Demudis
gemein zu machen, aus diesem Grunde schließlich war er in den Orden der minderen Brüder zur Nachfolge des heiligen Franz eingetreten. Er hätte der Wahl von Bruder Hanß zum Abt nie seine Zustimmung gegeben.
Die Sünder als Sünder hinzunehmen, war durchaus die eine Sache, eine ganz andere dahingegen, sie gewähren zu lassen, wenn sie so unverfroren waren, dass sie die übelsten Lügen offen predigten, und zwar in der Gestalt des angeblich wahren Glaubens. Damit verführten sie die Schafe, die schwach im Geiste waren. Der gute Hirte musste eingreifen. Und so hatte er Bruder Hanß auf die Umtriebe dieses Predigermeisters, Eckhart mit Namen, aufmerksam gemacht. Bruder Hanß hatte sich zunächst unerklärlicherweise abweisend gebärdet, bis er die Wahrheit eingesehen zu haben schien und ihn, Dirolf, aus einer glücklichen Änderung seines Gemütes heraus dazu ermuntert hatte, die Werke Meister Eckharts zu studieren und jene Stellen niederzulegen, die der Heiligen Schrift widersprachen. Das hatte Dirolf mit großer Sorgfalt und unter der tätigen Mithilfe von Bruder Agelomus gehorsam vollbracht. Er war sich keines einzigen Fehlers bewusst, den die Zusammenstellung enthielt, welche er schließlich dem ehrwürdigen Vater und Herrn Erzbischof Heinrich überreicht hatte. Dass diese Liste dem Prozess der heiligen Inquisition dienen würde, war ihm selbstredend nicht verborgen geblieben. War das bedauerlich? Jedenfalls nicht zu ändern. Sollte er sich deswegen daran hindern, die Wahrheit zu schreiben? Hätte er etwa schweigen sollen? Vielleicht hätte er das sogar getan, wenn ihn Bruder Hanß nicht geradezu bekniet hätte, mit der Niederlegung zu beginnen. Andererseits konnte er nun auch nicht wie Pilatus seine Hände in Unschuld waschen, denn er hatte ja Bruder Hanß zuvörderst seinerseits gedrängt, gegen Meister Eckhart Partei zu ergreifen. Dirolf seufzte zerknirscht auf. Wie man es drehte und wendete, es kam nur Mist heraus.
Als dann Früchte trug, was Bruder Hanß angestoßen hatte, wollte er sie nicht essen, da sie ihm zu sauer schmeckten. Stattdessen schob er ihm, Dirolf, die Schuld zu, weil er ja zusammen mit dem gewissenhaften Bruder Agelomus die Anklage gegen den Prediger Eckhart beim Erzbischof vorgetragen habe. Insofern war Bruder Hanß der Verräter. Es hätte nicht viel gefehlt, und Dirolf wäre in heilige Raserei verfallen und hätte Bruder Hanß um sein teures Leben gebracht.
Doch der ehrwürdige Vater und Herr Erzbischof Heinrich war um keinen Deut besser. Vielleicht schlimmer gar, überlegte Dirolf. Genauer betrachtet war er der Ausgangspunkt von allem. Sein Hass gegen die Bettelbrüder war allgemein bekannt. Aber nicht unverbrüchliche Treue zur christlichen Lehre war es, die ihn trieb, was ja immerhin auch dann verdienstlich gewesen wäre, selbst wenn sich sein Trachten als Irrtum herausgestellt hätte, sondern das leere Geldsäckel des Erzbistums. Da er den weltlichen Aufgaben mehr diente als den geistlichen, hatte Erzbischof Heinrich einen nimmer zu stillenden Hunger nach Gold und anderen Reichtümern. Die Bettelbrüder aber bedrohten durch ihr heiliges Vorbild der evangelischen Armut und ihre mahnenden Worte den Reichtum der Kirche. Das könnte der Erzbischof vielleicht noch verschmerzen, aber indem die überaus zahlreich in Köln angesiedelten Beginen ihre Seelsorge hauptsächlich von den Predigern besorgen ließen, gingen dem Weltklerus die entsprechenden Gebühren verloren. Und von den Steuern auf diese Gebühren wiederum lebte der Erzbischof, und zwar nicht schlecht. Das allein veranlasste ihn zu seinem Trachten. Aber sobald sich herausstellte, dass es undurchführbar war, ließ er die Sache fallen und mit ihm die Mitverschworenen.
Was für ein Narr ich doch war, dachte Dirolf, mich da hineinziehen zu lassen. Der größte Hornochse war ich aber wohl, als ich mich mit diesem windigen Prediger einließ und mich von ihm dazu verleiten ließ, ihm beizustehen, indem ich den Tod dieser verabscheuungswürdigen Begine verkündete. Welche unsägliche Plackerei war es gewesen, bei der Leiche zu stehen und diese dann zu den Predigern zu schaffen! Dieser Bruder, Hermann de Summo, hatte einen gottgefälligen Eindruck gemacht, was bei den Predigern nicht häufig anzutreffen war. Nun hatte Dirolf von Bruder Ruotger gehört, dass der Zeuge, den Bruder Hermann gegen Meister Eckhart hatte aufbieten wollen, dieser Graf Walram, eine taube Nuss sei und nichts tauge. Bruder Hermann war hereingelegt worden, nur so
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