Demonica - Ione, L: Demonica
in ihn wie ein Skalpell. »Gott helfe mir, ich hasse euch nicht.«
Der Schock ließ ihn einen Schritt zurückweichen. »Du lügst.«
»Nein. Wenn ich euch hassen würde, hätte ich die Bombe im Krankenhaus hochgehen lassen und nicht auf dem Parkplatz.«
Er lachte – ein dumpfer, bitterer Laut. »Du wolltest nur deine eigene Haut retten.«
»Ich vermute, ich würde genau dasselbe denken.« Angestrengt musterte sie den Fußboden. »Wurde jemand verletzt?«
»Ja«, sagte er, nun wieder wütend. »Die Aegis hat zwar nicht mein Krankenhaus zerstört, aber es ist ihr gelungen, einige meiner Kollegen auszuschalten. Ist dir eigentlich klar, du kleine Mörderin, dass deine eigenen Kollegen vorhatten, dich ebenfalls draufgehen zu lassen?«
Ein zerrissenes Schluchzen erschütterte sie. Die Tränen, die sie bislang hatte zurückhalten können, begannen zu fließen. »Ich war ein Opfer. Für ein übergeordnetes Wohl – «
» Für ein übergeordnetes Wohl?« Eidolon sah rot. Blutrot. Er überbrückte die Entfernung zwischen ihnen mit einem einzigen Schritt und packte sie bei den Schultern. Nur mit Mühe konnte er sich davon abhalten, sie zu schütteln, bis ihr die Zähne aufeinanderschlugen. »Glaubst du das wirklich?«
Sie blickte zu ihm auf. Der Schmerz in ihrem Blick verwandelte ihre Augen in einen unergründlichen Sumpf. »Das muss ich.«
»Wieso?«
»Wenn ich kein großes Opfer war, dann habe ich ihnen nichts bedeutet.« Sie blinzelte, und eine Träne rann ihr über die rotfleckige Wange. »Sie sind doch alles, was ich habe. Wenn ich nichts Besonderes für sie bin … «
Ach, verdammt! Seine Wut strömte aus ihm heraus, als ob er von zig Kugeln durchlöchert worden wäre. Er war nichts anderes als ein verfluchtes emotionales Sieb. Und ehe ihm klar wurde, was er da eigentlich tat, zog er sie an sich und hielt sie fest, während sie an seiner Brust schluchzte.
Das alles hätte nicht passieren dürfen. Er sollte wütend knurren und um sich schlagen und sie für das, was sie getan hatte, bluten lassen. Mit ihr zu schmusen, seine Lippen auf ihren Scheitel zu drücken, ihr über den muskulösen Rücken zu streicheln … o Mann, das war eine verdammt schlechte Idee.
Und es hätte sich ganz bestimmt nicht so schrecklich gut anfühlen sollen. Nichts fühlte sich so gut an, jedenfalls nichts, was passierte, während man noch vollständig bekleidet war.
Ihr harter Körper, der an genau den richtigen Stellen weich war, passte exakt zu seinem, als sie sich an ihn schmiegte, und die Art, wie er zwischen ihren Beinen stand, während sie auf der Kante des Schreibtischs saß, rief ihm in Erinnerung, dass sie sich sogar noch viel besser ineinanderfügen könnten. Bei diesem Gedanken begann sich sein Schwanz zu regen … bei den Göttern – er musste unbedingt wieder einen klaren Kopf bekommen.
»Yuri«, sagte sie mit einer Stimme, die ebenso heftig zitterte wie ihre Hände auf seinen Schultern, »war er auch Arzt?«
»Ja, und ein richtig guter.«
Ein Schaudern durchfuhr ihren Körper, und auch wenn er wusste, dass es falsch war, verspürte er das Bedürfnis, ihre Schuldgefühle ein wenig zu mildern.
»Außerdem war er ein Hyänen-Gestaltwandler und ein grausames Arschloch.«
»Trotzdem … was sie ihm angetan haben … «
Hatte er vermutlich verdient. Aber das sprach Eidolon nicht laut aus. Er hatte einen begabten Chirurgen verloren, den zu ersetzen nicht leicht werden würde.
Ein Geräusch außerhalb seines Büros lenkte seine Aufmerksamkeit ab, und was er durch sein Fenster erblickte, ließ ihn fluchen.
»Ich hoffe nur, dass der Kerl kein Arzt ist«, sagte sie, während sie Wraith beobachtete, der im Vorzimmer wie ein Schilfrohr im Wind schwankte. Er taumelte ein paar Schritte vorwärts, bis er sich gegen die Mauer fallen ließ.
»Das hat mir gerade noch gefehlt«, murmelte Eidolon. »Du bleibst hier.«
Er riss die Tür auf und war mit vier Schritten bei Wraith.
»Hey, Brüderchen.«
Eidolon packte seinen Bruder bei der Kehle und hob ihn hoch. »Du Idiot! Secor des unez! «
Wraith lachte, sodass seine Fänge aufblitzten. »Ooooh, die Sprache der Gerechtigkeit. Big E ist sauer.«
»Ich hab dir doch gesagt, du sollst die Pfoten von den Menschen lassen.«
»O ja, und ich hab’s echt satt, dass du immer nur dasselbe laberst, Mann.«
Mit lautem Gebrüll schleuderte Eidolon Wraith quer durchs Zimmer. Sein Bruder stürzte zu Boden und schlitterte weiter, bis die Wand ihn aufhielt. Noch bevor er sich aufsetzen
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