Demor - Einfach bösartig (German Edition)
seinem Reich befand, konnte seine Energiequelle nicht versiegen. Doch hier draußen, auf offenem Gelände, änderten sich die Regeln. Ohne einen Friedhof oder einem vormaligen Schlachtfeld in der Nähe musste er sparsamer mit seinen Kräften umgehen. Darüber hinaus verstärkte sich der Husten.
Kein Grund, klein beizugeben.
Gereizt schlug er nach einem Insekt, das mit grün schillernden Flügeln vor seiner Nasenhöhle summte. »Los weiter! Heute Nacht können wir die Große Feste erreichen. Außerdem zerstechen mir die Moskitos meine Knochen.«
Als die Dämmerung begann, in Dunkelheit überzugehen, irrten sie noch immer zwischen Geröll, kargen Langnarkiefern und schmalgliedrigen Farnen umher. Nach und nach blieb sein Begleiter ein Stück zurück.
»Bult müssen rasten«, japste der Ork, wobei ihm seine schlammfarbene Zunge aus dem Maul hing.
»Ich hör wohl schlecht? Wir sind doch erst seit vierzehn Kerzenphasen unterwegs.« Flehend sah Demor hinauf zur Mondscheibe. Deren Farbe war an den Rändern in ein leichtes Rot getaucht - wie Wangen von jemandem, der schamhaft schmunzelte. »Das ist das Leid mit euch Lebenden. Ihr besitzt einfach keine Ausdauer! Du solltest meine Geduld nicht überstrapazieren, sonst könnte ich es mir anders überlegen und diesen Zustand ändern.« Für einen kurzen Moment lachte der Mariat-Edelstein und erhellte den Bereich vor Demors Füßen.
»Magen von Bult hängen auf ehlh. Wollen zu Kräften kommen und dann ich folgen Meister.«
Der Lich vergrub sein Gesicht im Handschuh. Noch ist es nicht zu spät, diesen Fehler zu korrigieren. »Maximal drei Kerzenphasen!«, sagte er stattdessen.
Dankbar grunzend suchte sich der Ork ein gemütliches Plätzchen neben einem Erdhaufen. Dabei klang es so, als würde er ein Lied an seinem Hauer vorbeitrillern. Demor entnahm dem Singsang die Worte » worgosh « und »seien gütig«. Bei der Vorstellung fröstelte es ihn.
Mit knackenden Gelenken ließ sich Demor nieder. Jetzt, wo er zur Ruhe kam, spürte er den Hustenreiz als derbes Drücken, was nicht zur Verbesserung seiner Laune beitrug. Schlafen musste er ohnehin nicht, aber das kühle Gestein und die weit kälteren Nächte in dieser Jahreszeit waren Gift für seine Gebeine.
Plötzlich fuhr er hoch. Er hörte ein Knacken, als hätte jemand direkt neben seinem Gehörgang einen Ast zerbrochen. Noch einmal. Er warf Bult einen wütenden Blick zu.
Dieser schaute ihn aus trägem Auge an und mahlte mit seinem Kiefer. »Bult beißen Kieselstein für hellezk gern.« Dabei schnippte er einen weiteren Stein in seinen Rachen.
»Wirst du wohl aufhören? Damit könntest du Tote aufwecken.«
Mit einem unverständlichen Grummeln legte sich der Ork schlafen und bald schnarchte er wie ein Bär zur Winterszeit.
Viel Muße zur Erholung blieb nicht. Nur wenig später setzte Regen ein. Schwere Wolken waren aufgezogen und verfinsterten das runde Licht und sogar die tausend Punkte an der Nachtfeste.
Die Nässe war für Demor ein weiterer Anlass zum Fluchen – und an allem trug diese Grünhaut Schuld! Der Boden verwandelte sich in Schlamm, der das Vorankommen zusätzlich verzögerte. Aber wenigstens hatte der eisige Regen seinen Begleiter wieder putzmunter gemacht. Das Zeug wirkte wie Nadeln, die den Ork gehörig anstachelten.
Endlich, als die Soelscheibe bereits den Morgen einleitete, erreichten sie die alte Grenze – den Übergang von Ilfirnsmoor zum Königreich Lorundingen.
Der Torbogen von Trollwacht, dem einstigen Hauptquartier der Soldaten, ragte vor ihnen auf, als hätten Riesen gewaltige Blöcke aufeinandergesetzt. Links und rechts davon erstreckte sich die Wehranlage in unendliche Weite. Früher oder später würde der Wald diese Grenzziehung erreichen, das Gestein könnte er allerdings niemals überwinden. Vor dieser Mauer hatte vormals Melkeron, der Trollkönig, gekämpft, und auch er war gefallen – und mit ihm sein Volk.
Demor und Bult schritten ungehindert durch die Pforte. Die überdimensionalen Eisentore hatte man bereits vor Jahrhunderten abmontiert – für Kriege, in denen das Eisen zu etwas Nützlicherem verarbeitet worden war.
Wann hatte er zuletzt einen Fuß in dieses Land gesetzt? Demor lachte, denn die Zeitspanne, die vergangen war, kam ihm mit einem Mal wie eine einzige Nachtruhe vor. Das, was er einst begonnen hatte, würde er diesmal beenden.
Als sie am Ende des Torbogens ins Freie gelangten, hörte der Regen schlagartig auf, als wären sie in eine neue Welt eingetreten. Bult
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