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Demudis

Demudis

Titel: Demudis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Blankertz
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sei seiner guten Seele gnädig, verschaffte ihr Genugtuung. Baruch und Sela ließen sich glücklich am Rande des Judenviertels nahe dem Rathaus nieder. Wie es gekommen war, dass Bruder Johannes nach der Geburt von Blanza erfuhr, dass ihr die Taufe verweigert wurde, wusste Sela nicht. Bruder Johannes schwieg ja. Aber er kam in ihr Haus, und bar eines Wortes bedeutete er ihr, ihm mit dem Kinde zu folgen. In der Predigerkirche taufte er Blanza, bewegte die Lippen, aber gab, seinem Gelübde gehorsam, keinen Laut von sich. Seit dieser Zeit ging sie zu ihm in die Beichte. Soweit es ihr bekannt war, war sie die Einzige, die das tat.
    Voller Unruhe dachte Sela daran, dass Schwester Guta den ganzen gestrigen Tag verschwunden geblieben und auch heute noch nicht wieder aufgetaucht war. Zwar war Schwester Guta öfter einige Tage weg, aber dann besuchte sie ihre Base Mathilde in Koblenz, manchmal begleitet von Hechard; früher war sie regel mäßig nach Andernach gegangen, weil sie den Barfüßern dort verbunden war. Sek konnte sich plötzlich vorstellen, dass die gemeinsamen Wanderungen von Hechard und Schwester Guta der Grund für die Gerüchte waren. Meister Eckhart in Begleitung einer Begine, nicht mehr so ganz frisch, aber doch noch ein ansehnliches Weib, auf dem langen Weg nach Koblenz konnte wohl bei einem unreinen Geist Vorstellungen auslösen, die zur Grundlage der Beschuldigung geworden waren. Jeder unterstellt die eigene Schlechtigkeit den Mitmenschen, erkannte Sela betrübt.
    Auch hatte sich die Stimmung gegen die Beginen verschärft, die ja schon das eigenartige Verhalten von Schwester Guta ausgelöst hatte. Überall sprach man von immer neuen Angriffen durch Bruder Hermann, diesen miesen Nestbeschmutzer.
    »Schwester.«
    Sela wollte gerade die Predigerkirche verlassen, als sie sich von zwei Barfüßern angesprochen sah. Dass der kleine Dicke von den beiden der Wortführer war, war Sela schnell klar. Der andere, dünn und hochgeschossen, stand breitbeinig einen halben Schritt abseits. Ihr schwante nichts Gutes, denn die Barfüßer verirrten sich selten in die Predigerkirche. Und als sie das Gesicht des Dicken genauer betrachtete, stand für sie fest, dass sich Unheil zusammenbraute.
    »Was ist Euer Begehr?«, fragte sie unwirsch.
    »Ich muss Euch bitten, mir zu folgen«, antwortete der Dicke geheimnisvoll.
    »Wer sagt das?«, fragte Sela. Das Herz schlug ihr plötzlich vor unerklärlicher Angst bis zum Halse.
    »Wie unfreundlich von mir«, sagte der Dicke. »Ich vergaß, mich vorzustellen. Bruder Dirolf ist mein Name, ich vertrete den Abt Hanß, der sich auf Wanderschaft befindet. Kommt mit. Bruder Ruotger, der hier neben mir steht, hat etwas gefunden. Ein grausiger Fund. Erwürgt. Kommt mit. Ihr müsst schauen, ob sie zu Euch gehört … gehörte.«
    Als sich Bruder Dirolf in Bewegung setzte, folgte ihm Sela wie im Traume. Sie hatte eine Ahnung, aber traute sich nicht, sie auszusprechen oder auch nur zu Ende zu denken.
    »Wir haben schon bei einigen nachgefragt«, erklärte Bruder Dirolf im Gehen. Kaum stapften sie durch den Schnee, geriet er außer Atem, und ihm brach der kalte Schweiß aus. »Die ganze Zeit schon suchen wir. Schließlich meinte irgendwer, wir sollten Euch fragen, die Magistra vom Konvent der Bela Crieg.«
    »Worum handelt es sich?«, presste Sela beklommen heraus.
    »Ihr müsst entschuldigen, ich war ungenau. Wir haben eine Leiche gefunden. Vielmehr, Bruder Ruotger war es. Jenseits des Eigelsteintores. Dorthin führe ich Euch, damit Ihr schauen könnt, ob sie aus Eurem Konvent stammt.«
    »Sie ist es«, sagte Sela wie zu sich selbst.
    »Wer?«, fragte Bruder Dirolf.
    »Wir vermissen eine Schwester. Seit vorgestern. Schwester Guta«, erklärte Sela und wünschte sich nichts sehnlicher, als dass sich ihre Befürchtung als falsch erweisen würde.
    »Die Konkubine des Eckharts«, ließ sich Bruder Ruotger vernehmen. Er hatte es zu Bruder Dirolf gesagt.
    »Nichts als ein niederträchtiges Gerücht!«, warf Sela schnell ein.
    Doch Bruder Dirolf sprach, als habe sie nichts gesagt. »Sieht diesem Eckhart ähnlich. Wahrscheinlich hat er sie erwürgt, um sich ihrer nun, nachdem alles ruchbar geworden ist, zu entledigen.«
    »Ein Gerücht!«, wiederholte Sela.
    »Das wird sich zeigen«, entgegnete Bruder Dirolf mit einem frechen Grinsen, das Sela dem Umstand ganz und gar nicht angemessen fand.
    Voller feindseligem Schweigen gingen die drei weiter, bis Sela, um Etliches hinter dem Eigelsteintor, das

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