Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Demudis

Demudis

Titel: Demudis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Blankertz
Vom Netzwerk:
Name, falls es dir entfallen ist. Es müsste doch herauszufinden sein, ob er einen Bastard … oder vielmehr zwei davon … auf seiner Burg großgezogen hat.«
    »Bruder Paul behauptete, es sei nicht der Fall«, entsann sich Hanß. Er hing den Bildern von dem traurigen Bruder nach, die vor seinem geistigen Auge erschienen.
    »Behauptete?«, fragte Bruder Dudo. »Du hegst Zweifel?«
    »Ja«, antwortete Hanß. »Er hat gelogen.«
    »Warum das?«
    Hanß zuckte die Schultern. Aber er wusste, dass Bruder Paul Angst hatte, die Geschichte zu Ende zu erzählen. Vielleicht hatte ihn der Graf zum Schweigen verurteilt. Aber das war natürlich nur eine vage Mutmaßung, die er Bruder Dudo nicht mitteilen wollte.
    »Meinst du, wir könnten deinem alten … Pilgergefährten einen Besuch abstatten?«, fragte Bruder Dudo nach einer Weile. »Vielleicht haben die Brüder auch eine warme Suppe für uns hungrige und durchgefrorene Wandersleute übrig.«
    »Lass es uns versuchen«, stimmte Hanß zu.
    Abt Paul wurde zwar erst in den nächsten Tagen von einer Pilgerreise nach Compostela zurückerwartet, aber die warme Suppe wurde den beiden Wanderern nicht verweigert, sodass sie hernach frisch gewärmt ihren Weg fortsetzen konnten.
    Als sich die Sonne neigte, erreichten Bruder Dudo und Hanß am Tage vor der heiligen Adelheid, einem Mittwoch, Koblenz, und hier waren mehr Leute unterwegs, der Schnee niedergetrampelt. Man hielt sogar Markt auf dem Eis! Sie mussten Acht geben, dass sie nicht ausglitten dort, wo der Schnee vom Eis gefegt worden war. An anderen Stellen drohten sie zu stolpern, denn aus getautem und wieder erstarrtem Schnee hatten sich kleine Hindernisse gebildet.
    Schwester Mathilde wohnte im Beginenkonvent bei den Predigern in der Weißergasse außerhalb der mächtigen Stadtmauer, die mit zahllosen teils halbrunden, teils viereckigen Schalentürmen bewehrt war. Dass sich der Konvent nicht innerhalb der Wehrmauer befand, war auch gut so, dachte Hanß. Schließlich sollte sich die Standhaftigkeit eines Christen nicht in Mauern und Türmen, sondern im festen Glauben beweisen. Als sie das Predigerkloster St. Johannes und St. Maria Magdalena schon sehen konnten, wurde Hanß erneut klar, dass er die Unstimmigkeiten der Barfüßer mit den Predigern nie verstanden hatte. Damals, als er nach seiner Verletzung und Genesung die Gegenwart des Herrn spürte, hatte es für ihn nie in Frage gestanden, dass er sich den Barfüßern anschließen würde. Die Brüder waren ihm so rein in ihrem Bestreben erschienen, die evangelische Armut in der Nachfolge Jesu Christi einzuhalten. Nie aber hatte er sich mit dieser Entscheidung gegen andere Christen wenden wollen und schon gar nicht gegen den Orden, der sich ebenfalls der Armut verschrieben hatte, um die Kirche auf den rechten Pfad zurückzuführen.
    Die Aufgabe der Prediger, wie sie der heilige Dominikus gestellt hatte, bestand darin, das Volk zu lehren und gegen die Ketzer zu verwahren und die Heiden zu bekehren. Dazu war es am wichtigsten, sich in der Schrift auszukennen. Weshalb sie die Werke der heidnischen Schriftsteller meinten studieren zu müssen, blieb Hanß ein Rätsel. Aber sollten sie doch ihren Weg gehen, wie sie ihn für richtig hielten. Warum ließ Gott zu, dass seine Geistesritter dem Wahn verfielen, sich gegeneinander zu stellen, als befänden sie sich im Kriege?
    Die Kälte des Winters war nichts gegen das Gefühl, das sich in Hanß ausbreitete, wenn er an die Verschwörung mit dem Erzbischof dachte. Aus welchem Grunde hat er mich überhaupt ins Vertrauen gezogen?, dachte Hanß. Wäre ich doch nur kein Mitwisser geworden! Wahrscheinlich war es genau das, was Erzbischof Heinrich hatte erreichen wollen: Er, Hanß, sollte zum Mitwisser werden und darum zum Stillhalten verpflichtet sein, wenn der Sturm losbrechen würde. Wie gut, dass ich mich entschlossen habe, die Stadt zu verlassen. Vielleicht ist alles vorbei, wenn wir zurückkehren, und ich hatte nichts damit zu schaffen. Wenn ich dagegen dem Erzbischof offen entgegengetreten wäre, überlegte Hanß, wäre sein Zorn auch wider meine Brüder entbrannt, und sie wären womöglich zu Schaden gekommen. Das durfte er nicht zulassen.
    In der Weißergasse angelangt, klopfte Hanß an der Pforte des Beginenhauses. Wie überaus beruhigend, dass hier niemand weiß, dass ich Abt bin, dachte er. Habe ich eigentlich je kundgetan, dass ich aus Köln stamme? Schwester Lucgard öffnete.
    »Bruder Hanß von Mondorf und Bruder Dudo!«, rief sie

Weitere Kostenlose Bücher