Den du nicht siehst
Jan Hagman. Wissen Sie etwas darüber?«
Der Mann antwortete. Seine Stimme klang resigniert.
»Ja, das haben wir gewusst. Helena hat uns nach einiger Zeit davon erzählt. Sie war nämlich schwanger von diesem Abschaum. Und sie war damals erst siebzehn.«
Hans Hillerström verzog das Gesicht und knetete seine Hände.
»Sie war schwanger?« Knutas hob die Augenbrauen. »Das wussten wir nicht.«
»Wir haben es auch niemandem erzählt. Sie hat natürlich eine Abtreibung vornehmen lassen. Wir haben ihr verboten, den Mann wiederzusehen. Wir hatten ein Gespräch mit dem Rektor, und Hagman wurde ein Versetzungsgesuch nahe gelegt. Er wechselte dann an eine andere Schule, die lag irgendwo unten in Sudret. Der Kerl war verheiratet und hatte zwei Kinder. Und besaß dann auch noch die Frechheit, uns zu Hause anzurufen. Er behauptete, Helena zu lieben. Was für ein Idiot! Er war doch mehr als doppelt so alt wie sie. Er wollte seine Familie verlassen und sich um Helena und das Kind kümmern. Ich habe gedroht, ihn umzubringen, wenn er noch einmal versucht, Kontakt zu ihr aufzunehmen.«
»Wie hat Helena das alles verkraftet?«, fragte Karin.
»Anfangs war sie schrecklich deprimiert. Sie war in diesen Mistkerl verliebt und wütend auf uns, weil sie ihn nicht treffen durfte. Sie warf uns vor, kein Verständnis für sie zu haben. Die Abtreibung war natürlich auch keine angenehme Erfahrung. Sie war noch lange Zeit danach sehr traurig. Wir sind mit ihr nach Westindien gefahren, damit sie Abstand von allem gewinnen konnte. Im Herbst ist sie dann jedenfalls wieder zur Schule gegangen. Das lief anfangs nicht besonders gut, aber sie hat sich dann schnell wieder gefangen. Helena hatte immer schon einen großen Freundeskreis, und das war damals sicher wichtig für sie«, sagte er nachdenklich.
Alle schwiegen eine Weile. Knutas und Karin Jacobsson wirkten bedrückt – es war keine schöne Geschichte. An einer Wand hing in einem goldenen Rahmen ein großes Foto von Helena, das sie mit Abiturientenmütze zeigte. Sie lächelte, und ihre langen Haare umrahmten ihr Gesicht. Knutas zuckte innerlich zusammen, als er dieses Porträt sah. Er brach das Schweigen.
»Wie war Ihr Verhältnis zu Ihrer Tochter?«
»Nicht ganz unproblematisch, vielleicht«, antwortete Hans Hillerström. »Als sie älter wurde, hörte sie auf, mit uns über wichtige Dinge zu sprechen. Sie wurde verschlossener. Zumindest uns gegenüber. Wir konnten das nicht verstehen.«
»Haben Sie versucht, den Grund dafür zu erfahren?«
»Na ja, nicht direkt. Wir dachten, es werde sich schon wieder legen.«
»Wenn ich das richtig verstanden habe, dann waren Sie weiterhin im Sommer in Ihrem Ferienhaus, und Sie haben auch noch Verwandte auf Gotland. Wissen Sie, ob Helena Jan Hagman jemals wiedergesehen hat?«
»Unseres Wissens nach nicht«, antwortete der Vater. »Aber wir haben nie wieder ein Wort über diese Geschichte verloren.«
Jetzt ergriff die Mutter zum ersten Mal das Wort.
»Ich habe einige Male versucht, mit ihr darüber zu sprechen. Wie sie sich fühlte und wie es ihr ging. Sie sagte, sie sei darüber hinweg. Sie habe eingesehen, dass es unmöglich war, das Verhältnis weiterzuführen. Was das Kind angeht, so sagte sie, sei die Abtreibung die richtige Entscheidung gewesen. Sie hätte sich ja doch nicht selbst um das Kind kümmern können. Und das hätte sie auch nicht gewollt. Sie betrachtete die Schwangerschaft als etwas Schlimmes, von dem sie sich befreien musste. Wie von einer Krankheit.«
Agneta Hillerströms Mundwinkel zuckten.
»Wie war Helenas Beziehung zu Per?«, fragte Karin.
»Die war gut. Sie waren schon ziemlich lange zusammen, und mir kamen sie sehr verliebt vor. Dass er anfänglich unter Mordverdacht stand, war hart für uns. Ich glaube, sie war alles für ihn. Bestimmt hätten sie geheiratet. Wenn das hier nicht passiert wäre«, sagte die Mutter, und ihre Stimme versagte.
»Wissen Sie, ob sie während ihrer Beziehung zu Per jemals etwas mit einem anderen hatte? Ob sie irgendwann eine Krise durchlebt hat? Die beiden waren doch viele Jahre zusammen.«
»Nein, davon weiß ich nichts. Wenn wir sie gefragt haben, war immer alles in Ordnung. Oder?«
Agneta Hillerström schaute zu ihrem Mann hinüber.
»Ja, ich habe jedenfalls nie von irgendwelchen Problemen gehört«, stimmte er zu.
»Wir haben eine neue Verbindung zu dem zweiten Opfer gefunden, zu Frida Lindh«, sagte Knutas. »Unter anderem sind beide zum Training zu Friskis & Svettis am
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