Demonica: Versuchung der Nacht (German Edition)
dich ihm einfach so weggenommen hat, und jetzt wird er dafür gefoltert werden.«
Idess war speiübel. Lore brachte Sin gerade hinaus, mit der Anweisung, Wraith zu ihm nach Hause zu bringen. Als er sich umdrehte, stand sie auf, wenn auch nicht ohne Probleme. Seine Couch musste ungefähr hundert Jahre alt sein, und wenn sie je Sprungfedern besessen hatte, waren sie längst dahingeschieden. Bequemlichkeit lag ihm nicht allzu sehr am Herzen. Oder vielleicht konnte er sich auch keine schönen Dinge leisten.
Oder Dinge mit persönlicher Note, registrierte sie mit gerunzelter Stirn. Die Wände waren karg und leer. Er besaß keinerlei Schnickschnack. Nichts, was irgendetwas über ihn ausgesagt hätte; bis auf das, was der Mangel an persönlichen Gegenständen über ihn verriet. Das Haus war so eingerichtet, dass ein Eindringling nichts Wichtiges über ihn oder seine Schwester erfahren würde. Er könnte es innerhalb weniger Minuten für immer verlassen.
»Lore? Sag mir, dass es nicht stimmt, was Sin über das Foltern gesagt hat.«
Er sah sie nicht an, als er aufs Badezimmer zuschritt. »Es stimmt nicht.«
»Du lügst!«
»Das wolltest du doch.«
»Verdammt noch mal!«, fuhr sie ihn an. »Bleib endlich stehen!«
Er hielt inne, sah sie aber immer noch nicht an. »Ist schon in Ordnung, Idess. Es ist ja nicht so, als wäre es das erste Mal.«
Die Art, wie er das sagte, weil er schon daran gewöhnt war, brach ihr das Herz. Wie oft musste man wohl verprügelt werden, bis man empfindungslos wurde? Viel zu oft, vermutete sie.
»Das werde ich nicht zulassen.« Sie holte tief Luft und bemühte sich, mit dem Zittern aufzuhören. »Ich werde zu meinem Vater gehen. Ich werde – «
»Hör auf.« Lore drehte sich zu ihr um, aber er schien nicht wütend auf sie zu sein. Wenn sie seinen Gesichtsausdruck hätte benennen müssen, hätte sie gesagt, er wirke erstaunt, dass sie so fest entschlossen war, ihm beizustehen. »Ich muss das tun. Ich wusste, worauf ich mich eingelassen habe, und ich werde damit fertigwerden.«
»Aber warum? Warum hast du es getan? Nach allem, was ich dir angetan habe, hättest du dich freuen können, mich als Sklavin zu sehen.«
»Glaubst du das wirklich?« Er machte einen Schritt auf sie zu. »Ich riskiere Sins Leben, indem ich aufschiebe, was ich Kynan antun muss. Das mache ich für dich. Nicht für Kynan oder meine Brüder. Ich habe mich für dich vor ein Messer geworfen. Ich habe dich immer wieder geküsst, obwohl ich sonst niemanden küsse. Also, warum zur Hölle sollte ich zusehen wollen, wie du leidest?«
Sie war so entsetzt, dass ihr Mund offen stand. In ihrem Magen schienen Hunderte Schmetterlinge zu flattern. Irgendein idiotischer weiblicher Instinkt, von dem sie nicht einmal geahnt hatte, dass sie ihn überhaupt besaß, ließ zu, dass seine Worte aus ihr ein dummes, schwanzwedelndes Hündchen machten. »Was willst du damit sagen?«
»Weiß ich auch nicht.« Er fegte die Flasche mit dem Alkohol vom Tisch, wo Sin sie stehen gelassen hatte. »Mist. Ich hab keine Ahnung. Vergiss, dass ich überhaupt etwas gesagt habe.«
Wohl kaum. Sie bewegte sich auf ihn zu, denn sie wollte nicht die kleinste Regung in seiner Miene verpassen, wenn sie ihn mit dem Verdacht konfrontierte, der sie plötzlich überkommen hatte. »Du küsst niemanden, weil du Angst hast, sie zu töten, oder? Und beim Sex ist es dasselbe.«
Als er sich wieder von ihr abwandte, packte sie sein Handgelenk – das rechte, das von seinem dicken Ledermantel beschützt wurde. »Lore? Sag es mir.«
»Ja. Ja, okay? Hast du vielleicht eine Ahnung, wie es ist, wenn du deine Partnerin tot umfallen siehst, nur weil du gekommen bist? Nein«, sagte er gehässig, »ich schätze, die hast du nicht.«
»Aber wenn du lange Ärmel und einen Handschuh trägst – «
»Wenn ich zum Höhepunkt komme, nützt auch das nichts mehr.«
Als sie daran dachte, wie er sich über ihr selbst befriedigt hatte, wurde ihr klar, dass er ihre Beine zwischen seinen festgehalten und sich von ihr ferngehalten hatte – um zu verhindern, dass sie versehentlich seinen Arm berührte, wenn er kam.
»Warst du je mit einer Frau zusammen, ohne dass diese Gefahr über euch schwebte?«
Er schluckte. Jetzt war wohl nicht der richtige Zeitpunkt zu bemerken, wie sexy seine Kehle aussah, als seine Muskeln unter der gebräunten Haut arbeiteten, aber wow! »Ein einziges Mal, vor sehr langer Zeit.«
»Hast du sie geliebt?«
Er schnaubte. »Ich kannte nicht mal ihren Namen. Sie
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