Demonica - Ione, L: Demonica
sich von Kys Kehle bis zu seinem Schlüsselbein zogen. »Sag das nicht! Denk nicht mal dran !«
Kynan reagierte nicht, sah Wraith nur mit ruhigen Augen an. Was er gesagt hatte, hatte ins Schwarze getroffen, und sie alle wussten es. Erst heute Morgen war eine Oni-Dämonin eingeliefert worden, der die Ghule die Zunge und ihre drei Augen entfernt hatten, was ihre Ängste noch weiter nährte.
»Lass ihn los, Wraith « , sagte Eidolon mit sanfter, beruhigender Stimme. »Konzentriere dich auf Shade .«
Es vergingen einige quälende Sekunden, ehe sich Wraith mit einem Ruck von Kynan löste. »Ich muss hier raus .«
Eidolon stand auf und rückte sein Stethoskop zurecht, damit es ihm nicht von den Schultern rutschte. »Wraith … « Die Warnung in seiner Stimme war scharf wie die Klinge eines Skalpells.
»Erspar mir deinen Vortrag von wegen ›Sag einfach nein‹, Bruder .« Wraith verließ den Aufenthaltsraum. Nach einem Fluch folgte ihm Eidolon, sodass Gem allein mit Kynan zurückblieb.
»Was für ein kaputter Dämon « , murmelt Ky. Er rieb sich den Hals und holte ein Red Bull aus dem Personalkühlschrank. Gem musste den Blick mit Gewalt von seinem wunderbaren Hintern abwenden, der sich deutlich unter dem Ärztekittel abzeichnete.
»Ich denke, wir sind alle ein bisschen durcheinander « , sagte sie müde.
»Du meinst, wir alle? Oder nur die Dämonen ?« Ky machte die Dose auf, während er sie mit seinen jeansblauen Augen musterte, die ihre Atmung immer beschleunigten. »Wie du .«
Diese plumpe Erinnerung setzte ihr gleich wieder einen Dämpfer auf. Er war ein Mensch, dessen Beruf es einmal gewesen war, Dämonen zu töten, und der jeden Grund hatte, sie zu hassen. Dennoch arbeitete er mit ihnen zusammen, verkehrte mit ihnen, und im UG machte er sie sogar wieder gesund. Und trotzdem sah er in ihr nichts als die Dämonin. Erkannte nicht, wie sehr sie ihn begehrte.
Zugegeben, die Verletzungen, die er erlitten hatte, als seine Frau ihn betrogen hatte, waren noch längst nicht verheilt, aber Gem sehnte sich verzweifelt danach, ihm dabei zu helfen, wieder gesund zu werden, wenn auch nur aus selbstsüchtigen Gründen.
Sie liebte Kynan Morgan, und das schon seit Jahren.
Dabei spielte es keine Rolle, dass er nicht mehr der Mann war, in den sie sich verliebt hatte. Ihre dämonische Hälfte erfreute sich an dem Verlust seiner Reinheit, seiner Güte. Ihre menschliche Hälfte weinte, sehnte sich danach, ihn wieder heil zu sehen.
»Gem ?« Kynans Hand legte sich schwer auf ihre Schulter und riss sie abrupt aus ihren selbstmitleidigen Gedanken, während ihre Wärme sie gleichzeitig beruhigte.
O Gott, war er heiß. Dunkles, stacheliges Haar, blaue Augen, tief gebräunte Haut. Sein athletischer Körper war für Marathons wie geschaffen, sowohl im Bett als auch außerhalb.
»Äh, Gem ?«
Sie blinzelte. »Tut mir leid, ich war mit den Gedanken ganz woanders .«
»Wir machen uns alle Sorgen um Shade und Skulk .«
»Ach, tatsächlich ?« Ihre Frage klang schärfer, als sie beabsichtigt hatte, sodass sie ihre Stimme bei der nächsten sorgfältig glättete. »Machst du dir ehrlich Sorgen um sie ?«
»Meinst du, sie sind mir egal, weil sie Dämonen sind ?«
»Der Gedanke ist mit in der Tat gekommen .«
»Ich kenne Menschen, die schlechter sind als die beiden .«
Diese Antwort verlieh ihr neue Hoffnung; ein leichtes, luftiges Gefühl im Bauch. »Könntest du … könntest du dir vorstellen, ähm, mit einer Dämonin zusammen zu sein ?« Die Frage hatte ihren Mund verlassen, ehe sie sie aufhalten konnte.
Eine Verletzung seiner Stimmbänder während seiner Militärzeit hatte seine Stimme rau und heiser werden lassen, doch jetzt wurde sie sogar noch tiefer und rauer. »Was meinst du damit? Sex ?«
Ihr Mund war vollkommen trocken, und ein Schauder des Verlangens und der Angst überkam sie. »Ich … ich weiß nicht. Ich dachte nur … könntest du dir das vorstellen ?«
Sein langer, schlanker Finger fuhr ihre Kinnlinie nach – der intimste Kontakt, den sie je gehabt hatten. »Niemals .«
Mit diesem Wort marschierte er aus dem Zimmer.
Vor der Tür zum Aufenthaltsraum blieb Kynan abrupt stehen. Sein Herz klopfte wie verrückt, sein Atem brannte ihm in der Kehle. Die düsteren Krankenhauskorridore schienen sich um ihn zu schließen, und er musste sich an der Wand abstützen, als ihn ein Schwindelgefühl überwältigte.
Was zur Hölle war da drin gerade passiert? In all den Jahren, die er Gem nun schon kannte, hatte er nie etwas
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