Den du nicht siehst
können Norrby und Wittberg sich kümmern. Diesem Hagman traue ich nicht über den Weg. Ich will außerdem noch einmal die Umstände untersuchen, unter denen seine Frau gestorben ist. Dahinter kann schließlich auch was stecken. Ab sofort wird rund um die Uhr gearbeitet. Der Mörder darf nicht noch einmal zuschlagen.«
Sonntag, 24. Juni
Am nächsten Tag reisten Knutas und Karin Jacobsson nach Stockholm. Sie fuhren vom Flughafen mit einem Taxi zum Polizeigebäude auf Kungsholmen. Die Sonne brannte, es waren fast dreißig Grad. Als sie sich Norrtull näherten, wurde der Verkehr dichter, die Luft flimmerte vor Wärme und Abgasen. Knutas war bei jedem Besuch in der Hauptstadt aufs Neue von der chaotischen Verkehrsführung fasziniert. Obwohl es ein Sonntag mitten in den Sommerferien war, schlichen die Autos im Schneckentempo voran.
Sie fuhren über die St.-Eriks-Brücke, passierten mühsam den verstopften Fridhemsplan mit seinen zahllosen roten Ampeln, bogen dann in die Hantverkargatan ein und gelangten schließlich nach Kungsholmen.
Kungsholmen hatte etwas Stattliches, fand Knutas, mit dem Gerichtsgebäude, dem Stadt- und dem Rathaus. Ihm fiel ein, dass ihm irgendwer erzählt hatte, das Rathaus sei von dem Architekten entworfen worden, der bei der Ausschreibung für das neue Stadthaus, damals zu Beginn des 20. Jahrhunderts, auf dem zweiten Platz gelandet war. Sieger wurde Ragnar Östberg, aber der zweite Platz war an Carl Westman gegangen, und deshalb durfte er das Rathaus in der Scheelegatan bauen. Knutas gefiel es mindestens so gut wie das Stadthaus. Dahinter lag das Hauptquartier der Polizei. Sie waren zur Besprechung ins alte Polizeigebäude bestellt.
Das ist wirklich etwas anderes als unsere Blechbüchse, dachte Knutas, als sie in der Hitze die protzige Steintreppe hochstiegen. Ihre Jacken hatten beide schon abgelegt. Knutas schaute neidisch auf Karins nackte Beine. Wenn er doch auch eine kurze Hose tragen dürfte!
An diesem sommerlichen Sonntagvormittag herrschte Ruhe im Polizeigebäude. Einzelne Beamte saßen hier und da in ihren Büros an der Arbeit. Es war deutlich zu merken, dass die Urlaubszeit begonnen hatte.
Die Besprechung tand in einem Raum mit Blick auf den Park statt; dort trafen sie den Polizeichef und einige Mitarbeiter vom Landeskriminalamt.
Anschließend aßen sie in einem gemütlichen Restaurant gegenüber vom Rathaus zu Mittag. Danach fuhren Knutas und Karin Jacobsson mit Kommissar Kurt Fogestam nach Södermalm, wo Helena gewohnt hatte. Ihr Haus befand sich fast am Ende der Hornsgatan, in der Nähe des ehrwürdigen Liljeholmsbades, eines schwimmenden Badehauses, das auf Pontons draußen im Wasser lag. Es hatte schon oft geschlossen werden sollen, existierte jedoch noch immer.
Ecke Hornsgatan und Långholmsgatan lagen die Räumlichkeiten von Friskis & Svettis. Da hatte sie also trainiert, dachte Knutas. Und vielleicht dort ihren Mörder getroffen.
Die Wohnung lag im obersten Stockwerk des Hauses. Der scheppernde Fahrstuhl bot nicht für alle Platz. Karin Jacobsson erklärte sich bereit, zu Fuß zu gehen, was die gewichtigeren Herren doch sehr erleichterte. Das Haus war heruntergekommen. Hinter einer Tür war laute Popmusik zu hören. Hinter einer anderen leises Klaviergeklimper. Warum blieben die Leute an so einem strahlend schönen Sommersonntag nur zu Hause?, überlegte Karin.
Per Bergdal, der noch immer krankgeschrieben war, öffnete nach zweimaligem Klingeln die Tür. Sie erkannten ihn kaum wieder. Er war braun gebrannt. Sein Haar war kurz geschnitten, er war rasiert. Er begrüßte sie mit ernster Miene.
»Kommen Sie herein.«
Die Wohnung bot einen krassen Kontrast zu dem heruntergekommenen Treppenhaus. Sie war groß und hell, hatte hohe Wände und schönen, im Sonnenschein glänzenden Parkettboden. Mit einiger Anstrengung konnte man durch das Fenster das glitzernde Wasser von Åstaviken sehen. Die große, moderne Küche ging direkt ins Wohnzimmer über. Kühlschrank, Tiefkühltruhe und Dunstabzugshaube waren aus rostfreiem Stahl. Dekorativ gemusterte Fliesen bedeckten die Wände. Neidisch betrachtete Knutas die ausgesuchte Sammlung an Spirituosen und Cocktail-Shakern auf einem Regal. Im Wohnzimmer waren Lammfellmöbel um einen Tisch mit farbenfroher Mosaikplatte gruppiert. Eine elegante Stereoanlage von exklusivem Fabrikat stand an einer Querwand. Darüber hing ein CD-Regal aus hellem Birkenholz. Per Bergdal verfügte offenbar über einen erlesenen Geschmack.
»Ich
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