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Demudis

Demudis

Titel: Demudis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Blankertz
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sichtlich erfreut. Aber dann nahm ihr Gesicht einen tief besorgten Zug an. »Kommt geschwind hinein. Wir wissen nicht, was mit Schwester Mathilde ist … Schlimm … schlimmer als je zuvor.«
    Hanß und Bruder Dudo traten in die enge Stube ein. Es duftete verführerisch nach frisch gebackenem Brot. Sie leiden also keinen Hunger, stellte Hanß zufrieden fest. Das Wasser lief ihm im Munde zusammen, denn was sie bei Äbtissin Hrotsuita in Rolandswerth zur Speise bekommen hatten, war nicht viel und kaum sättigend gewesen. Auch die Suppe der Andernacher Barfüßer hatte sie zwar gewärmt, aber mehr auch nicht. Doch Schwester Lucgard drängte die beiden Ankömmlinge die schmale, knarrende Treppe hinauf in die Schlafkammer.
    Und dort sah er sie.
    Schwester Mathilde lag blutverschmiert im zerwühlten Bett. Hanß ging neben ihr in die Knie und ergriff ihre Hand.
    »Du bist verletzt, Schwester!«, stieß er entsetzt hervor.
    »Nein«, entgegnete sie schwach.
    Hanß war verwirrt. »Wer hat dir das angetan?«
    »Mein Gemahl«, antwortete sie und lächelte selig.
    »Du redest wirr!«, tadelte Hanß.
    Schwester Lucgard mischte sich ein und erklärte: »Sie hat sich die Augen ausgeheult die ganze Nacht über, und heute Morgen, plötzlich, wurden aus den Tränen … Blut!«
    Hanß sah, dass Schwester Mathildes Körper über und über zerkratzt war, als sei sie nackt durch dichtes Dornengebüsch gestromert.
    »Ich musste ihn verlassen, verstehst du, Bruder Hanß?«, fragte Schwester Mathilde.
    »Nein«, antwortete er.
    »Das ist der schwerste Verlust und das schlimmste Darben, dass ich von ihm lassen musste«, fuhr Mathilde fort.
    »Von ihm? Wen meinst du? Worüber sprichst du?«
    »Ich konnte es tun.« Schwester Mathilde schien Hanß nicht zu verstehen. »Das ist der größte Sieg über mein Fleisch, dass ich es vermocht habe. Der letzte Verzicht. Ich danke dem Herrn, dass er mir die Stärke gab, standzuhalten.«
    Hanß richtete sich auf und wandte sich an Bruder Dudo und Schwester Lucgard. »Bitte seid so gut und bringt mir etwas warmes Wasser und ein sauberes Stück Leinen.«
    Nachdem er das Wasser gereicht bekommen hatte, begann Hanß, Schwester Mathilde vorsichtig vom Blut, das zum Teil schon verkrustet war, zu säubern. Wenn er die tieferen Striemen berührte, zuckte ihr Körper ein ganz kleines bisschen, aber sie sagte kein Wort und gab keinen Laut von sich, sondern war weiterhin ganz in ihre Seligkeit versunken. Hanß betrachtete die Striemen. Sie stammten nicht von einer Geißel, das erkannte er sofort an ihrer unregelmäßigen Form. Sie hatte sie sich durch Kratzen zugefügt. Jetzt sah er auch die Hautfetzen, die sich noch unter ihren langen, zum Teil eingerissenen und scharfkantigen Fingernägeln befanden.
    »Danke, Bruder«, sagte Schwester Mathilde plötzlich und richtete sich auf. Hanß nahm neben ihr Platz.
    Schleppend begann Schwester Mathilde zu berichten, was geschehen war. »Bruder Hanß, ich befand mich im Brautgemach. Meine Seele wurde von den Tugenden so herrlich eingekleidet, wie es mit Stoff nicht möglich ist. Vier Jungfrauen führten mich zu meinem Gemahl: Die Minne leitete mich. Sie war gekleidet mit der Keuschheit und gekrönt mit der Würde. Die Demut hielt mich. Sie war gekleidet mit Niedrigkeit und gekrönt mit der Erhöhung. Die Reue war die dritte Jungfrau. Sie war gekleidet mit kleinen Weintrauben und gekrönt mit der Freude. Die vierte Jungfrau war die Barmherzigkeit. Sie war gekleidet mit der Salbe und gekrönt mit der Wonne. Diese beiden letzten trugen den Mantel der Braut, das war mein heiliger Ruf. Das Schlafgemach meines Bräutigams war ganz aus Edelsteinen gemacht, das Bett aber aus purem Golde. Nie gab es eine schönere Braut als mich. Und da ich zu ihm ans Bett trat, wendete er seinen Kopf ab.
    ›Mein Gemahls sprach ich, ›was lässt dich deinen goldumkränzten Kopf abwenden von mir, deiner schönsten Braut unter allen?‹
    ›Doch weißt du nicht‹, sprach er in einem hellen Ton, schöner als die Harfe zu erklingen vermag, ›dass du als Braut blutnackt sein musst?‹
    So also jauchzte meine Seele ihm zu: ›Ich tanze, mein Gemahl, wenn du mich führst. Soll ich sehr springen, musst du selber voransingen.‹
    Dergestalt also legte meine Seele die Tugenden ab, eine nach der anderen, wie es mir der Herr befohlen hatte, und ich legte mich zu ihm, und er nahm mich auf, sodass unsere Seelen die himmelhochjauchzenden Freuden erkosten durften.
    So das geschehen war, tat sich der Abgrund auf

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