meiner Herkunft väterlicherseits. Das Symbol auf meiner Kehle ist mein eigenes. Das darunter ist das meines Vaters. Das darunter ist das seines Vaters, und so weiter, bis hinab zu meinen Fingern. Wenn wir jemand anders unserer Spezies begegnen, reicht ein Blick, um alles über unsere Verwandtschaft zu wissen.«
Das Wissen, dass er seine Wurzeln väterlicherseits mehr als ein Dutzend Generationen zurückverfolgen konnte, während sie nicht einmal den Namen ihres Vaters kannte, nagte an ihr. Vermutlich war er zufrieden und glücklich in seiner ganz besonderen kleinen Dämonenfamilie aufgewachsen, in der Mom bescheuerte Kekse backte und Dad ihm das Radfahren beibrachte. Taylas Kindheit war nicht ganz so rosig verlaufen. Wenn sie Glück gehabt hatte, hatte sie auf irgendeinem Klappbett schlafen dürfen und bekam gebrauchtes Spielzeug zu Weihnachten geschenkt … wenn sie überhaupt Spielzeug bekam. Sie war fast immer hungrig, und die meiste Zeit verbrachte sie damit, sich vor betrunkenen Pflegeeltern zu verstecken.
Ja klar. Bemitleide dich ruhig selbst.
Du lieber Himmel, so weinerlich hatte sie sich schon jahrelang nicht mehr gefühlt, und sie hatte nicht vor zuzulassen, dass ein Dämon das änderte. Sie würde niemanden daran etwas ändern lassen. Ihr Überleben hing von ihrer Fähigkeit ab, die Vergangenheit und andere Leute auszuschließen. Niemand kam an sie heran, und ganz bestimmt nicht Dr. Unheil da neben ihr auf dem Fahrersitz.
Er bog nach links ab, wobei sich seine Tattoos wieder über harte Muskelstränge wanden. Wenn er ein Mensch wäre, würde sie jedes einzelne mit der Zunge nachfahren …
Reiß dich zusammen, Tay, und konzentrier dich. Na ja, eigentlich tat sie das ja schon, nur eben auf diese Tattoos, aber das war es nicht, was sie meinte. »Ähm, bist du schon mit diesen Markierungen auf die Welt gekommen?«
»Ja, nur mein individuelles Symbol ist erst erschienen, als ich die erste Phase sexueller Reife erreicht hatte.«
»Die erste Phase?«
Er musterte sie mit einem kühlen, abschätzenden Blick; vermutlich versuchte er zu entscheiden, wie viel er offenbaren sollte. »Es gibt zwei«, sagte er schließlich. »Die erste beginnt ungefähr mit zwanzig. Die zweite, S’genesis , findet dann in unserem hundertsten Lebensjahr statt.«
Es ist die S’genesis , stimmt’s? Die bringt dich durcheinander, versaut dir dein Urteilsvermögen.
Darüber hatte Shade also gesprochen. Womit Hellboy ein Dreivierteljahrhundert älter war als sie.
»Wie sieht deine wahre Gestalt aus?«
»Das ist sie.«
Sie starrte ihn mit offenem Mund an. »Deine Spezies sieht aus wie Playgirl -Models? Das ist nicht fair.«
»Was ist nicht fair?«
»Du. Du bist ein Dämon. Und das Böse sollte … böse aussehen. Hässlich. Und wenn du dann noch stinkst, das wäre ganz in Ordnung.« Verdammter Mist, sie wäre ja schon froh, wenn er nicht so schrecklich gut riechen würde. Die Luft um ihn herum duftete leicht nach würziger, dunkler Schokolade und nach Mann; ein Duft, bei dem ihr das Wasser im Mund zusammenlief und ihre Libido einen Gang höher schaltete.
»Genau genommen bin ich nicht böse.«
Sie schnaubte verächtlich. »Alle Dämonen sind das pure Böse.«
»Was ist mit Mischlingen? Sind die auch böse?«
»Das sind grässliche, abscheuliche Kreaturen, die es genauso verdienen zu sterben wie jeder andere Dämon.«
Als er sich jetzt zu ihr umdrehte und sie ansah, prangte ein Grinsen in seinem Gesicht, das so ziemlich
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