Demonica - Ione, L: Demonica
klang das ein bisschen zu sehr nach Selbstmordattentäter.
»Von mir aus könnt ihr mich ruhig für altmodisch halten, aber ich würde lieber mit einem Schwert in der Hand abkratzen.«
Sie stieg die Stufen zur hinteren Veranda hinauf und betrat das Haus, ohne zu klopfen. Gelächter klang ihr entgegen, das übliche ausgelassene Geplänkel, das das dreistöckige Haus Tag für Tag und rund um die Uhr erfüllte. Ein Außenseiter würde nichts als eine Gruppe Teenager und junge Erwachsene sehen, die in einer gepflegten Einrichtung lebten, aber Tayla wusste es besser. Sie wusste, dass sich jeder hier innerhalb von Sekundenbruchteilen in einen hochkonzentrierten, tödlichen Krieger verwandeln konnte.
Wie immer war jemand dabei, Kekse oder Kuchen zu backen. Lori, die von allen liebevoll – nach der perfekten Mom und Hausfrau einer amerikanischen Fernsehserie – June Cleaver genannt wurde, brachte ihnen das Kochen bei und hatte feste Backtage eingeführt, damit jederzeit gesunde Leckereien zur Verfügung standen. So auch jetzt – der verführerische Duft von Bananenbrot hätte Tayla beinahe dazu gebracht, einen Umweg durch die Küche einzuschlagen. Stattdessen ging sie durchs Wohnzimmer, das genauso groß war wie ihr gesamtes Apartment. Vier Wächter sahen von ihren Videospielen auf, und eine von ihnen, eine nervöse Achtzehnjährige namens Rosa, sprang auf.
»Tayla! Lora und Kynan haben sich schon Sorgen gemacht.«
Tay ging am Fernseher vorbei, ohne die neugierigen Gesichter zu beachten. »Wo sind sie?«
»In der Bibliothek, denk ich.« Rosa lief ihr hinterher. »Wo ist Janet?«
»Tot.«
Tayla nahm an, sie sollte sich schämen, ihr das so unverblümt mitzuteilen, aber immerhin hatte die Antwort den gewünschten Effekt: Rosa blieb mitten im Gang stehen, und Tayla machte, dass sie davonkam, um dem Schock und den Fragen zu entkommen. Sie stampfte die Treppe zum riesigen, aus zahlreichen Zimmern bestehenden Keller hinunter, der irgendwann, noch ehe Tayla Wächterin wurde, zu einer unterirdischen Einrichtung mit allen Schikanen ausgebaut worden war – samt eigener Sicherheitssysteme und Fluchttunnel. Sollte irgendetwas das Haus angreifen, konnten sich die Wächter auf unbestimmte Zeit dort einschließen oder die beiden Ausgänge benutzen.
Zwei Wächter kämpften gerade im hell erleuchteten Trainingsraum; ihre bloßen Füße trafen mit dumpfem Laut auf den gepolsterten Boden. Zwei andere hoben gleich neben der Felswand Gewichte. Sie eilte an ihnen vorbei, durch das verdunkelte Labor, das bis auf die mystischen Relikte, Waffen und magischen Vorräte leer war. Die Tür zur Bibliothek war geschlossen.
Sie öffnete sie, um sich gleich darauf zu wünschen, es nicht getan zu haben. Kynan hatte seine Frau über die Lehne der Couch gelegt und stieß von hinten in sie hinein, seine Jeans um die festen Oberschenkel gewurschtelt. Seine Hand bewegte sich zwischen ihren Beinen, während Lori wimmerte und ihre Fingernägel in die Kissen grub, auf die sich Tayla ganz bestimmt nie wieder setzen würde.
Still schloss Tayla die Tür und ließ sich gegen die Wand sinken, um zu warten. Die Klänge ihres Liebesspiels ließen sie zusammenfahren, denn sie erinnerten sie an die Geräusche, die Eidolon und sie von sich gegeben hatten, auch wenn das, was sie getan hatten, wohl nichts mit Liebe zu tun hatte.
Nein, ihr Sex war rau und grob gewesen; Sex, der aus Wut, Hormonen und böser Magie entstanden war. Was sie für ihn empfand, wenn er ihr nahe war, musste das Ergebnis einer Art Inkubus-Zauber sein. Jetzt konnte sie sich zurücklehnen und sich dermaßen angeekelt fühlen, dass sie ihn am liebsten auf der Stelle umgelegt hätte. Aber wenn er ihren Hals berührte, ach was, wenn er sie auch nur ansah, war sie von ihm bezaubert.
Sicher, er war ein Musterexemplar von einem heißen Arzt, aber die Erinnerung an ihre Mutter, die sich voller Schmerz unter dem Dämon wand, der sie vergewaltigt und umgebracht hatte, bohrte sich in ihr Hirn wie das spitze Ende eines Klauenhammers. Sie presste die Handballen gegen ihre Augen und schüttelte den Kopf, um die Erinnerungen zu vertreiben.
Nur, um sich neueren Erinnerungen ausgesetzt zu sehen, von ihr und Eidolon, nackt.
Stopp . Sie mochte sich einreden, dass seine Inkubus-Magie sie immer noch beeinträchtigte, aber einem winzigen Teil von ihr, dem Teil, der mit ihm dem Höhepunkt näher gekommen war als mit irgendeinem anderen Mann, dem war es vollkommen egal, warum sie dauernd an ihn denken musste.
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