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Demudis

Demudis

Titel: Demudis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Blankertz
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Leiche zufällig gefunden würde, oder sollte er jemandem einen Hinweis geben? Er kam zu keinem guten Schluss. War er es seiner Mutter nicht doch schuldig, für ein ordentliches Begräbnis zu sorgen? Allerdings könnte ihn das in die Gefahr der Entdeckung bringen. Keine angenehme Vorstellung.
    Er schaute sich verstohlen um. Auch daran hatte er in seiner mörderischen Raserei nicht gedacht, dass er nämlich bei seiner Meucheltat hätte beobachtet werden können. Das Eigelsteintor war weit genug weg, als dass die Wache ihn hätte erkennen oder auch nur sehen können, was hier vorgefallen war. Glücklicherweise war auch kein Wanderer oder Fahrensmann vorbeigekommen. Im tiefsten Winter war die Straße nach Riehl nicht sehr belebt.
    Er riss sich von dem Anblick seiner toten Mutter los. Bloß ja schnell weg, dachte er. Vater und Mutter ehren? Das war es. Er wusste jetzt, was er zu tun hatte. Bei dem Manne Beistand su chen, den sie ihm als Vater geschenkt hatte. Und doch wieder hatte nehmen wollen. Darum ja war es unumgänglich, ihren Mund für immer zu verschließen. Dieser hochwohlgeborene Mann würde ihm die Hilfe nicht verweigern, da war er sich sicher. Hatte sie nicht auch ihn aufs Gröbste hintergangen? Aber das musste er ihm ja nicht kundtun, und sie konnte es nicht mehr, wie sie unvorsichtigerweise beabsichtigt hatte. Langsam begann er eine Vorstellung zu entwickeln, wie er es anpacken musste, um alles zu seinem Vorteil zu wenden.
    Er richtete sich auf. Mit einem Mal kam ihm die Kälte zu Bewusstsein. Er fror. Er fühlte die Nässe, die der durch die Körperwärme geschmolzene Schnee auf seiner Haut hinterließ. Er musste aufbrechen. Sein Vater würde ihm zu Stand und Ehre verhelfen. Sein! Vater! Nie würde er die entsetzliche Wahrheit hören müssen. War das nicht eine gute Tat? Er spürte keine Gewissensbisse. Noch nicht.
     
    *
     
    Rolandswerth, am 3.2.1327 – Koblenz, am 4.2.1327
     
    Am schönsten war es, wenn sie über den Schnee gingen, den noch niemand betreten hatte. Hanß liebte es, im jungfräulichen Weiß seine Stapfen zu hinterlassen. Dann spürte er den Frieden von Gottes Natur um sich herum, den niemand als der sündige Mensch störte. Er schaute sich auch nicht um, wo er Spuren hinterlassen hatte; es war ihm dann, als müsse er andernfalls wie das Weib Lots zur Salzsäule erstarren, denn er hatte die Jungfräulichkeit des weißen Schnees befleckt wie einst, während er noch das gottlose Leben führen musste, die Keuschheit seiner Mutter. Nur nicht zurückblicken, wenn dort das Bild meiner Mutter mit ihrem gerechten Vorwurf lauert, dachte Hanß angewidert von sich selbst.
    Stunde um Stunde hatten Bruder Dudo und er sich vorangekämpft. Seines großen Gewichtes und krummen Ganges wegen war Hanß eigentlich nicht für weite Wege geschaffen. Zum Rasten war es zu kalt. Sie trafen nur wenige Menschen, ein paar Reitersleute stoben an ihnen vorbei. Bloß einmal hatte Bruder Dudo etwas gesagt.
    »Bruder Hanß«, hatte er gekeucht. »Mir ist, als würden wir nie zurückkehren.«
    »Ich wollte, es wäre so«, hatte Hanß geantwortet und begnügte sich damit, dass ihn Bruder Dudo verstanden zu haben schien. Sie waren auf dem Weg, und hierher gehörten sie. Sie sollten auf der ewigen Wanderschaft sein und überall, wo man sie hören wollte, von Gott predigen, aber nirgends sich in die nichtswürdigen Zwistigkeiten solcher Heuchler einlassen, die wie der Erzbischof Heinrich, der Prediger Hermann oder auch Meister Eckhart das Evangelium des Herrn Jesu Christi nicht begreifen konnten.
    Weil es bis zu den Barfüßern in Andernach zu weit war und sie den Weg nicht an einem Tag schaffen konnten, klopften sie, nachdem sie am Felsen vorbeigekommen waren, auf dem der heldenhafte Siegfried den Drachen Famir getötet und daraufhin in seinem Blut gebadet hatte, am Abend bei den Benediktinerinnen zu Rolandswerth an. Die Insel mitten im Rhein war jetzt nicht schwer zu erreichen, weil man über das Eis gehen konnte. Hanß kannte die Äbtissin, Schwester Hrotsuita, ein Ebenbild seiner glorienbeschienenen Mutter, und sie gewährte ihnen gerne einen Platz in der Gästeherberge, in der zu dieser Jahreszeit niemand sonst Quartier genommen hatte.
    Hanß wusste von Schwester Hrotsuitas heiligem Leben. Weil sie ihn an seine Mutter Uda erinnerte, fühlte er sich stets befangen in ihrer Gegenwart, so als habe er ihr gegenüber eine Schuld abzutragen, wüsste aber nicht, wie er das anstellen könnte. Schon ihre Geburt am freudehellen

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