Den du nicht siehst
leidet er unter Asthma.«
Johan wusste nicht sehr viel über När, abgesehen davon, dass die Musikgruppe Ainbusk Singers von dort stammte. Bei dem Versuch, den Hof von Gunilla Olsson zu finden, landeten er und Peter auf der Straße nach Närshamn. Dieser kleine, windgepeitschte Fischerort hätte auch in Norwegen oder Island liegen können. Ein Pier ragte ins Meer hinaus. Darauf standen Fischereibaracken nebeneinander. Schleppnetze, Stapel aus Fischkästen und Netzhaufen. Die Boote, die nicht auf dem Meer waren, dümpelten neben dem Pier vor sich hin. In der Ferne waren zwei Touristen zu sehen, die im Gegenwind auf Fahrrädern zum Leuchtturm von Närsholmen strampelten. Johan kurbelte das Fenster herunter. Der Tanggeruch weckte Erinnerungen. Er wäre gern zum Ende des Piers gelaufen, um die Energie des Windes zu spüren. Er musste dauernd an Emma denken, er sehnte sich mit jeder Faser seines Körpers nach ihr. Aber im Moment meldete sich eine andere Wirklichkeit zu Wort. Peter wendete den Wagen.
»Mist, wir haben uns verfahren!«
Nachdem sie sich noch zweimal erkundigt hatten, fanden sie endlich den richtigen Hof. So laut, wie der Wind im Hafen getobt hatte, so still war es vor dem Haus der Ermordeten. Ein weiträumiger Bereich war von der Polizei abgesperrt worden. Nur einige Neugierige hatten ihre Mittsommerfeiern unterbrochen und sich hinter dem Absperrband versammelt.
Vom Ort her waren entfernt Akkordeonklänge zu hören. Die Mittsommerfeiern nahmen in nächster Nähe des Tatorts ihren fröhlichen Gang.
Auf seine Fragen hin erfuhr Johan, dass Knutas zusammen mit Karin Jacobsson vor einer Viertelstunde den Hof der Ermordeten verlassen hatte.
Und die beiden waren bisher seine einzigen Kontaktpersonen bei der Polizei in Visby gewesen.
Johan rief Knutas an. Der bestätigte, dass eine fünfunddreißig Jahre alte Frau in ihrem Atelier tot aufgefunden worden war. Der genaue Zeitpunkt des Mordes stand noch nicht fest. Und wie sie ermordet worden war, wollte der Kommissar nicht mitteilen.
Knutas, der wusste, dass die Presse bald die Identität des Opfers feststellen würde, bat Johan, Namen und Foto noch nicht zu veröffentlichen. Es war der Polizei bisher nicht gelungen, die Angehörigen zu verständigen.
Johan konnte einen jüngeren Mann interviewen, einen der Gaffer hinter dem Absperrband, ehe er auf Sendung gehen musste.
Aber viel erfuhr er nicht. Es war einige Minuten vor sechs, als er die Nachrichtenredaktion in Stockholm anrief. Er wurde direkt ins Studio geschaltet und berichtete live, was er bisher herausgefunden hatte.
Nach der Sendung musste er Material für die Abendprogramme zusammenstellen. Für einundzwanzig Uhr war eine Pressekonferenz im Polizeigebäude angesetzt.
Bis dahin würde der Kollege von den Landesweiten eingetroffen sein, und sie könnten zusammenarbeiten. Johan war sehr zufrieden mit dieser Lösung.
Peter lief hinter dem Absperrband hin und her und filmte. Die Polizei wollte keine weiteren Auskünfte erteilen. Johan beschloss deshalb, weitere Gaffer zu interviewen. Einige waren mit dem Fahrrad gekommen, zwei Jugendliche auf Mopeds, und auch einige Autos hatten auf der Straße gehalten. Die meisten erwiesen sich als Nachbarn, die die Streifenwagen vor dem Hof gesehen hatten.
Johan näherte sich einer rundlichen Frau mittleren Alters, die Shorts und ein Polohemd trug. Sie hatte ihren Hund bei sich und stand allein da, ein Stück von den anderen Neugierigen entfernt.
Er stellte sich vor.
»Haben Sie die Frau gekannt, die hier gewohnt hat?«
»Nein«, antwortete die Frau. »Nicht direkt. Ich habe gehört, dass sie ermordet worden ist. Stimmt das denn wirklich? Und ist das derselbe Täter wie bei den anderen Frauen?«
Sie redete weiter, ohne eine Antwort abzuwarten.
»Das kann doch nicht sein, das ist ja wie im Kino. Man kann das einfach nicht glauben.«
»Wie hieß sie?«
»Gunilla Olsson.«
»Hatte sie Familie?«
»Nein, sie wohnte allein hier. Sie war Künstlerin. Sie arbeitete da hinten in der Werkstatt, stellte Keramiken her.«
Die Frau zeigte auf ein niedriges Gebäude mit großen Fenstern, das in der Absperrung lag.
»Wohnen Sie in der Nähe?«
»Ja, ich wohne gleich da hinten.«
»Wie gut haben Sie sie gekannt?«
»Ich kannte ihre Mutter. Als sie noch lebte, waren wir im selben Nähkränzchen, aber mit der Tochter hatte ich nie viel Kontakt. Wir haben einander gegrüßt, wenn wir uns gesehen haben, aber sie kam mir nie besonders gesprächig
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