Demor - Einfach bösartig (German Edition)
er ein kleines Kind. Seine Glieder zuckten unnatürlich, als triebe man seine Seele aus der fleischlichen Hülle.
Demor stand mit fanatischem Blick da und betrachtete den Akt, berauscht von Ekstase. Der Seelenaustausch erregte seine Glieder. Das war seine Macht. Er war der Herr über Tod und Leben.
Dalirs Kopf schwankte hin und her. Ihre Arme bewegten sich. Und während sie kurierte, starb Bult.
Etwas schlug hart gegen Demors Schulter. Er schaute nach der Quelle und sah den Kopflosen an seiner Seite stehen. Er deutete etwas mit seinen Händen an. Demor begriff. Augenblicklich unterbrach er den Zauberspruch. Der Stab verfinsterte sich. Der grausame Totenkopf daran blickte beleidigt, denn er hatte sein Mahl nicht beendet.
Dalirs Lungen pfiffen einen erstickten Laut. Sie lag am Boden und reckte ihren Brustkorb in die Höhe wie einen Bogen. Ihre Arme rutschen hilflos über den schlammigen Untergrund, suchten nach Halt. Ihre Kehle versuchte zu schreien, doch es kamen nur abgehackte Töne heraus. Sofort hastete der Kopflose zu ihr und hob sanft ihren Kopf an.
Demor wandte sich Bult zu, der wie ein Häufchen Elend am Boden robbte. In jeder Hinsicht sah er schlecht aus. Die grüne Hautfarbe wirkte grau, die Muskeln schlaff. Aus dem trüben Auge blickte er Demor an wie eine Ratte, der man den Unterleib zertreten hatte.
»Mach mir keine Vorwürfe«, sagte Demor.
Bult schnaufte schwer, als bestünden seine Lungen aus zwei riesigen Löchern. Mit dem Willen eines Kriegers vor seinem letzten Kampf richtete er sich auf und Demor nickte anerkennend.
»Ich habe schon immer große Stücke auf dich gehalten, mein stolzer Schüler. Groll hat andere Pläne mit dir. Nicht eine Elfe soll dein Tod sein.«
Bult antwortete mit einem kraftlosen Grunzer.
»Du hast mich gerettet«, hauchte Dalir, als sie den Kopflosen über sich erblickte.
So ergeht es dem Gerechten, dachte Demor. Immer streichen die falschen Leute die Lorbeeren ein.
Sie umarmte ihren vermeintlichen Retter und es schien, als wollte sie den Kopflosen nie mehr loslassen.
»Wenn wir uns nun endlich beeilen könnten«, erinnerte Demor die drei und klopfte an seinen Stab.
Mit tödlichem Zorn warf der Weltenverschlinger Steine nach ihnen. Sie hatten ihm ein Schnippchen geschlagen. Doch für wie lange?
Als die vier ein gutes Stück fort vom Hügel waren, sahen sie, wie das Nordrungen-Gebirge in einem Beben verschwand. Mit den Bergen tauchte auch der Weltenverschlinger ab. Zurück blieb Leere, die so trügerisch war, dass man den Blick abwenden wollte.
»Wie weit ist es?«, fragte Dalir, die noch lahmte und vom Kopflosen gestützt werden musste.
»Im Wald, auf einer Lichtung, sollten wir den Friedhof finden«, antwortete Demor.
Der Nordforst war nur ein kleiner Laubwald nahe dem Gebirge. Eifen, Planien und Pappeln erzeugten ein buntes Geflecht aus Blättern, welches im Sommer in saftigen Grüntönen leuchtete. Als Demor die Schönheit des Waldes sah, berührte sie zum ersten Mal sein Gemüt. Dieser Ort war überraschend unversehrt. Die Wellen der Zerstörung hatten einen Bogen um ihn gemacht.
»Dieser Ort ist so fern von jeglicher Siedlung, dass selbst dort begrabene Helden aus dem Gedächtnis der Menschen verschwinden«, erklärte er. »Deshalb nennt man ihn den Friedhof der vergessenen Legenden. Es ist ein magischer Ort. Selbst auf der Karte ist er nicht verzeichnet. Zum Glück hat es auch Vorteile, wenn man so lange lebt. Manche Dinge wissen eben nur die Ewigen.«
»Sogar die Tiere scheinen geflohen zu sein. Ich vernehme keinen Laut, nur das Rascheln der Bäume«, murmelte Dalir.
Sie hatte recht. Wo sonst Vögel zwitscherten, regierte beunruhigende Schweigsamkeit. Lediglich die Planienbäume verstreuten einen Duft, der abstoßend süßlich roch.
»Und der Himmel wird dunkler«, fügte sie an.
»Wir dürfen nicht langsamer werden«, sagte Demor, wobei sein Husten stärker wurde, als wollte er genau das Gegenteil erreichen.
»Bult sich wünschen wieder Drachen. Blasen an Füßen schmerzen wie Säure.«
Demor machte sich Sorgen. In seinem Zustand erinnerte der Ork höchstens an einen Schatten des einstigen Grobians. Eine leichte Berührung vom Todeshauch und er würde zusammenbrechen.
»Reiß dich zusammen. Immerhin ist das Land deiner Rasse weit und kärglich besiedelt. Fürs Laufen seid ihr geboren.«
»Wir hätten außen herumgehen sollen«, knurrte Dalir.
Dieser Wald lag wie ein unberührtes Refugium aus Bäumen, Sträuchern und Gräsern da. Das
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