Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Den ersten Stein

Den ersten Stein

Titel: Den ersten Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elliott Hall
Vom Netzwerk:
Darin saß ein junger Sikh und las Zeitung. Halluzinationen
     hatten nie zu den Symptomen meiner Krankheitgehört, aber wer konnte wissen, was das Tränengas und der Schlafmangel mit meinem Gehirn angestellt hatten. Ich klopfte an
     die Windschutzscheibe, zum Teil einfach, um mich zu vergewissern, dass das Fahrzeug real war.
    Als der aufschauende Taxifahrer einen Mann mit einem Fedora vor dem Gesicht erblickte, der an die Scheibe klopfte, sprang
     er vor Schreck fast aus dem Sitz. Wir betrachteten uns mit gegenseitigem Unglauben. Ich forderte ihn mit einer Geste auf,
     die Hintertür zu öffnen, und er zeigte mir den Stinkefinger. Ich hob den Arm und drohte, die Scheibe einzuschlagen. Der Motor
     war aus, und er hätte ein Taxi voller Tränengas gehabt, bevor er hätte starten können. Ein Tuch vor den Mund gepresst, machte
     der Taxifahrer die Tür äußerst widerstrebend auf.
    »Haben Sie den Verstand verloren?«, fragte er mich, als ich mich auf den Hintersitz warf und die Tür rasch hinter mir zuschlug.
     Die Luft im Taxi war so sauber, dass man beinahe normal atmen konnte.
    »Ich könnte Ihnen dieselbe Frage stellen«, gab ich zurück. »Sie befinden sich mitten in einer Kriegszone und lesen die Sportseiten.«
    »Mir bleibt keine andere Wahl«, erklärte er. »Irgendwelche verrückten Typen in Tarnanzügen haben im ganzen Village Kontrollpunkte
     eingerichtet. Wenn die braune Haut sehen, schießen sie.«
    »Die Polizei hat sich jetzt endlich eingemischt«, sagte ich. »Die Milizen werden zu viel damit zu tun haben, am Leben zu bleiben,
     um sich mit uns abzugeben.«
    Der Taxifahrer war nicht überzeugt. Er blickte aus dem Fenster und versuchte, durch die Tränengasschwaden zu sehen. Laut der
     Ausweiskarte hinten an seinem Sitz war sein Name Sanjiv.
    »Sanjiv, wollen Sie wirklich hier bleiben?«
    Seine Finger spielten eine Weile mit dem Taxameter, dann drückte er den Schalter.
    Wir schlichen über die Seitenstraßen. Der Vormarsch der Polizei gegen den Christopher Park hatte den Aufruhr wie zu Metastasen
     auseinandergerissen. In den Gasschwaden waren nur Silhouetten zu sehen: einsame, dahinwandernde Gestalten und Gruppen kämpfender
     Schatten. Meine Augen fielen auf die Gebührenliste, die an der Rückseite des Vordersitzes haftete. Es gab Zuschläge für die
     Stoßzeit und für spät nachts, doch keine Preisübereinkunft für die Fahrt durch einen Bürgerkrieg.
    Die Polizei hatte in der Eighth Avenue Straßensperren errichtet. Sobald Sanjiv sie sah, fuhr er langsamer. Ich packte ihn
     an der Schulter. »Fahren Sie weiter. Wenn Sie jetzt anhalten, erweckt das Verdacht. Sie bringen mich ins St Vincent’s Hospital.«
    Als wir uns bis auf fünfzig Meter genähert hatten, machte ein junger Polizist, der eine Gasmaske trug, uns Zeichen, langsamer
     zu fahren. Er musterte Sanjiv, während wir auf ihn zurollten, und versuchte, auch mich genau ins Auge zu fassen. Die Luft
     war klar genug, dass Sanjiv sein Fenster herunterlassen konnte, als der Polizist zu ihm trat.
    »Ich muss ihn ins Krankenhaus fahren«, sagte Sanjiv.
    Der Polizist musterte mich noch einmal prüfend. Ich sah angemessen schlecht aus. Er winkte uns wortlos durch.
    Es sah so aus, als wären die Probleme auf den Westen und Süden Manhattans beschränkt. Wir fuhren in einem weiten Bogen fast
     bis zum Union Square hinauf, bevor wir uns Richtung Südosten zur Brooklyn Bridge wandten. An jedem anderen Tag hätten wir
     bei dem Versuch, das Zentrum der Stadt zu durchqueren, für Stunden im Stau festgesteckt, aber die meisten Fahrzeuge waren
     von den Straßen gejagt worden. Sanjiv schaltete auf der Suche nach Nachrichten über denAufruhr von einem Radiosender zum nächsten, doch man hatte uns nur Gebete zu bieten.
    »Nehmen Sie nicht ab?«, fragte Sanjiv.
    Mein Handy läutete. Es war Benny. »Wo bist du?«, fragte er.
    »Ich bin gerade aus der Bürgerkriegszone gekommen, die früher einmal Greenwich Village hieß.«
    »Die ganze Stadt hat verdammt noch mal den Verstand verloren. Ich muss jetzt gleich mit einem Auftrag los, aber da ist etwas,
     was du wissen musst: Pyke ist ein freier Mann.«
    Das war eine sehr schlechte Nachricht. »Was ist passiert?«
    »Ich bin nicht so gut darin, meinen Kollegen auszuweichen, wie ich dachte. Ein paar große Tiere aus dem
Kreuzzug
, der Stadtverwaltung und Albany haben vor mir die Federal Plaza erreicht und dem FBI die Hölle heißgemacht. Tut mir leid.«
    »Es war nur eine Frage der Zeit. Wann haben sie ihn

Weitere Kostenlose Bücher