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Den ersten Stein

Den ersten Stein

Titel: Den ersten Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elliott Hall
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Gewehrschüsse. Harmony schrie, bis Walt ihr die Hand auf den Mund legte. Ich griff wieder
     nach dem Besen und schob den Spiegel an die alte Stelle zurück. Die Granaten hatten zwei der Häuser am Platz getroffen. Sie
     waren durch die Fenster eingedrungen und hatten einen Regen von Schrapnellsplittern und Körperteilen nach draußen geschleudert.
     Alles Glas aus den beiden brennenden Stockwerken war auf die Menschen unten heruntergeregnet. Ein paar Silhouetten liefen
     taumelnd durch die anderen Stockwerke, wurden aber niedergemäht, bevor sie menschliche Gestalt annehmen konnten.
    Ich holte den Taschenspiegel herein, bevor er noch jemanden auf uns aufmerksam machte. »Gibt es hier einen Hinterausgang?«
    Walt schüttelte den Kopf, doch dann fiel ihm etwas ein. »Es gibt einen Lastenaufzug vom Keller zur Straße. Er ist für Getränke
     gedacht, aber er sollte groß genug sein.«
    Harmony hatte sich so weit beruhigt, dass Walt die Hand wegnehmen konnte. Ich sah sie an, und sie zögerte. »Willst du mit
     zwei Sündern hier rauskommen oder lieber darauf warten, dass einer deiner Glaubensbrüder eine Bombe durch dieses Fenster wirft?«
    Sie folgte mir nach hinten. Wir waren hinter der Theke, bevor mir auffiel, dass Walt nicht mitkam.
    »Ein Mann muss seinen Besitz verteidigen«, sagte er. »Ma chen Sie sich keine Sorgen um mich; ich habe genug Patronen, um bis zum Jüngsten Gericht durchzuhalten.«
    Wir verabschiedeten uns mit einem Nicken, und ich führte Harmony in die Düsternis.
    Der Keller war winzig und der Lift leicht zu finden. Er würde gerade für uns beide ausreichen. Ich kämpfte mit den Schaltern,
     während Harmony weinend zu Boden sah.
    »Hör mir zu«, sagte ich und schüttelte sie, als sie nicht reagierte. »Wenn du am Leben bleiben willst, halt den Mund, folge
     mir und tu genau das, was ich sage. Hast du mich verstanden?«
    Ich schüttelte sie noch einmal, und sie nickte.
    »Warum helfen Sie mir?«, fragte sie.
    »Unwissenheit ist kein ausreichender Grund, um jemanden dem Tod zu überlassen.« Ich öffnete die Deckenluke und der Aufzug
     trug uns unter Protest nach oben.
    Draußen war die Welt in dichten, weißen Qualm gehüllt. Ich dachte, das wäre der Niederschlag der Bomben, bis der Qualm mir
     in die Augen stach und in der Kehle brannte. Die Polizei hatte also schließlich doch beschlossen, ihre Arbeit zu tun. Ich
     versuchte, Harmony zu sagen, dass es Tränengas war, konnte aber nur husten. So hielt ich den Hut über Mund und Nase, und Harmony
     begriff. Sie legte eine Hand vor ihr Gesicht und hielt sich mit der anderen an meiner fest.
    Ich lauschte auf das Geräusch von Gewehrschüssen undwandte mich in die entgegengesetzte Richtung. Harmony stolperte hinter mir her. Ich blickte durch Augenschlitze auf die Welt,
     und von dem Gas arbeiteten meine Tränendrüsen unter Hochdruck. Im Qualm tauchten die Silhouetten von Straßenlaternen auf wie
     die Masten verirrter Schiffe, die im Nebel aneinander vorbeifahren. Wir waren vielleicht einen Straßenzug weit gekommen, als
     das Mädchen plötzlich stoppte. Es war keine Zeit für verständnisvolle Worte. Ich ruckte kräftig an ihrem Arm, doch sie weigerte
     sich immer noch weiterzugehen. Als ich mich umdrehte, sah ich, dass sie auf dem Boden lag. Ich kniete mich hin und tastete
     nach ihrem Puls, weil ich dem dunklen Fleck nicht glauben wollte, der sich auf ihrer Brust ausbreitete. Es gab nichts, was
     ich hätte tun können. Ich musste sie auf der Straße liegen lassen. Ich kroch von dem Geräusch der Explosionen weg, die hoffentlich
     nicht vom Sardinia kamen, und versuchte, durch das Meer meiner Tränen zu navigieren.
    Inzwischen hatte ich keine Chance mehr, Kröte zu treffen. Selbst falls der Park nicht geschlossen worden war, war er bestimmt
     gleich beim ersten Auftauchen all dieser Polizisten verschwunden, schon bevor der Stadtkrieg begonnen hatte. Ich bezweifelte,
     dass irgendjemand sonst in Manhattan das haben würde, was ich brauchte. Meine einzige Hoffnung bestand darin, zu Pykes Haus
     zu gelangen, bevor dieser einen Weg aus dem bürokratischen Labyrinth fand, in das ich ihn geworfen hatte. Falls ich etwas
     Belastendes fand und White davon überzeugen konnte, meine Sicht zu teilen, würde er mir vielleicht als Anzahlung auf mein
     Honorar das Fläschchen mit den roten Tabletten geben, das er mir gezeigt hatte. Über die Konsequenzen würde ich später nachdenken.
    Nach einer Weile nahm der Qualm die Gestalt eines gelben Taxis an.

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